Jedes zweite deutsche Unternehmen bereitet der aktuellen IDG-Studie IoT 2018 zufolge gerade ein IoT-Projekt vor beziehungsweise informiert sich. Ob das Projekt von Erfolg gekrönt sein wird, hängt davon ab, ob im Vorfeld die richtigen Voraussetzungen geschaffen werden. So ist die Implementierung von IoT ein hochkomplexes Unterfangen: Es erfordert ein tiefgehendes Know-how und konkrete Praxiserfahrung. IoT-Projekte unterscheiden sich grundlegend von konventionellen IT-Projekten.
Selbst langjährige Kenntnisse aus der Einführung von IT-Systemen helfen nur bedingt. Ein Patentrezept für eine erfolgreiche Realisierung von IoT-Projekten gibt es allerdings auch nicht. Zu verschieden sind die einzelnen Kundenanforderungen und betrieblichen Rahmenbedingungen. Dennoch zeigt die Erfahrung, dass es einige Tipps für eine gelungene Durchführung eines IoT-Projekts gibt.
Wie komplex das Thema ist, zeigt folgende Betrachtung: So sind beim industriellen IoT, dem das größte Marktwachstum nachgesagt wird, passende IoT-Services im Automatisierungssegment gefragt. Die Industriebranche arbeitet allerdings meist mit sehr heterogenen Anlagen, Systemen und Kommunikationsprotokollen.
Das macht die Einführung einer neuen Technologie besonders komplex. Für Brisanz sorgt auch die Tatsache, dass IoT-Projekte nicht nur die Prozesse, sondern teilweise auch das Geschäftsmodell eines Unternehmens verändern. Die Suche nach erfolgsversprechenden Lösungen ist für die Verantwortlichen deshalb kein leichtes Unterfangen. Die folgenden zehn Tipps sollen dabei helfen, von vornherein die richtigen Weichen zu stellen und typische "Fallen" bei der Umsetzung eines IoT-Projekts zu vermeiden.
1. Internen und externen Nutzen vorab definieren
IoT umfasst im Kern sowohl neue Technologien als auch eine Fülle von Maßnahmen zur Prozess- und Geschäftsmodelloptimierung. Umso wichtiger ist es, sich im Vorfeld über die Prozesse und den internen wie auch den externen Kundennutzen, den man damit erreichen will, bewusst zu werden. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse gilt es, ein Geschäftsmodell zu entwickeln beziehungsweise das bestehende im Hinblick auf IoT anzupassen. Auf diese Weise lässt sich plausibel festlegen, wie, mit welcher Architektur und mit welcher Technologie der IoT-Datenfluss verwaltet werden kann.
Ein Beispiel: Möchte ein Unternehmen mit dem neuen IoT-Konzept selbst schnell Geld verdienen, sollte es darauf achten, dass, ausgehend vom Bedarf seiner Endkunden, einfache Services definiert werden, die schnell verrechnet werden können. So amortisiert sich die IoT-Lösung rasch von selbst und, noch wichtiger, das Unternehmen lernt frühzeitig viel über seinen Zielmarkt dazu und kann seine Services gezielt ausrichten. Voraussetzung dafür ist eine IoT-Plattform, die sich mit wenig Aufwand anpassen und in Betrieb nehmen lässt und keiner hohen Investitionen bedarf, um neue, komplexe Services zu unterstützen.
2. Geschäftsmodell gemeinsam mit IoT-Dienstleister entwickeln
Der IoT-Dienstleister sollte von vornherein bei der Erarbeitung des Geschäftsmodells involviert sein. Auch kommt es vor, dass das Geschäftsmodell selbst Anforderungen an die IoT-Plattform stellt oder Prozesse vorsieht, die nicht ins Aufgabengebiet der Plattform passen. In diesem Fall muss von Beginn an offen kommuniziert werden. So profitiert ein Unternehmen sofort vom Know-how und der Beratung des IoT-Dienstleisters. Und, so viel steht fest, es gibt (fast) immer eine Lösung. Kompetente IoT-Anbieter sind stets in der Lage, die Implikationen der Services, welche dein Unternehmen anbieten will, in die IoT-Plattform einzubinden und passende Tools dafür zu entwickeln.
