Big Data Analytics
Machine Learning bei Allianz, Boeing und GfK
- Mit der TU München hat die Allianz App entwickelt, die eine Vielzahl von Gegenständen über Sensoren vernetzt
- GfK nutzt Machine Learning, um Social-Media-Daten zu analysieren sowie Marktanteile und Marktperformance vorherzusagen
- Boeing hilft Airlines mit Big Data und Machine Learning, Treibstoffkosten zu senken und Piloten bei schlechtem Wetter zu unterstützen
Bei der Münchener Allianz Versicherung ist Andreas BraunAndreas Braun, Head of Global Data and Analytics, zufrieden mit den Ergebnissen seiner Experimente mit den neuen Analytics-Ansätzen aus der künstlichen Intelligenz. "Wir haben bei uns ein Ökosystem aus verschiedenen Bestandteilen im Einsatz. Big-Data-Technologien und Machine Learning bieten uns bessere Möglichkeiten, mit unseren Daten umzugehen, und liefern konsistent gute Ergebnisse", sagte er auf der Konferenz der Yandex Data Factory zum Thema "Machine Learning andBig DataBig Data" in Berlin. Profil von Andreas Braun im CIO-Netzwerk Alles zu Big Data auf CIO.de
Zum Beispiel im Gebäude-Management: Zusammen mit Studenten der TU München hat die Versicherung eine App entwickelt, die eine Vielzahl von Gegenständen über Sensoren vernetzt. "Das System kalibriert sich selbst, lernt normales Verhalten im Haus, und kann so einen Einbruch von anderen ungewöhnlichen, aber unkritischen Vorfällen unterscheiden." Außerdem wollen die Experten die Bilderkennung weiter verbessern. Eingereichte Fotos sollen bei Versicherungsschäden automatisch durch Maschinen beurteilt werden.
Trip Advisor implementiert Machine Learning in Geschäftsprozesse
Die Experten, die der russische Suchmaschinen-Anbieter Yandex nach Berlin eingeladen hatte, tauschten sich unter dem Motto "Business Challenges" auch über die Schwierigkeiten und Risiken rund umMachine LearningMachine Learning aus. Jeff Palmucci, Director of Machine Intelligence beim Reiseportal Trip Advisor, schilderte, wie sein Unternehmen maschinelles Lernen in die Geschäftsprozesse implementiert. So hilft die Technik, Restaurants und Hotels automatisiert mit passenden Tags wie "romantisch" oder "charmant" zu versehen, damit Suchende schnell das richtige Angebot finden. Auch um Betrug etwa bei den Bewertungen rasch zu erkennen, setzt das Portal Machine Learning ein. Alles zu Machine Learning auf CIO.de
Menschliches Verhalten vorhersagen
Machine Learning stellt Unternehmen vor vielfältige Herausforderungen. Nicht alle Branchen eignen sich gleich gut, erklärte Jane Zavalishina, CEO der Yandex Data Factory: "Es geht vor allem darum, menschliches Verhalten vorherzusagen." Bei Ergebnissen, die auf Machine Learning basieren, könne man aber durch die hohe Komplexität und die großen Datenmengen nie genau nachvollziehen, wie sie zustande gekommen sind. In der Praxis müsse man mit den Empfehlungen experimentieren, um herauszufinden, ob sie der bisherigen Vorgehensweise überlegen sind. Das gehe aus ethischen und praktischen Gründen allerdings nicht immer.
In Echtzeit Web-Inhalte zu personalisieren oder Vorhersagen zu treffen, ist für die russische Suchmaschine Yandex nichts Neues. Das Wissen des Konzerns, das aus der Suchtechnik und dem kontextuellen Einspielen passender Werbung entstanden ist, und die dafür entwickelten Algorithmen stellt sie seit 2014 auch extern zur Verfügung. Zunächst probierte das Tochterunternehmen Yandex Data Factory, das Firmensitze in Moskau und Amsterdam unterhält, die Techniken maschinellen Lernens in der Wissenschaft aus - zum Beispiel, um Big-Data-Probleme des europäischen Kernforschungszentrums CERN zu lösen.
