IT-Manager wetten

2025 stellt Deutschland das Gleichgewicht zum Silicon Valley her

15.12.2015 von Frank Müthing
Frank Müthing, CIO von Hohenstein Institute, wettet, dass Deutschland in zehn Jahren das Gleich­gewicht in der Digitalen Wirtschaft mit dem Silicon Valley wieder hergestellt hat.
Frank Müthing, CIO vom Hohenstein Institute

Der Druck ist immens hoch - auf unsere Wirtschaft und nicht zuletzt auch auf unsere Bundesregierung und das EU-Parlament. Sie werden eine entscheidende Rolle spielen, den Rahmen zur erfolgreichen Transformation der europäischen Wirtschaft vorzugeben.

Kommen heute doch neun von zehn "Digitalen Giganten" aus den USA und nicht aus Deutschland oder Europa. Einzig SAP spielt noch in der Liga der großen Digital Players mit. Und gerade SAP hat vor einiger Zeit Gedanken veröffentlicht, den Hauptsitz aufgrund mangelnder Innovationsgeschwindigkeit von Deutschland nach USA verlagern zu wollen.

Apple weist mit etwa 92000 Mitarbeitern einen Gewinn von 18 Milliarden Dollar, Facebook mit etwa 6500 Mitarbeitern einen Gewinn von drei Milliarden Dollar aus. Im Vergleich dazu Siemens mit 343000 Mitarbeitern und rund 6,6 Milliarden Dollar Gewinn. Was für ein Unterschied!

CIO-Jahrbuch 2016
Foto: CIO.de

Weitere Wetten finden Sie im CIO-Jahrbuch 2016.

Jahrbuch 2016 - Neue Prognosen zur Zukunft der IT

IDG Business Media GmbH, 245 Seiten, 39,90 Euro

PDF-Download 34,99 Euro

zum CIO-Shop

Natürlich kann man Deutschland nicht direkt mit dem Silicon Valley gleichsetzen. Ein sinnvoller Vergleich lässt sich aber durchaus herstellen - über das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf kann man die Innovationsstärke der beiden Vergleichspartner ablesen.

Betrachtet man das BIP der USA im Vergleich mit Deutschland und der Euro-Zone rückwirkend von 2004 bis 2014, so zeigt sich folgendes Bild: Die USA haben von etwa zwölf Billionen USD auf 17 Billionen USD mehr als 41 Prozent zugelegt. Deutschland und auch die Euro-Zone insgesamt hat in den vergangenen zehn Jahren nur um etwa 30 Prozent zugenommen.

Die USA profitieren deutlich von Firmen, die im Silicon Valley entstanden sind. Unter den 20 wertvollsten Unternehmen der USA finden sich bereits sechs solche Konzerne (Beispiel Apple: Steigerung des Unternehmenswerts 2004 von 25 Milliarden USD zu 2014 auf 478 Milliarden USD). In der deutschen beziehungsweise auch der Euro-Zonenliste findet man nur SAP.

Wenn ich meine Wette also gewinnen möchte, so muss das BIP pro Kopf in Deutschland im Verhältnis zum BIP pro Kopf Kaliforniens überproportional steigen. (34 219 Euro in Deutschland zu 53 497 USD - jeweils 2013). Mathematisch ausgedrückt, betrug das Verhältnis im Jahr 2013 also 1,56. Fällt der Quotient in zehn Jahren zugunsten von Deutschland, bedeutet das den Gewinn meiner Wette.

Consumer und Business Transformation

Die erste Runde der Transformation läuft auf Hochtouren. Diese erste Runde mit Zielgruppe "Endkunde" haben die amerikanischen Firmen ohne merklichen Wettbewerb bereits für sich entschieden. Facebook, Twitter, Whatsapp, Ebay, Paypal, Airbnb etc. zielen hauptsächlich auf Privatpersonen ab.

Deutsche Start-ups wie myTaxi hatten eigentlich nie eine wirkliche Chance, in der internationalen Liga mitzuspielen. Das lag vor allem auch an den existierenden Bedingungen für Risikokapital. Um eine Idee weltweit nahezu gleichzeitig zu etablieren, benötigt man oft zwei- bis dreistellige Millionenbeträge. Heute fast undenkbar in Deutschland. Auch die Bürokratie hierzulande trägt derzeit noch nicht zur Beschleunigung der Vorhaben bei.