3. Klein starten - dann ausbauen
Die Investition in ein komplexes IoT-Projekt amortisiert sich im laufenden Betrieb. Daher gilt: Klein anfangen und die IoT-Plattform sukzessive ausbauen - zum Beispiel in puncto Services mit künstlicher Intelligenz und Big Data. Unser Tipp: Starten Sie mit Prognoseservices, die auf einfachen Algorithmen basieren. Grundsätzlich sollte sich die Auswahl der Technologien an den prozessorientierten Herausforderungen beim Endkunden orientieren.
Ein hohes Augenmerk liegt dabei auf der einfachen Bedienbarkeit. Eine Plattform mag in der Theorie noch so wirtschaftlich sein, in der Praxis wird sie am Ende scheitern, sollten die relevanten Nutzer sie kaum oder nur schwer handhaben können. Wichtig ist in diesem Zusammenhang ein "Proof of Concept", mit dem nicht nur die technologische, sondern auch die wirtschaftliche Machbarkeit überprüft wird. Drei Fragen müssen zu Beginn des Ausbaus einer IoT-Lösung beantwortet werden: Läuft das Projekt in die richtige Richtung? Können die internen Prozesse Schritt halten? Hat der Endkunde tatsächlich den erhofften Mehrwert? Erst wenn diese Fragen mit "ja" beantwortet werden können, sollte man über einen Ausbau des IoT-Projekts nachdenken.
4. Frühzeitig praxiserfahrene Partner einbinden
Praxiserfahrung schlägt Theorie. Wichtig ist ein Partner, der nicht nur in der Theorie über Bits und Bytes Bescheid weiß, sondern seine Erfahrungen aus früheren Projekten direkt einbringen kann. Häufig treten bei der Umsetzung von IoT-Vorhaben unvorhergesehene Herausforderungen auf. Arbeiten Sie daher mit Experten zusammen, die solche oder ähnliche Problemfälle in der Vergangenheit bereits gelöst haben.
5.Standards statt Innovationen
In nahezu allen IoT-Projekten erwarten Anwender vor allem eins: eine zügige Integration und einen schnellen Rollout. Unser Tipp: Es ist besser, einen Basisservice gut umzusetzen als an einer Innovation zu scheitern. Innovationen sind nicht immer das Maß aller Dinge. Orientieren Sie sich zunächst am Standard statt an Technologien, die Sie eher behindern, weil sie am Anfang der IoT-Implementierung auch noch gar nicht benötigt werden.
Denken Sie an Ihre Zielgruppe, also an Ihre Kunden und Mitarbeiter, die sich mit dem neuen System zunächst anfreunden müssen. Durch bewährte Standardtechnologien werden Integrationsrisiken minimiert, das Projekt beschleunigt und Mehrwerte geschaffen, die am Ende vom Endkunden bezahlt werden.
6. Sauberes Projektmanagement definieren
IoT-Projekte sind Querschnittsprojekte, weil sie nicht nur von der Technologie-, der Entwicklungs- oder Serviceabteilung gemanagt werden, sondern alle Bereiche des Unternehmens involvieren. Hier braucht es einen Projektverantwortlichen mit einem klaren Mandat der Geschäftsleitung, der die Fäden in der Hand hält und die IoT-Realisierung unternehmensübergreifend steuert. Die Umsetzung von IoT- und Industrie 4.0-Projekten ist damit eine Führungsaufgabe.
Neue Kunden, neue Geschäftsmodelle und die eigenen Mitarbeiter müssen von Beginn an zusammengeführt werden. Dabei spielt auch die emotionale Seite eine wichtige Rolle. Führungspersönlichkeiten sind gefragt, um den Mitarbeitern die Angst zu nehmen, durch neue Technologien ersetzt und damit überflüssig zu werden. Stattdessen müssen sie glaubhaft vermitteln, welche neuen Perspektiven durch IoT entstehen.
