Cloud, Big Data, Bring your own Device
IT-Hypes auf dem Prüfstand
Am Anfang jedes Jahres werden wir mit Prognosen über die Hypes der kommenden zwölf Monate überschüttet. Wir erfahren was jetzt angeblich jeder CIO macht oder in Kürze machen wird, welche Technologie wir auf keinen Fall verpassen dürfen und warum jeder IT-Leiter seine Strategie für das Jahr eigentlich noch einmal komplett über den Haufen werfen müsste. Doch wie steht es um die Realität? Was ist Hype und was ist tatsächlich schon Realität in der IT-Praxis?
Prognose 1: Unternehmen setzen zunehmend auf die Cloud
Zahlreiche, insbesondere internationale Studien berichten, dass Cloud ComputingCloud Computing stark zunimmt - und das seit Jahren. Wenn wir die CIOs großer Unternehmen hierzulande aber direkt und mit Blick auf die gelebte Praxis fragen, sieht das Bild anders aus. Die Bedenken sind größer und die Nutzung von Cloud-Services hat in Deutschland, Österreich und der Schweiz zwischen 2012 und 2013 sogar relativ gesehen abgenommen (siehe nebenstehende Grafik). Alles zu Cloud Computing auf CIO.de
Ein deutlich differenziertes Bild also, das sich sogar innerhalb der DACH-Region fortsetzt: Österreichische Unternehmen stehen Cloud-Services aufgeschlossener gegenüber, während deutsche CIOs sich zurückhalten. Skepsis und ein hohes Sicherheitsbewusstsein sind also ein speziell deutsches Phänomen, das Cloud-Services noch nicht zur Massenanwendung kommen lässt. Cloud ist eben nicht gleich Cloud. Wir bleiben gespannt, was 2014 passieren wird.
Ergebnis: Im Gegenteil
Prognose 2: Big-Data-Analytics wird häufiger umgesetzt
Dass Big Data ein wichtiges Thema ist, darin stimmen alle überein. Die Tops & Flops 2013 unserer IT-Trends-Studie zeigen: Themen rund um strukturierte Daten haben einen Umsetzungsgrad von 38 bis 40 Prozent, sprich sie finden in der Realität der IT-Abteilungen statt. Fragt man jedoch konkret nach Big Data und der Auswertung unstrukturierter Daten sinkt die Rate auf 29 beziehungsweise knapp 27 Prozent (siehe IT-Trends 2013, Seite 32). Damit liegen die Werte immer noch gut im Mittelfeld. Die Analyse unstrukturierter Daten bereitet vielen CIOs im deutschsprachigen Raum aber Probleme - wie wir im Blog-Beitrag "Zu viel des Guten: Warum unstrukturierte Daten viele Unternehmen nicht weiterbringen" kommentieren. Auch Steria Mummert sieht in Sachen Big Data noch Nachholbedarf, schreibt auch CIO-Online. CIOs und IT-Leiter konzentrieren sich also erst einmal wieder auf das, was sie gut können: Die Analyse ihrer strukturierten Daten. Das ist aber eine gute Grundlage für die konsequente Weiterentwicklung von Big Data und Analytics.
Ergebnis: Stimmt nur zum Teil
Prognose 3: Social Media bleibt Thema der Fachabteilungen
Die Analysten von Pierre Audoin Consultants haben im Februar und März 2013 253 Fachbereichsverantwortliche aus Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern in Deutschland, Frankreich und Großbritannien zum Thema Social Collaboration befragt. Heraus kam, dass der CIO in diesem Zusammenhang kaum eine Rolle spielt. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangten auch wir mit den IT-Trends-Studien der letzten Jahre: Der Social MediaSocial Media Hype ging bislang an den CIOs vorbei. Sie schätzten die Bedeutung entsprechender Technologien als gering ein. Wahrscheinlich weil sie sich nicht zuständig fühlten. Social Media-Anwendungen aller Art wurden in vielen Fällen sowieso von der Fachabteilung bei einem externen Dienstleister eingekauft, weswegen die IT-Abteilung wenig Berührungspunkte hatte. Im zeitlichen Kontext der IT-Trends-Studie 2013 kam allerdings Bewegung in die Thematik: Die Bedeutung von Social Media Analytics stieg bei CIOs sprunghaft an und plötzlich waren ihnen auch Plattformen für die Zusammenarbeit im Unternehmen wichtig. CIOs haben den Social Media Hype also nicht verschlafen, aber so lange mit Projekten gewartet, bis die Technologie für weitere Teile des Unternehmens relevant wurde und von der Evaluierungs- in die Betriebsphase übergingen. Alles zu Social Media auf CIO.de
Ergebnis: Stimmt nur zum Teil
Prognose 4: Unternehmen werden weitgehend Bring your own Device anbieten
In der IT-Trends-Studie 2013 (siehe Grafik) wurde Bring your own Device ein Flop und landete ganz am Ende der wichtigsten Themen des Jahres. Die deutschen CIOs sind gegenüber der Nutzung privater mobiler Endgeräte ähnlich kritisch wie gegenüber der Cloud. Der Grund: Die Sicherheitsbedenken gegenüber Bring your own Device sind im deutschsprachigen Raum so hoch, dass CIOs ihren Mitarbeitern lieber schicke SmartphonesSmartphones und Tablets kaufen als Privatgeräte zuzulassen. Den Mitarbeitern ist es übrigens derzeit noch egal, ob sie ihr Privatgerät nutzen können oder ein Firmen-Smartphone in der Tasche haben. Für sie gilt: Hauptsache gute Hardware. Dies war ein Ergebnis einer Kurzumfrage von uns im Kontext der IT-Trends-Studie 2012. Alles zu Smartphones auf CIO.de
Ergebnis: Im Gegenteil
Prognose 5: Die IT-Budgets werden unter der Eurokrise leiden
Obwohl die wirtschaftliche Stimmung in Europa Ende 2012 nicht gerade gut war, beeinflusste das die Budgets der IT-Abteilungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz fast gar nicht. Im Verlauf der Krise stellte sich heraus, dass die deutschsprachigen Länder gut mit der Situation zurechtkamen und wirtschaftlich keine allzu großen Einbußen verzeichneten. Ähnlich wie im Jahr zuvor erhielten Ende vergangenen Jahres 41 Prozent der CIOs mehr IT-Budget für 2013 und nur 21 Prozent mussten kürzen (Siehe nebenstehende Grafik). Ähnlich sieht auch die Prognose der Analysten von Lünendonk aus, die sogar konkret von einem Anstieg der Budgets 2013 um 0,9 Prozent ausgehen.
Ergebnis: Stimmt nicht
Fazit: Hypes haben selten etwa mit Realität zu tun
Hypes und Trends sind so eine Sache. Sie sind eingängig, meist plausibel dargelegt und vor allem entwickeln sie eine Eigendynamik. Schaut man genauer hin, sind sie doch ein ums andere Mal nur ein Scheinriese, ähnlich der Figur aus Michael Endes Buch "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer".
Thomas Heimann ist IT-Architekt bei Capgemini, leitet die jährliche IT-Trends-Studie und schreibt regelmäßig im
IT-Trends-Blog.