Immerhin haben nach Aussagen von Marktforschern mehr als ein Fünftel bis zu einem Drittel der Unternehmen 2009 den Sprung zu realen Virtualisierungsanwendungen geschafft. Was bisher geschehen ist jenseits von Virtualisierung bei Test und Entwicklung, sind Bereiche, in denen nicht so viel riskiert wird: Server-Virtualisierung auf Abteilungsebene und bei Applikationen, die als nicht geschäftskritisch eingeschätzt werden, während die eigentlich wichtigen geschäftskritischen Programme wie Datenbanken, CRM oder Business Intelligence nach wie vor auf physikalisch sauber abgetrennten Silo-Servern laufen.
Bob Quillin, Marketing Director von EMVs Ionix-Division, die sich um Rechenzentrumsapplikationen und Virtualisierung kümmert, ist der Ansicht, dass mehr erst einmal nicht drin ist: „Wenn sich Unternehmen für die Virtualisierung von 20 oder 30 Prozent ihrer Server entschieden haben, halten sie erst einmal inne. Wenn Test und Entwicklung sowie Tier-2- und Tier-3-Applikationen virtualisiert sind, sind neue Anforderungen zu bewältigen, wenn es an die Tier-1-Software geht. Es muss sicher gestellt sein, dass die gleichen Service-Level wie bisher garantiert werden können. Geschieht das nicht, besteht die Gefahr, dass die IT-Leute die Kontrolle über die virtualisierten Anwendungen verlieren."
Eine Lieblingsbeschäftigung der Anwender sei heute – so Quillin – das Verschieben einer Applikation von einem Server oder einer virtuellen Maschine zu einem anderen Ort. Diese „VMotion-Krankheit" führt zu einem organisatorischen Problem, da Monitoring-Tools zwar einen physikalischen Server genau durchleuchten können, aber keine virtuellen Maschinen. EMC/Ionix und VMware arbeiten derzeit an Lösungen für dieses Problem der Sichtbarkeit und Kontrolle, während Citrix und Microsoft mehr an der Wiederherstellbarkeit von virtuellen Maschinen interessiert sind. So hat Citrix gerade erst eine neue Disaster-Recovery-Anwendung mit dem Namen „StorageLink Site Recovery" herausgebracht.
Für Virtualisierungsanwender sind allerdings beide Probleme gleichermaßen von Bedeutung. Gordon Haff, Analyst bei Illuminata, sieht ein krasses Missverhältnis zwischen der Anzahl von Anwendungen, die Kunden gerne virtualisieren würden, und den im Moment verfügbaren Tools für Kontrolle und Recovery. Dies sei eine große Chance für kleinere Anbieter, die bestehenden Lücken zu schließen.
Viele Start-ups im Umkreis von Virtualisierung kümmerten sich bereits um Fragen wie Compliance, I/O-Virtualisierung, Security oder Management von virtuellen Maschinen. Und Mark Bowker von der Enterprise Strategy Group (ESG) glaubt, dass jeder Anbieter, der sich um solche Lücken kümmert, genauer unter die Lupe genommen werden muss: „Was wirklich noch fehlt, sind Möglichkeiten zur Optimierung der Performance zwischen den physikalischen und den virtuellen Maschinen."
Die Konkurrenten von VMware, Microsoft und Citrix
Jenseits von VMware, Microsoft und Citrix lohnt es sich, dieses Jahr auf folgende Anbieter zu achten:
1. VKernel – Kapazitätskontrolle gehört zu jenen Tools, die schwer zu finden sind, wenn es sich um die gleichzeitige Überwachung von physikalischen und virtuellen Maschinen handelt. Das Tool von VKernel arbeitet mit VMware und mit Microsofts Hyper-V zusammen und es bietet detaillierte Kapazitätsdaten und -planung auf der Basis realer Informationen. Skalierung von virtualisierten Produktionsumgebungen ist ohne ein solches Tool nicht machbar.
2. Hyper9 – Mit „Virtual Environment Optimization" ist ein Tracking von Workloads und virtuellen Maschinen möglich, wobei sie nach Ort, Geschäftseinheit und weiteren Kriterien kategorisiert werden. Kontinuierlich wird untersucht, wer wieviel der verfügbaren Rechenleistung konsumiert und wo es eventuell bei den realen oder virtuellen Ressourcen Performanceprobleme gibt.
3. DynamicOps – Geht über andere Management-Tools hinaus, da sowohl Server- als auch Desktop-Infrastrukturen auf verschiedenen Virtualisierungsplattformen analysiert werden. Die Technologie von DynamicOps wurde ursprünglich von der Schweizer Bank Credit Suisse entwickelt und dann generell auf dem Markt angeboten. Geschäftsabteilungen bei der Bank können damit innerhalb gewisser Grenzen ihre eigene Planung von virtuellen Ressourcen vornehmen. Die kommerzielle Version verspricht schnellere Implementierung von virtuellen Maschinen und mehr Kontrolle für die IT-Abteilung, die mit dem Tool standardisierte Images und Zugangskontrollen schaffen kann. Die Konfiguration und die Lauffähigkeit jeder virtuellen Maschine lässt sich über ihre Lebenszeit hinweg aufzeichnen.