7. Menschliche und künstliche Intelligenz kombinieren
Nur weil im Zuge der IoT-Umstellung eine neue Technologie oder ein System eingeführt wurde, heißt das nicht, dass man sich auf die "künstliche Intelligenz" verlassen sollte. Die erfassten Datenströme müssen weiterhin von den Mitarbeitern beobachtet, verstanden und vor allem interpretiert werden. Wichtig ist, dass die maschinelle Intelligenz der IoT-Plattform und das menschliche Know-how gekoppelt werden. Andernfalls verfehlt ein IoT-Projekt seinen Zweck und verschenkt das Potenzial, ein Unternehmen zukunftsweisend zu transformieren. Bewährt hat sich dafür die Verknüpfung von künstlicher Intelligenz in Form von Machine Learning mit regelbasierten Ansätzen, die auf Expertenwissen des (End-)Kunden basieren.
8. Sicherheitstechnische Risiken evaluieren
Selbstverständlich kommen auch im IoT-Bereich sogenannte "Incidents" vor: Beispielsweise werden IoT-Geräte angegriffen, um Schwachstellen und Einfallstore zu nutzen, Server lahmzulegen oder Daten zu stehlen. Bei IoT-Projekten sollte Sicherheit oberste Priorität haben, wobei auch der Anwender Verantwortung trägt. Infrastruktur, Server und Cloud-Plattform inklusive aller Updates müssen nachhaltig abgesichert sein, um Angriffsflächen zu minimieren.
Je größer die Anzahl an autark arbeitenden IoT-Geräten, desto größer die Gefahr für Sicherheitslücken. Je einfacher die Infrastruktur aufgebaut wird und je weniger Schnittstellen der Provider bereitstellt, desto weniger Einfallstore gibt es für Kriminelle. Seriöse IoT-Anbieter bringen deshalb eigene Security-Konzepte bereits beim Strategiegespräch ein. Auch die Auswahl der Hardware hat Auswirkungen auf die Umsetzung der IoT-Security sowie auf Kommunikationsprotokolle. Deshalb sollten Unternehmen auf Flexibilität und Nachhaltigkeit achten, denn auch die leistungsstärkste Hardware bringt nichts, wenn sie in ein oder zwei Jahren nicht mehr auf neue Anforderungen reagieren und angepasst werden kann.
9. Mitarbeiter schulen, ohne sie zu überfordern
Für die meisten Kunden sind IoT-Projekte Neuland, das mit dem Bestandsgeschäft in Verbindung gebracht werden muss. Um mit den Worten von Michael Dell, Gründer des PC-Herstellers Dell, zu sprechen, ist es so, als wolle man einer erfolgreichen Fußballmannschaft plötzlich Basketball auf hohem Niveau beibringen. So müssen sich führende Maschinenhersteller und Anlagenbauer mit den für sie neuartigen und komplexen IoT-Technologien auseinandersetzen und dabei gegenüber ihren eigenen Kunden zum IoT-Servicedienstleister avancieren. Eine zentrale Aufgabe ist hierbei die umfassende Mitarbeiterschulung und die Schaffung neuer Strukturen und Zuständigkeiten, um auch innerhalb des Unternehmens mit der Zeit die nötige IoT-Kompetenz aufzubauen.
10. IoT-Dienstleister sollte zur eigenen Branche passen
Anders als man vermuten könnte, gibt es beim Internet of Things keine "One Fits All"-Lösungen. Technologien müssen genau zum Anwendungsfall passen. Deshalb ist es essentiell, dass ein IoT-Anbieter sich mit den spezifischen Aufgaben und Anforderungen in einem Markt-, Branchen- oder Projektumfeld bestens auskennt. Die Erfahrung mit erprobten Technologien und Standards ist auch deshalb wichtig, um zu gewährleisten, dass eine Neuentwicklung im Tagesgeschäft einwandfrei funktioniert. Deshalb sollte bei der Auswahl des Dienstleisters auf Spezialisten- und Domain-Wissen, das auch nachgewiesen werden kann, geachtet werden.