Inteview mit Parker Harris

Wie Salesforce.com high bleiben will

04.09.2015
Von John Gallant

50 Milliarden Dollar Umsatz mit der Cloud

Bei der Vorstellung Ihrer letzten Quartalsergebnisse haben Sie meiner Erinnerung nach als nächstes Umsatzziel zehn Milliarden angegeben. Was muss eine Cloud-Company tun, um auf einen Umsatz von - sagen wir - 50 Milliarden Dollar zu kommen? Wann werden Sie es mit den größten Softwareunternehmen aufnehmen können?

Parker Harris: Da wollen wir jedenfalls schnellstmöglich hin. Also gehen wir zu unseren Kunden und fragen Sie, was wir machen sollen. Manch einer ist ja der Meinung, es genüge, neue Produkte auf den Markt zu bringen. So wie Oracle oder SAP. Bieten Sie ERP an und fügen Sie dann nach und nach Komponenten hinzu. Aber wir sind eine Kunden-Company. Wir sind eine Front-Office-Company. Würden wir einfach immer mehr Zeug auf unsere Lösung draufpacken, würde das unsere Kunden ziemlich verärgern - und wir hätten unseren Fokus verloren. Zuallererst müssen wir sicherstellen, dass wir unsere Wurzeln im CRM nicht vergessen und uns dem Kunden unterordnen. Nehmen Sie als Beispiel die Analytics Cloud, die wir vergangenes Jahr auf der Dreamforce vorgestellt haben.

Wir könnten es machen wie die traditionellen Anbieter auch, aber das wäre nicht unser Ding. Wir bieten kein Rundum-Analytics, unser Werkzeug analysiert nicht alles. Wir bieten vielmehr Analytics, um das CRM zu verstehen, um die Kunden zu verstehen. Das macht uns stark, das fragen unsere Anwender nach.

Ich weiß noch nicht genau, wie wir auf die 50 Milliarden kommen wollen. Aber wir verlassen uns auf unsere Stärken und fügen hinzu, was die Kunden verlangen. Seit wir auch Analytics anbieten haben wir sehr viel Rückmeldung von unseren Kunden erhalten. Diese wollen Werkzeuge für den Otto Normalanwender, nicht für Experten. Und sie wollen es mobil nutzen. Sie wollen es sozial nutzen. Es soll sauber integriert sein und klare Aussagen über das CRM liefern.

Wo sehen Sie die größten Chancen auf Wachstum? Sie haben diesbezüglich einmal das Marketing angesprochen, aber auch Automatisierung und Analytics. Sie haben Ihre neue Partnerschaft mit Sage für KMU thematisiert und die Vertikalisierung erwähnt.

Parker Harris: Wir sind mit der Salesforce-Automatisierung noch lange nicht fertig. Wir verfügen über einen großen Marktanteil, aber da gibt es noch viel zu holen - was Sie an so manchem Start-up sehen können, das wir gerade gekauft haben. RelateIQ ist eine fabelhafte kleine Firma, die Ihnen dabei hilft, lohnenswerte Neukunden aufzustöbern.

Im Falle der Services passieren gerade zwei verschiedene Dinge: Zum einen muss alte gegen neue Technik ausgetauscht werden, das passiert alle zehn Jahre oder so. Da sehen wir eine Chance für uns.

Auch haben sich die Gründe der Kunden, um Services wahrzunehmen, verändert. Es geht nicht mehr darum, irgendwie Geld einzusparen oder Anrufe entgegenzunehmen oder den Support billiger zu machen. Unserer Erfahrung nach geht die Initiative nun vom Marketing-Chef aus, der verhindern will, dass Kunden schlecht in den sozialen Medien über das Unternehmen sprechen. Das ist schlecht fürs Geschäft und für die Firma als Ganzes. Im Bereich der Services liegt also noch jede Menge Potential.

Wie Sie sicherlich wissen, ist der Markt für Marketing-Automatisierung stark fragmentiert. Auch hier sehen wir große Wachstumspotentiale. Traditionell arbeiten unsere Kunden eher im B2B-Umfeld, aber seit der Übernahme von ExactTarget haben wir es nun auch mit vielen B2C-Marken zu tun. Coca-Cola zählt zu unseren fünf größten Kunden. Das bauen wir aus, unsere Produktlinie dafür wächst am allerschnellsten, was aber auch viel Arbeit für uns bedeutet. Da müssen wir am Ball bleiben und sie tief in unser bestehendes Portfolio integrieren, denn wie gesagt: Wir liefern kein Stand-alone-Produkt.

