"Hey Boss, ich brauch mehr Geld", raunzte seinerzeit Gunter Gabriel. Hätte der Barde in die Tastatur gegriffen statt in die Klampfe, wäre das nicht nötig gewesen: Bis zu 124.000 Euro pro Jahr kann ein Manager in der IT verdienen. Das berichtet der Gummersbacher Management-Berater Kienbaum, der für seinen Vergütungsreport mehr als 4.000 echte Gehälter ausgewertet hat. Der Report basiert also nicht auf Umfragedaten, sondern auf harten Daten der bodenständigen Kienbaum-Klientel. 32 IT-Jobs werden in der Studie unterschieden. CIOs sind allerdings ausgenommen, da dort die Fallzahl gering und die Streuung der Gehälter groß sind. Ein Mittelwert wäre also nicht belastbar.
Führungskräfte in der IT lagen 2013 mit einer Grundgehaltssteigerung von 3,7 Prozent im Vergleich zu 2012 vorn. Den Fachkräften in der IT blieb ein Plus von 2,9 Prozent. In ganzen Zahlen heißt das: Wer den Bereich IT-Architektur, -Methoden und -Werkzeuge leitet, darf mit einem Jahresgehalt von 124.000 Euro rechnen. Wer als User-Helpdesk-Spezialist arbeitet, muss sich dagegen mit 45.000 Euro begnügen. Damit bilden diese beiden Funktionen die Extreme auf der gesamten Skala. Insgesamt verdienen Führungskräfte etwa doppelt so viel wie Sachbearbeiter.
Dazu ein paar ausgewählte Funktionen: Ein Leiter der Anwendungsentwicklung verdient im Schnitt 118.000 Euro pro Jahr, ein IT-Leiter 112.000 Euro. Zur Klarstellung: Der Kienbaumsche "IT-Leiter" kann als "Director" auf der obersten Firmenebene 158.000 Euro im Jahr einstreichen – oder aber als "Gruppenleiter" einige Stockwerke tiefer nur 79.000 Euro. Führungskraft ist er in diesem Fall auch, aber auf der sogenannten operativen Ebene. Nach diesem Muster entstehen sämtliche Durchschnittswerte des Vergütungsreports.
Ein Software-Architekt erhält durchschnittlich 67.000 Euro, ein Business-Analyst 71.000 Euro und ein Datenbankentwickler 58.000 Euro. In einer Grobanalyse teilt Kienbaum sämtliche 32 Positionen in drei Kategorien ein: Führungskräfte mit einem durchschnittlichen Jahresgehalt von 114.000 Euro, Spezialisten mit 66 000 Euro und Sachbearbeiter mit 47.000 Euro.
In einer Gesamteinschätzung des Einkommens von IT-Mitarbeitern sagt Julia Zmitko, Vergütungsexpertin bei Kienbaum, trotz des Fachkräftemangels seien die Bezüge in den vergangenen Jahren im Schnitt nur leicht stärker gestiegen als die von Betriebswirten. "Schließlich müssen die Unternehmen auch darauf achten, dass die Gehälter ihrer Informatiker und Techniker im Quervergleich mit anderen Funktionen angemessen sind", erklärt Zmitko.
Wie das Gehalt im Einzelfall aussieht, hängt auch von der Unternehmensgröße ab. Wer in der oberen Führungsebene angesiedelt ist und in einem kleinen Betrieb (bis 100 Mitarbeiter) arbeitet, erhält im Schnitt 122.000 Euro pro Jahr. Bei bis zu 500 Mitarbeitern ist es mit 124.000 Euro nicht wesentlich mehr. Ein Unternehmen mit bis zu 2000 Mitarbeitern zahlt dagegen schon 157.000 Euro, eine noch größere Firma 190.000 Euro pro Jahr.
Am meisten Geld in der Chemie
Ein weiteres Kriterium ist die Branche. Unternehmen im Feld Chemie/Mineralölverarbeitung drücken aufs Gas und zahlen IT-Führungskräften mit durchschnittlich 168.000 Euro im Jahr den höchsten Betrag. Wer im Einzelhandel tätig ist, darf mit 140.000 Euro rechnen - und wer als IT-Chef im Krankenhaus gelandet ist, bekommt ein Trostpflaster in Höhe von 83.000 Euro im Jahr.