In der zweiten Runde geht es für uns, aber auch für ganz Europa um wesentlich mehr. Es geht um die Geschäftsfelder, in denen wir seit Jahrzehnten erfolgreich sind und auf denen nicht zuletzt unser Wohlstand beruht. So entscheidet nicht zuletzt die erfolgreiche Transformation unseres Mittelstandes mit.

Wir müssen uns mit einem ausgezeichneten Unternehmensumfeld, kompromissloser Kundenorientierung, einer Kultur, die Scheitern positiv bewertet, und gigantischen "Venture Capital"-Töpfen messen. Am 20. August 2014 wurde die mit Spannung erwartete Digitale Agenda 2014-2017 verabschiedet. Die Bundesregierung möchte damit eine deutliche Kurskorrektur erreichen:

1. Infrastruktur - das Rückgrat für Digitale Wirtschaft und Industrie 4.0

2. Sicherheit im Netz - Sicherheit ist unsere Paradedisziplin

3. Rahmenbedingungen der Wirtschaft - bessere Bedingungen für Unternehmer und Gründer

4. Bildung - Forschung - Wissenschaft - Kultur - Medien - Fachkräftemangel ade?

1. Infrastruktur

Die Anzahl der Haushalte mit Internetzugang in Deutschland belief sich im Jahr 2013 auf etwa 82 Prozent. Hiervon hatten etwa 34 Prozent der Haushalte einen Breitbandanschluss. Der Begriff Breitbandanschluss ist nicht genau definiert.

Man verwendet ihn aber für die in den 90er-Jahren eingeführte DSL-Technologie. Im Vergleich zu den USA: Deutschland hat rund 40 Millionen Erwerbstätige, die USA rund 145 Millionen - großzügig überschlagen ein Verhältnis von eins zu vier. Die Anzahl der Breitbandanschlüsse beträgt in Deutschland etwa 30 Millionen, in den USA circa 95 Millionen - eine überschlagenes Verhältnis von eins zu drei.

Hier schneiden wir auf den ersten Blick also gar nicht so schlecht ab, wie in der Presse oft dargestellt wird. Dennoch gibt es viele nicht oder nur unzureichend ausgebaute Gebiete. Der Ausbau ist für die Infrastrukturanbieter in ländlichen Gebieten nicht wirtschaftlich, aber für die Digitalisierung zwingend erforderlich. Er wird nun zur Standortfrage.

Denn Cloud Computing funktioniert nicht ohne Breitbandanschluss. Als Breitbanddefinition werden hier 50 Mbit/s zugrunde gelegt, ein aus meiner Sicht realistischer Wert. Rund 20 Milliarden Euro werden benötigt, um das Ziel zu erreichen. Hier wurden die ersten Weichen in Form einer Absichtserklärung in der Digitalen Agenda gestellt:

"Deutschland will eine Vorreiterrolle bei der Durchdringung und Nutzung digitaler Dienste einnehmen ... Mittels eines effizienten Technologie-Mix soll deshalb eine flächendeckende Breitbandinfrastruktur entstehen. Die Digitale Agenda sieht dafür die Verbesserung der Rahmenbedingungen zur Unterstützung des marktgetriebenen Ausbaus und eine hochleistungsfähige Netzausstattung auch in ländlichen Gebieten vor."

Es handelt sich zwar noch um eine Absichtserklärung, aber die Zusammenfassung meiner Wette wird verdeutlichen, dass eine klare Zielvorgabe unabdingbar zum Erhalt unserer Wirtschaftsstärke sein wird. Auch Mobilfunk ist betroffen. Hier habe ich zwar keine aktuellen Statistiken, aber meine Erfahrung, vor allem in asiatischen Ländern, zeigt, dass wir in Deutschland von einem flächendeckenden mobilen Internet noch weit entfernt sind.

Hier ist die Bundesnetzagentur, geführt von Minister Sigmar Gabriel, in der Verantwortung, im Zuge der neuen Frequenzvergabe verantwortungsvoll zu handeln. Unterstützt wird dieses Ziel auch von günstigeren Technologien wie LTE. Nicht zuletzt gibt es Potenzial bei aufkommenden Satelliten-Infrastrukturen.