- Big Data: Neue Berufsbilder
In den teilweise euphorischen Einschätzungen von Markforschern und IT-Unternehmen ist immer wieder die Rede von neuen Berufsbildern, die Big Data mit sich bringen soll. Dazu zählen unter anderem folgende Tätigkeiten: - Data Scientist
Er legt fest, welche Analyseformen sich am besten dazu eignen, um die gewünschten Erkenntnisse zu erzielen und welche Rohdaten dafür erforderlich sind. Solche Fachleute benötigen solide Kenntnisse in Bereichen wie Statistik und Mathematik. Hinzu kommen Fachkenntnisse über die Branche, in der ein Unternehmen beziehungsweise tätig ist und über IT-Technologien wie Datenbanken, Netzwerktechniken, Programmierung und Business Intelligence-Applikationen. Ebenso gefordert sind Verhandlungsgeschick und emotionale Kompetenz, wenn es um die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen geht. - Data Artist oder Data Visualizer
Sie sind die "Künstler" unter den Big-Data-Experten. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die Auswertungen so zu präsentieren, dass sie für Business-Verantwortliche verständlich sind. Die Fachleute setzen zu diesem Zweck Daten in Grafiken und Diagramme um. - Data Architect
Sie erstellen Datenmodelle und legen fest, wann welche Analyse-Tools Verwendung finden und welche Datenquellen genutzt werden sollen. Auch sie benötigen ein umfassendes Know-how auf Gebieten wie Datenbanken, Datenanalyse und Business Intelligence. - Daten-Ingenieur
Diese Aufgabe ist stark auf die IT-Infrastruktur ausgerichtet. Der Dateningenieur ist das Big-Data-Analysesystem zuständig, also die Hard- und Software sowie Netzwerkkomponenten, die für das Sammeln und Auswerten von Daten benötigt werden. Eine vergleichbare Funktion haben System- und Netzwerkverwalter im IT-Bereich. - Information Broker
Er kann mehrere Rollen spielen, etwa die eines Datenhändlers, der Kunden Informationen zur Verfügung stellt, oder die eines Inhouse-Experten, der Datenbestände von unterschiedlichen Quellen innerhalb und außerhalb des Unternehmens beschafft. Außerdem soll er Ideen entwickeln, wie sich diese Daten nutzbringend verwenden lassen. - Data Change Agents
Diese Fachleute haben eine eher "politische" Funktion. Sie sollen bestehende Prozesse im Unternehmen analysieren und anpassen, sodass sie mit Big-Data-Initiativen kompatibel sind. Nur dann lässt sich aus solchen Projekten der größtmögliche Nutzen ziehen. Wichtig sind daher ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten, Verständnis für Unternehmensprozesse sowie Kenntnisse im Bereich Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement (Six Sigma, ISO 9000).
Erst einmal Big Data Analytics überhaupt verstehen
Inzwischen besprechen die Datenexperten mit Firmen, die viele Kunden und große Datenmengen haben, wie sich deren Services, Prozesse und Produkte verbessern lassen. "Die Anwendungsmöglichkeiten für maschinelles Lernen in Unternehmen sind fast unbegrenzt", sagte Zavalishina. "Viele Unternehmen befinden sich aber noch an dem Punkt, an dem sie versuchen, Big Data Analytics überhaupt zu verstehen."
Eine der ersten Firmen, die Wissen und Technologie von Yandex nutzte, war die russische Straßenverwaltungsbehörde Rosavtodor, die Vorhersagen zur Verkehrsdichte und zu Unfällen benötigte. Im Stahlwerk Magnitogorsk Iron and Steel Works optimieren heute Algorithmen die Stahlproduktion. Zu wenige Zusätze ergeben eine schlechte Qualität, zu viele treiben die Kosten in die Höhe. Bisher nutzten die Stahlkocher für ihre Mischungsvorhersagen komplizierte Modelle. Yandex Data Factory verwendete zur Optimierung historische Daten aus den zurückliegenden zehn Jahren. Vergleichsweise einfach scheint es dagegen, mit Machine Learning Websites zu optimieren und Online-Werbung auszusenden.
Bei GfK läuft ein "komplett datengetriebenes Business"
"Wir sind ein komplett datengetriebenes Business", sagt Norbert Wirth, Global Head of Data and Science beim Marktforschungsinstitut GfK, "Machine-Learning-Algorithmen sind für uns ein Werkzeug im Kanon mit anderen, das aber für die Vorhersage und für Klassifizierungsprobleme zunehmend wichtiger wird." GfK nutzt es derzeit vor allem für die Analyse von Social-Media-Daten und um Marktanteile und Marktperformance vorherzusagen.
"Wir setzen es ein, wenn nicht die Frage nach dem Warum entscheidend ist, sondern die Qualität der Vorhersage", so Wirth. Sind Aussagen über eine Marke tendenziell eher positiv oder negativ? Und um welche Themen geht es? Bei kleineren Datenbeständen könne man das noch selbst herausfinden, wird es jedoch umfangreicher, seien die Algorithmen "extrem spannend - und sie werden immer leistungsfähiger". Das sei kein Hype, sagt der Marktforscher, "Machine Learning wird an Bedeutung zunehmen. Mit wachsender Computerpower kann man damit jetzt wirklich arbeiten." Die eine Sache sei ein toller Algorithmus, die andere, ob man die dafür nötigen Maschinen auch am Start habe.