Grundsätzlich gilt: Berufserfahrung wird belohnt, und zwar über die verschiedenen Kategorien hinweg. Das heißt: Eine noch unerfahrene Führungskraft mit drei bis sechs Jahren im Job verdient im Schnitt 70.000 Euro im Jahr, ein alter Hase mit über 20 Jahren im Beruf 126.000 Euro. Ein Spezialist erhält am Anfang seiner Karriere (bis drei Jahre Erfahrung) 46.000 Euro im Jahr, sein Kollege, der mehr als 20 Jahre dabei ist, bekommt 76.000 Euro. Ein Sachbearbeiter startet mit 35.000 Euro, zwei Jahrzehnte später werden es - bei heutigem Stand - 55.000 Euro sein.
Doch Geld ist nicht alles. Kienbaum wollte wissen, wie es um die Abgeltung von Überstunden steht. Auch hier zeigen sich erhebliche Unterschiede. Bei 78 Prozent der Chefs wird vorausgesetzt, dass sie nicht auf die Uhr gucken. Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten. Ansonsten ist Freizeitausgleich (neun Prozent) oder ein Mix aus Freizeit und Geld (zwölf Prozent) üblich, lediglich einer von hundert vergilt Überstunden rein monetär. Ganz anders sieht es bei IT-Spezialisten aus. Nicht einmal bei jedem Zweiten (47 Prozent) sind sie mit dem Gehalt abgegolten. 18 Prozent bummeln die Mehrarbeit ab, der Rest gleicht durch eine Kombination Freizeit/Geld aus. Unter den Sachbearbeitern schließlich sind Überstunden nur bei knapp jedem Vierten (24 Prozent) mit dem Gehalt abgegolten. 32 Prozent nehmen sich dafür frei, fünf Prozent kassieren das zusätzliche Geld, und der Rest entscheidet sich für einen Mix aus beidem.
Das Kürzel 24/7 geistert immer wieder durch die IT-Welt. Auch hier gilt: Rufbereitschaft wird bei 67 Prozent der Führungskräfte eingepreist, aber nur bei 28 Prozent der Spezialisten und 35 Prozent der Sachbearbeiter.
Ein Blick auf die Landkarte zeigt, dass IT-Mitarbeiter nicht überall gleich viel verdienen. Wird der Bundesdurchschnitt auf 100 gesetzt, liegt Düsseldorf mit 112 Indexpunkten knapp vor Köln (111). Es folgen Frankfurt/Main sowie München (je 108) vor Hamburg (107) und Hannover (106). Bescheidenere Naturen sollten nach Dresden/Halle/Leipzig (80) oder Berlin (88) ziehen. Unter dem Schnitt liegen auch Nürnberg (92) und Stuttgart (97).
Noch mal zum Thema "Geld ist nicht alles". Gut jede dritte Führungskraft (34 Prozent) und knapp jeder zehnte Spezialist und Sachbearbeiter (jeweils acht Prozent) verfügen über einen Firmenwagen. Der darf in der Regel auch privat gefahren werden, meist kostenfrei. Die steuerlichen Konsequenzen liegen aber beim Mitarbeiter. Firmenwagen der Führungskräfte sind Unternehmen durchschnittlich 40.000 Euro wert. Das reicht für einen Audi (mit 29 Prozent die häufigste Nennung), BMW oder VW (jeweils 22 Prozent). Seltener steuert ein IT-Chef einen Mercedes (sieben Prozent). Fahren Spezialisten Firmenwagen, dürfen die im Schnitt 34.000 Euro kosten und die von Sachbearbeitern 22.000 Euro. Neben den genannten Automarken stehen Ford und Skoda sowie Opel und Volvo auf den Firmenparkplätzen, seltener auch Fiat, Mitsubishi und Peugeot.
Zur Demo statt zum Kunden
Der Firmenwagen ist eine Art der Anerkennung, eine andere ist die variable Vergütung. "Sowohl bei deren Verbreitung als auch bei ihrer Höhe ist bei Führungs- und Fachkräften in IT-Funktionen in den vergangenen drei Jahren keine spürbare Veränderung zu erkennen", erklärt Julia Zmitko. Das heißt: Eine große Mehrheit von 84 Prozent der Führungskräfte erhält variable Anteile. Unter den Spezialisten sind es 69 Prozent und bei den Sachbearbeitern 53 Prozent.