2. Sicherheit im Netz

Ohne Sicherheit im Netz wird es in Europa keine nachhaltige Digitalisierung geben! Während ich meine Wette formuliere, steht auf "Spiegel Online" am 31. Januar 2015: "Sicherheitslücke bei BMW: Wer IT-Sicherheit will, muss ein altes Auto kaufen." Ich sehe beim Thema Sicherheit im Netz ein wesentliches Differenzierungsmerkmal zu den USA. US-Bürger sind längst nicht so sicherheitsbewusst wie Europäer. Hier ist eine unserer zentralen Chancen versteckt, Dienste und Produkte besser zu positionieren. Gerade für zentrale Versorgungsdienste ein nicht verhandelbarer Vorteil.

Bislang waren hauptsächlich gestohlene private Daten, Kundendaten, Kreditkartendaten etc. im Fokus von Sicherheitslücken. Mit zunehmender Digitalisierung rückt auch das Produkt in den Vordergrund. Wenn immer mehr Geräte über das Internet steuerbar sind, geht es nicht mehr "nur" um Informationsdiebstahl, sondern um die Übernahme der Kontrolle von Fahrzeugen, Gebäudeinfrastrukturen, Kraftwerken - unsere gesamte Infrastruktur.

Auf der Sicherheitsmesse it-sa 2014 sagte Brigitte Zypries (Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie): "Vertrauen ist elementare Voraussetzung für die erfolgreiche Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)".

Auch hier hat die Bundesregierung die Notwendigkeit von Sicherheit im Netz klar erkannt. In der Digitalen Agenda steht darüber hinaus: "Sicherheit der Systeme und Schutz der Daten sind die zentralen Querschnittsthemen der Digitalisierung und werden in allen Handlungsfeldern der Digitalen Agenda berücksichtigt."

Doch die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen, oft ohne eigene IT-Abteilung, sind technologisch und finanziell überfordert. Eine Basissicherheit muss vom Netz kommen. Die Infrastrukturbetreiber haben hier alle Möglichkeiten. Zentrale Verkehrsknoten ohne Umwege durch Transatlantikkabel schaffen Abhörsicherheit, und vor allem der zu großen Teilen immer noch unverschlüsselte E-Mail-Verkehr muss unterbunden werden. Technisch machbar.

Derzeit wird noch angekündigt, zum Beispiel avisierte Sigmar Gabriel am 29.12.2013 eine Initiative für mehr Datensicherheit in der Zeitung "Die Welt". Am 12. Januar 2014 kündigte Infrastrukturminister Alexander Dobrindt im Rahmen der "Netzallianz" ebenfalls die Verbesserung der Datensicherheit an. Und weil aller guten Dinge drei sind, verspricht der Innenminister Thomas de Maizière am 22. Juni 2014 in der "Süddeutschen Zeitung" ebenfalls mehr Datenschutz. Sicherheit im Netz ist weniger eine Frage der Technik, eher eine Frage der Richtlinienvorgabe der Bundesregierung in Abstimmung mit der EU. Wie ich finde, ein gutes Beispiel, um zu zeigen, dass aus drei Stimmen eine werden muss, um Erfolg zu haben.

Und deutsche Sicherheit lässt sich hervorragend exportieren. Weltweit vertrauen Kunden auf "Made in Germany". Ich wette daher auch, dass es in absehbarer Zeit, vermutlich ab der kommenden Legislaturperiode, ein eigenes Ressort beziehungsweise Ministerium für Digitales geben wird. Somit könnten die Rahmenbedingungen für Digitale Wirtschaft in Deutschland entscheidend verbessert werden.

Die derzeit ungeklärte Frage der Zuständigkeiten, die Vielzahl an involvierten Ministerien und unterschiedlichen Meinungen spiegelt bereits den Findungsprozess wider. Digital ist ein Querschnittsthema über alle Resorts. In der Wirtschaft würden wir mit einem interdisziplinären, agil aufgestellten Business-Team reagieren, das mit der notwendigen Kompetenz ausgestattet ist.

3. Rahmenbedingungen der Wirtschaft - im Zeichen von Industrie 4.0

Für Unternehmen ist die Digitalisierung zugleich Chance und Risiko. Über Nacht verschwinden komplette Geschäftsfelder durch disruptive Technologien. Wikipedia: "Eine disruptive Technologie (engl. disrupt - unterbrechen, zerreißen) ist eine Innovation, die eine bestehende Technologie, ein bestehendes Produkt oder eine bestehende Dienstleistung möglicherweise vollständig verdrängt."