Analytics ist ein ganz neuer Bereich. Wir verfügen über jede Menge Daten. Das sind nicht unsere Daten, sondern die der Kunden. Unser Kernprodukt ist schon ziemlich gut, wenn Sie aber spezielle Ziele verfolgen oder mobil oder sozial werden wollen, dann bewegen wir uns zunehmend Richtung Data Science. Für immer tiefere Einblicke müssen Daten aus dem CRM verglichen werden, da haben wir noch viel zu tun.

Analytics Cloud verkauft sich besser als alles andere vorher. Seit der Vorstellung der Beta auf der Dreamforce wollen das die Leute haben. EMC setzt es beispielsweise ein. Soweit ich weiß auch Veriton und GE. Diese Kunden könnten sich jede Art von Analytics leisten, aber sie kaufen unser Produkt, weil es tief in Salesforce integriert ist und diese wahnsinnige Benutzeroberfläche bietet, genau wie diesen Data Store mit der tollen Suchfunktion. Das alles ist fest integriert und hoch skalierbar, auch auf Ihrem Smartphone.

Als wir mit Salesforce.com loslegten, funktionierte das im Wesentlichen genau wie Mainframe-Computing. Sie waren im Browser, der Browser fungierte als Terminal; Sie riefen die Cloud auf, die Cloud war quasi der Mainframe. Es wurde in der Cloud herumgerechnet und ein Ergebnis zurückgemeldet. Was uns heute mit all den Smartphones aber an Rechenpower zur Verfügung steht ist phänomenal. Wie kann es uns gelingen, diese Rechenpower und die von all den Laptops und Tablets und Desktops zu nutzen, um noch bessere Ergebnisse gerade im Bereich von Analytics zu erzielen? Dafür braucht es eine ganz neue Art, über Technik nachzudenken.

Glauben Sie weiter wachsen zu können, wenn Sie Ihrem alten Stammpublikum im Bereich Sales und Marketing treu bleiben? Oder müssen Sie sich nach neuen Zielgruppen umsehen?

Parker Harris: Meiner Erfahrung nach sprechen wir zunehmend mit der Konzernleitung, nicht etwa mit Leitern anderer Abteilungen wie etwa HR oder so. Der Chef muss bei der Transformation vorangehen. Die Chefs sind es, die erkennen, welche Erfolge wir erzielen können, sie kennen die Konkurrenz und ihre Kunden - und wollen nun von uns wissen, wie sie ihr Business weiter ausbauen können. Möglicherweise müssen wir dafür mit Abteilungsleitern sprechen, möglicherweise aber auch nicht. Es geht uns nicht darum, einfach nur ein Softwarepaket abzuliefern. Uns geht es vielmehr darum, die Strategie einer Organisation und die Art der Verbindung zu den Kunden zu verändern. Das waren immer schon unser Ziele.

Dafür mussten wir unsere Kommunikation auf dem C-Level ankurbeln. Und deshalb haben wir Keith Block an Bord geholt (Block ist ein Verkaufsspezialist von Oracle und fungiert nun als Vice Chairman und President von Salesforce.com). Hier greift die Vertikalisierung der Industrie an, wir müssen die selbe Sprache sprechen wie unser Kunde.

Kürzlich war die Japan Post Bank hier, einer unserer größten Kunden. Mit denen müssen wir uns auf 'bankisch' unterhalten. Wir können denen nicht mit Hightech-Begriffen und Fachausdrücken aus dem CRM kommen. Als allererstes müssen wir Ihnen klar machen, warum uns die Bank braucht. Warum uns Japan braucht. Und dabei haben wir kein spezielles Banken-Angebot oder so. Wir sehen uns vielmehr an, wie Banken agieren. Wenn wir viele Partner integrieren müssen, könnte man sich fragen, ob wir das nicht machen, noch bevor wir mit den Bankern sprechen. Dann können wir ihnen schon ein fertiges Produkt anbieten.

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