So weit die Zahlen. Doch wie steht es um die Mentalität von IT-lern als Arbeitnehmer? Für Matthias Busold, Principal bei Kienbaum, unterscheiden sie sich deutlich von Betriebswirten. "Informatiker kann man nicht mit Geld locken, ihnen geht es um den Inhalt", sagt er. So wollen IT-ler wissen, für welche Projekte ein potenzieller Arbeitgeber sie einsetzen würde und welche Entwicklungsmöglichkeiten sie dort hätten.
Das ist ja an sich nichts Negatives. Was allerdings die Frage angeht, wie IT-ler "sich verkaufen", so kann das schon einmal zur Realsatire geraten, sagt Busold offen. So habe er einen hoch qualifizierten IT-ler eingeladen, der zum Gespräch in etwas Ähnlichem wie einem Schlafanzug erschien. Die Bitte des Kienbaum-Mannes, beim Treffen mit dem Kunden doch Hemd und Sakko anzuziehen, stieß eher auf Befremden. Busold seinerseits war wiederum befremdet, als der hochkarätige Bewerber den ersten Terminvorschlag zurückwies – an dem Tag könne er nicht. Da seien nämlich die Proteste gegen den Castor-Transport und er entweder im Krankenhaus oder im Knast. "Danach musste ich dann trotz der exzellenten fachlichen Qualifikation feststellen, dass der Bewerber von der Persönlichkeitsstruktur her nicht zu meinem Kunden passt", erklärt Busold.
Dienstwagen bitte nicht mehr
Nach Erfahrung von Marcus Berg, Geschäftsführer der Hamburger Gesundheitsplattform Feelgood.de, interessieren sich IT-ler vor allem für ein unkompliziertes Arbeitsumfeld, das ihnen eine gewisse Freiheit und Selbstverwirklichung bietet. "Viel Geld und diffizile Bonusregeln sind nicht ihre Welt", erklärt er. "Stattdessen wollen sie wissen, welche Technologien und Unternehmenskultur sie erwarten, welche Weiterbildungsmöglichkeiten vorhanden sind und über welche Freiheitsgrade sie verfügen." Zum Wohlfühl-Environment gehöre für IT-ler auch, sich mit arbeitsunabhängigen Themen beschäftigen zu dürfen. Berg plädiert auf Unternehmensseite für eine gewisse Entspanntheit. "Eine fehlende Krawatte stört mich im Vorstellungsgespräch nicht", sagt er, "fehlende Vorbereitung aber schon."
Doch ob Pyjama oder Schlips und Kragen - beim Rekrutieren von IT-Personal werden Unternehmen in Zukunft umdenken müssen, sagt Busold. Denn die Prioritäten kommender IT-ler werden sich noch stärker auf das Inhaltliche verlagern. Die sogenannte Generation YOLO (für "You only live once") will in interessanten Projekten mitarbeiten. Kienbaum hatte in einer anderen Studie unter 30-jährige High Potentials befragt, was sie im bisherigen Job hält. "Hundert Prozent der Teilnehmer haben angegeben, weil sie dort Herausforderungen finden", berichtet der Consultant. Das heißt umgekehrt: Ist ein interessantes Projekt abgeschlossen, suchen die jungen Leute das nächste, und wenn ihnen das bei einem anderen Unternehmen angeboten wird, wechseln sie. "Werk- oder Dienstverträge werden nicht mehr die Ausnahme sein, sondern eher die Regel", prophezeit Busold. Dass man diese Generation nicht mehr mit der lebenslangen Festanstellung bei Siemens locken kann, versteht sich von selbst.
Ähnliches gilt übrigens auch für den Dienstwagen. Den YOLOs sind Freiheit und Flexibilität sehr viel wichtiger als persönlicher Besitz. Wenn sie ein Auto brauchen, klicken sie auf ihre Car-Sharing-App. "Das Schlagwort von der Shareconomy wird zur Realität", sagt Busold. "Diese Generation will noch nicht mal mehr eine eigene Bohrmaschine haben."