Das gab es früher auch - aber nicht in dieser Geschwindigkeit.

Unternehmen müssen gut vorbereitet sein. Einige CEOs ergreifen bereits die Eigeninitiative, ihr bestehendes Geschäftsmodell anzugreifen, um die möglichen Gefahren frühzeitig zu erkennen. Ebenso hat sich die Lebensdauer von Unternehmen verändert.

Laut einer Statistik von S&P hatten Unternehmen in den 80er-Jahren eine Lebensdauer von deutlich über 30 Jahren - heute deutlich unter 20 Jahren und prognostiziert ins Jahr 2030 nur noch etwa zwölf Jahre. Dies erfordert deutlich flexiblere Unternehmen als heute. Unsere Organisationsstrukturen sind in die Jahre gekommen. Top-down ist längst nicht mehr so effizient wie agiles Management und business-orientierte Strukturen. Einige Firmen haben bereits damit begonnen, die erfolgreichen agilen Methoden aus der IT auf das ganze Unternehmen zu übertragen.

Zum Thema Wirtschaftsförderung: In den USA wurden allein im Jahr 2014 47,3 Milliarden Dollar in Neugründingen investiert. Um mit dieser Größenordnung im Verhältnis mithalten zu können, müssen die derzeit geltenden Rahmenbedingungen erheblich verbessert werden. Und ohne ausländische Investoren wird dies ebenfalls nicht zu schaffen sein.

Zur Verstärkung von Innovationen müssen die steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst werden. Eine Maßnahme wäre, Verluste aus Investitionen in Start-ups steuerlich anzuerkennen. Ergänzend fordert der Bitkom die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung, die laut Dr. Bernhard Rohleder in vielen anderen Ländern gängige Praxis ist.

Aber wir müssen auch unseren Umgang mit gescheiterten Gründern ändern. Wenn ich mit einem Projekt gescheitert bin, werde ich mit hoher Wahrscheinlichkeit beim nächsten Versuch vieles aus der bitter gelernten Erfahrung besser machen. Heute bekommen gescheiterte Gründer in Deutschland keine zweite Chance. Hier liegt ein unermessliches Potenzial.

Der Blick nach USA und Israel zeigt, wie es geht. Weniger Bürokratie für Gründer, leichtere Möglichkeiten, an Gründerkapital zu kommen, eine Kultur, die gescheiterten Gründern eine zweite Chance gibt, und sogar speziell für ausländische Gründer in Tel Aviv eine "Tel Aviv soft landing"-Zone. Diese soll ausländischen Start-ups helfen, sich an das Land zu gewöhnen und schnell Kontakte zu knüpfen.

Zusammenfassend benötigen wir eine Innovationspolitik, deren Hauptantrieb durch Wagniskapital kommt. Dieses Kapital muss mit möglichst wenig Risiko zu investieren sein. Gründer müssen ihre Ideen verwirklichen können, ohne Gefahr zu laufen, bei einem möglichen Scheitern auf Jahre hin am Existenzminimum leben zu müssen.

Auch hier sehe ich eine durchaus positive Bewegung: Sigmar Gabriel möchte eine "Börse 2.0" einrichten.ein neues Börsensegment für die Finanzierung von Start-ups. Und in einigen Großstädten wie Hamburg, München, Köln, Stuttgart - führend ist Berlin - gibt es zahlreiche Accelleratoren und Inkubatoren (zum Beispiel www.hubraum.com), die Start-ups auf ihrem Weg zum Erfolg unterstützen.

Rund 25 Prozent des BIP erzielte das produzierende Gewerbe im Jahr 2013. Hinzu kommen bei vielen Mittelständlern angehängte Dienstleistungssparten. Die materielle Welt verwandelt sich in Daten. So wie der Radioempfänger inzwischen durch einen digitalen Datenstrom beziehungsweise vordergründig durch eine APP ersetzt worden ist. Heute liegt zumBeispiel bei den Maschinenbauern die Kompetenz in qualitativ hochwertigen Maschinen und hervorragend optimierten Prozessen. Morgen liegt die Herausforderung zum überwiegenden Teil in Softwaretechnologie. Das bedeutet, Maschinenbauer werden zu Softwareschmieden. Dieses Beispiel gilt für fast alle Branchen. Um diese Transformation zu bewältigen, werden hoch qualifizierte und in ausreichender Menge vorhandene Fachkräfte benötigt.