4. Embotics – Das Produkt „V-Commander" liefert die gleichen Überwachungstools, die Netzwerkmanager bei physikalischen Netzwerken einsetzen. Es verfügt zum Beispiel über Monitoring-Fähigkeiten für virtuelle Maschinen, sortiert sie nach Gruppen entsprechend bestimmter Policies oder automatisiert ihre Konsolidierung und ihr Recycling, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Die Software arbeitet mit virtuellen Maschinen von VMware, Microsoft oder Citrix zusammen. Außerdem ist eine Datenübergabe an klassische Management-Konsolen möglich.
5. HyTrust – Der Anbieter hat auf der VMworld 2009 einen „Best of Show" und einen „Gold Award" für Security und Virtualisierung für das Produkt „HyTrust Appliance" gewonnen. Die Appliance bietet eine gemeinsame Überwachungskonsole für virtuelle Infrastrukturen, einschließlich Zugangskontrolle, policy-basiertem Management, Security und Compliance. Auf Grund der Objektorientierung der Software ist eine Integration in bestehende Management-Strukturen sowie Netzwerk- und Speichersysteme möglich, wobei Standardprotokolle benützt werden.
Desktop-Virtualisierung muss genau kontrolliert werden
6. Catbird – Catbird, ein direkter Konkurrent von HyTrust, gewann ebenfalls Auszeichnungen auf der VMworld für seine Security-Applikationen. Diese decken policy-gestützte Compliance- und Zugangsüberwachungen sowie Security Assessment und sicheres Cloud Computing ab. Im Zentrum steht Catbird V-Agent, eine Agent-Software für Security, die als virtuelle Maschine oder als Teil von ihr laufen kann. Sie überwacht den kompletten Datenverkehr zwischen virtuellen Maschinen und ihren Hosts und leitet die gewonnenen Metadaten an eine zentrale Konsole weiter, sodass diese Informationen auch dann erhalten bleiben, wenn eine virtuelle Maschine oder der Agent runtergefahren werden. Die so erreichte Flexibilität in der Überwachung der virtuellen Infrastruktur dient auch deren Erweiterung oder Zurückführen auf eine frühere Stufe.
7. Netuitive – Der „Netuitive Service Analyzer" steht im Mittelpunkt des Performance Management dieses Anbieters. Mit der Analyse-Engine und der automatisierten Überwachung der virtuellen Aktivitäten sollen falsche Alarme vermieden werden, die nur unnötige Arbeiten der Administratoren hervorrufen. Virtuelle und physikalische Ressourcen werden auf der Basis definierter „Normalzustände" überwacht und Alarmmeldungen nur dann ausgegeben, wenn Abweichungen nach unten – zum Beispiel bei der Performance der Server – verzeichnet werden. Diese Art von automatisierter Überwachung wird allerdings zunehmend in die bestehenden System-Management-Suiten integriert.
8. Liquidware Labs – Desktop-Virtualisierung macht nur dann Sinn, wenn eine große Anzahl von klassischen PCs durch „dünne" Endgeräte ersetzt wird. Diese müssen aber in Sachen Emulierung von Anwendungen und bei der Performance deutlich leistungsfähiger sein als das Thin-Client-Computing von ehedem, das sich vor allem wegen mangelnder Performance nicht durchsetzen konnte. „Profile Unity" von Liquidware Labs soll Anwender dabei unterstützen, Server-Profile, Konfigurationseinstellungen und Dokumente an jedem beliebigen Endgerät eines Firmennetzes aufrufen zu können, sodass sie an jedem Arbeitsplatz der Virtual Desktop Infrastructure (VDI) Zugang zu ihrem eigenen „Desktop" haben. Liquidware kümmert sich auch um Monitoring und Reporting der virtuellen Desktops. Außerdem wird ein Capacity Assessment der bestehenden PC-Infrastruktur angeboten: So können Unternehmen erfahren, welche ihrer alten Geräte für XenDesktop von Citrix oder für VMware View geeignet sind.
9. AppSense – Direkter Konkurrent zu Liquidware Labs. Beschäftigt sich ebenfalls mit User-Profilen in einer virtuellen Desktop-Landschaft und einem schnellen Zugang zu den jeweils „individuellen" Arbeitsbedingungen. Dazu wird die Speicher-Infrastruktur mit berücksichtigt, um die Login-Zeiten zu reduzieren. Neben den eigenen Daten soll auch die zentrale Ablage spezifischer Applikationen für einzelne User möglich sein. AppSense arbeitet eng mit Citrix zusammen, und Marktbeobachter halten eine baldige Übernahme durch Citrix für wahrscheinlich.
10. RingCube – Wird von Analysten als kostengünstige Alternative zu traditioneller Desktop-Virtualisierung bezeichnet. „vDesk Virtual Desktop Solution" und „Workspace Virtualization Engine" sind „mit Citrix- und VMware-Technologie vergleichbar", urteilt Chris Wolf, Analyst bei der Burton Group. Wolf empfiehlt RingCube auch als Übergangslösung für Anwender, die noch warten wollen, bis VMware- und Citrix-Produkte ausgereifter und vor allem billiger geworden sind.