Zudem helfen gemeinsame Plattformen für Forschung und Wissenstransfer, inovativer zu werden und die Kosten dennoch überschaubar zu halten. Der Mittelstand ist hier inzwischen sehr aktiv. Auch wurden zahlreiche Start-up-Initiativen gestartet beziehungsweise hat man sich an Start-ups beteiligt und diese finanziell gefördert.

4. Bildung, Forschung und Wissenschaft

Wenn man sich die Statistik der Länder mit der geringsten Abwanderung von qualifizierten Fachkräften (2011/2012) anschaut, dann taucht Deutschland unter den ersten 20 Ländern nicht auf. Die Schweiz führt, dann kommen Singapur, Katar, England und die USA.

Schon heute beläuft sich die Höhe der nicht realisierten Umsätze in Deutschland aufgrund Fachkräftemangel auf rund 30 Miilliarden Euro. Allein 2014 sind rund 40 000 Stellen in der ITK-Branche nicht zu besetzen. Sollte der Bedarf an IT-Fachpersonal in Zukunft weiter steigen, so besteht laut dem ehemaligen Bitkom-Präsidenten Prof. Dieter Kempf "die Gefahr, dass Arbeit ins Ausland verlagert wird. Das bedeutet aber auch, dass Innovationskraft verloren geht."

Um dem Expertenmangel entgegenzuwirken, bekräftigte der Bitkom seine Forderungen nach einem Pflichtfach Informatik in der Sekundarstufe I. "Wir müssen bei unseren Kindern ansetzen und schon in der Schule das Interesse an der Informatik und anderen technischen Berufen wecken. Wir könnten damit unsere Schülerinnen und Schüler besser auf das Leben in einer digitalen Welt vorbereiten und dabei auch frühzeitig ihr Interesse für Informatikberufe wecken", so Kempf.

Wenn man bedenkt, dass die Maschinenbauer und Automobilhersteller immer mehr Softwareentwicklung benötigen, so ist das erst der Anfang. Es gilt also nun die Weichen zu stellen, um frühzeitig Fachkräfte auszubilden. Dieses Ziel ist auch in der Digitalen Agenda verankert: "... Deshalb sieht die Digitale Agenda vor, den digitalen Wandel in der Wissenschaft zu forcieren und Zugang zu Wissen als Grundlage für Innovation zu sichern."

Aus heutiger Sicht kann das nur ein Anfang sein. Deutschland hat enormes Nachholpotenzial. Das zeigt etwa der Index "Access to Advanced Education", auf dem Deutschland nur auf Platz 13 geführt wird. Wie zu erwarten sind die starken Länder wie USA, Kanada, Neuseeland, Israel, Schweden und Finnland vor uns platziert.

Das Nachsehen haben wir derzeit bereits bei der digitalen Planung des Unterrichts, digitalem Zugang zu Lerninhalten. Wenn wir uns andere Länder ansehen, zum Beispiel die USA - da sind viele Schulen ab der Mittelstufe mit Chromebooks oder iPads ausgerüstet.

Die komplette Planung des Unterrichts läuft softwaregesteuert. Schüler haben immer Zugriff auf alle nötigen Lerninhalte - und sie lernen, wie sie die Technik einsetzen, um effizienter zu lernen. Und Lerninhalte können flexibler angepasst werden als in gedruckten Büchern. Aber wir müssen gar nicht so weit weg schauen, auch in Bayern ist seit dem Schuljahr 2014 der digitale Aufbruch gelungen. Derzeit ist das zwar noch mehr Eigeninitiative der Schulen, als strukturierte Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung:

Klaus Wenzel, Vorsitzender des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (BLLV): "Die Schulen müssen Zeit und finanzielle Ressourcen erhalten, um sich dem Thema widmen zu können." Das heißt, man muss nicht nur den Kindern den angemessenen Umgang mit der Technik beibringen, sondern auch den Eltern.

Das wiederum bedeutet jede Menge zusätzliche Arbeit in einer Situation, in der die Schulen sowieso schon immer mehr verwalten müssen und immer weniger Zeit für das pädagogische Wirken bleibt. Das Lernen von agilen Organisationsmethoden und Führungsstrukturen ist ein Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Zukunft. Agile Unternehmen haben oft bessere Chancen, mit dem schnellen Wandel Schritt zu halten und eine hohe Innovationskraft zu generieren. Die Kernfrage ist also: Welche Fähigkeiten benötigen unsere Kinder, um in einer veränderten Umwelt erfolgreich sein zu können?

Ein Blick auf die Homepage des BMBF stärkt meine Meinung: Problem erkannt, die fünf wichtigsten Ziele sind definiert. Es geht jetzt also um die Umsetzung. Nur der Stoffplan selbst wird noch nicht infrage gestellt.

Deutschland im europäischen Kontext

Wir stellen den EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft - Günther Oettinger. Dies bringt uns in die komfortable Lage, bei der Gestaltung der Digitalisierung aus EU-Sicht in den kommenden Jahren erheblichen Einfluss zu haben. Derzeit arbeitet sein Team an der Vision eines europäischen Binnenmarktes. Es ist geplant, dass EU-Gelder aus einem Strukturfonds künftig auch zum Ausbau der digitalen Infrastruktur verwendet werden können. Oettinger hat längst erkannt, dass die EU-Staaten eine Aufholjagd bei der Digitalen Infrastruktur starten müssen.

Wenn wir uns die vielen unterschiedlichen Gesetze der Länder in USA und Europa ansehen, so erkennt man enorme Zersplitterung. Sollte es uns gelingen, hier für eine Harmonisierung von Gesetzen, Handelsregularien und Dienste-Verfügbarkeit (zum Beispiel Wegfall von Roaming) zu sorgen, kann dies wie ein Turbo für die europäische Wirtschaftsentwicklung wirken - auch eine unserer großen versteckten Chancen.

Zusammenfassung

Ich bin zuversichtlich, meine Wette zu gewinnen! Es gibt viele Initiativen, die in die richtige Richtung gehen. Die Politik hat erkannt, dass es um sehr viel geht. Auch um enorme Wachstumschancen. Es locken allein rund 150 Milliarden Produktivitätsgewinn der fertigenden Industrie. Ganz zu schweigen vom hohen Einsparpotenzial durch intelligente Steuerung unserer Ressourcen. In Kombination mit der EU wird vermutlich der Infrastrukturausbau bis 2020 gelingen. Auch zum Thema Sicherheit gibt es Pläne, die es nun gilt, handwerklich sauber umzusetzen.

Aber Unternehmen tragen selbst das größte Stück Verantwortung, sich flexibler aufzustellen, ihr Geschäftsmodell zu digitalisieren und sich die disruptive Frage zu stellen. Viele haben das Thema Digitalisierung inzwischen auf Geschäftsführungs- oder Vorstandsebene angesiedelt. Entweder führt ein starker CIO die Fäden zusammen, oder es werden spezielle CDO (Chief Digital Officer)-Positionen geschaffen.

Die Bundesregierung will mit großem Aufwand - fast eine halbe Milliarde Euro Investitionen bis 2017 - die deutsche Wirtschaft auf die Herausforderungen durch die Digitalisierung der klassischen Industrie vorbereiten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versprach auf dem Treffen, die Finanzierungsbedingungen für Start-ups zu verbessern. Gleichzeitig forderte sie die Wirtschaft auf, selbst ein Wagnis einzugehen. Es könne sein, dass staatliche Anreize nicht ausreichten, um das herzustellen, was man beispielsweise in den USA sehen könne. "Auch im Silicon Valley geht es ohne Risiko nicht", sagte Merkel über die Hochburg der Internetszene in den USA. Die Unternehmen sind gefordert. Auch die Zusammenarbeit mit dem Silicon Valley kann helfen, neues Wachstum zu generieren.

Ich freue mich auf Ihre Gegenwette!

CIO-Jahrbuch 2016
Foto: CIO.de

Weitere Wetten finden Sie im CIO-Jahrbuch 2016.

Jahrbuch 2016 - Neue Prognosen zur Zukunft der IT

IDG Business Media GmbH, 245 Seiten, 39,90 Euro

PDF-Download 34,99 Euro

zum CIO-Shop