Als CIO sitzt man meist auf einer Zwischenposition zwischen dem Top-Management und dem mittleren Management. "Oft wird von oben und unten an ihnen gezerrt, sie sollen unvereinbare Interessen vereinbar machen, beide Sprachen sprechen, gleichzeitig Innovationen durchsetzen und Stabilität gewährleisten", beschreibt Führungskräfte-Coach Gudrun Happich die Situation von IT-Verantwortlichen. Sie müssen in zwei Richtungen führen und nicht nur ihre Mitarbeiter sondern auch die Vorgesetzten lenken.
Als CIO erfolgreich nach unten führen
Damit man als CIO erfolgreich nach unten führt, gibt Gudrun Happich die folgenden Ratschläge:
a) Als Führungskraft im mittleren Management geht es darum, gemeinsam mit den Mitarbeitern Ziele zu erreichen. "Sie müssen also lernen zu delegieren (statt selbst machen) und Ihre Mitarbeiter zu guten Ergebnissen führen", sagt Gudrun Happich. Das gehe am besten, wenn man die Motivation der Mitarbeiter hoch halte und sie an vielen Prozessen beteilige. Das Ziel besteht darin, die Mitarbeiter zum Mitdenken anzuregen. "Denken Sie daran, dass Ihre Mitarbeiter die Profis für fachliche Themen sind. Sie sollten den besten Weg finden, diese Profis zu den besten Ergebnissen zu bringen", rät Coach Gudrun Happich.
b) Anstatt autoritär zu führen, sollte man die Mitarbeiter lieber fragen, wie sie geführt werden möchten. "Sie werden überrascht sein, wie positiv das bei den Mitarbeitern ankommt und wie leicht man erfährt, was die beste Führungsform für sie ist", weiß Gudrun Happich.
c) Wer eine Position neu antritt, sollte dies nutzen, um seine Spielregeln zu formulieren. Ist man schon länger im Unternehmen und hat das Aufstellen von Spielregeln versäumt, kann man dies nachholen. Diese Spielregeln sollten etwa fünf bis sechs einfache Regeln umfassen, die für alle gelten, zum Beispiel Informationsschuld, Fehlerkultur und dass der Mitarbeiter die Verantwortung für seine Aufgabe und das Ergebnis übernimmt. "Erst wenn die Basic-Spielregeln für alle klar sind, ist eine individuelle Führung der einzelnen Persönlichkeiten möglich", sagt Gudrun Happich.
d) Wer als CIO erfolgreich nach unten führt, muss dabei an die Spielregeln des mittleren Managements denken. Dort gelten Leistung, Engagement, Ehrlichkeit, Berechenbarkeit, Transparenz, Zuverlässigkeit, Fairness und Kooperation. Außerdem muss man nach unten in der Sprache des mittleren Managements sprechen, die sich durch offenes und direktes Feedback und eine klare und offene Kommunikation auf Augenhöhe auszeichnet.
e) Um gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Ziele zu erreichen, sollte man vertrauensorientiert führen anstatt zu kontrollieren. "Bauen Sie behutsam Vertrauen auf, indem Sie zunächst enge und viele Feedbackschleifen mit den Mitarbeitern vereinbaren und sich erklären lassen, wie der Mitarbeiter die Aufgabenstellung, das Projekt angegangen ist. Durch Fragen können Sie den Mitarbeiter auf den richtigen Weg führen, wenn er sich verrannt haben sollte", empfiehlt Gudrun Happich.
f) Schließlich sollte man sich immer als Moderator seiner Fachkräfte begreifen und seine Aufgabe in der Koordination der Intelligenz der anderen sehen. Wer seinen Mitarbeitern Spielregeln vorgibt, eröffnet ihnen so einen Handlungsrahmen, in dem selbstorganisiertes Arbeiten möglich wird und viel bessere Ergebnisse erzielt werden können. "Das ist ein wesentlicher Schritt zur modernen Führungskultur", sagt Gudrun Happich.
Wie führt man als CIO erfolgreich nach oben?
Bei der erfolgreichen Führung nach oben gibt Gudrun Happich folgende Empfehlungen:
a) So wie man sich bei Führung nach unten auf seine Mitarbeiter einstellen muss, gilt es bei der Führung nach oben, die Spielregeln des Top-Managements zu beachten. Denn anders als im mittleren Management gelten im Top-Management Strategie, Taktik, Politik, Beziehungsfähigkeit und gute Kontakte.
b) Auch auf die Sprache des Top-Managements muss man als CIO eingehen: "Zunächst gilt hier die emotionale Überzeugungskraft, erst danach Argumente", weiß Coach Gudrun Happich. Im Vordergrund stehe die Rollenerwartung und nicht die Person und es werde nicht mehr offen kritisiert. Hier geht es nicht mehr um Argumente, sondern um Positionen und Befindlichkeiten. "Hier ist gekonnte Einflussnahme gefragt. Es geht darum, die Bedürfnisse des Vorgesetzten zu erfüllen und gleichzeitig eigene Interessen durchzusetzen", sagt Gudrun Happich. So hat ein CIO beispielsweise lange erfolglos um neue Mitarbeiter gebeten. Er bekam sie erst, als er darauf hinwies, dass er nur mit Verstärkung mehr Umsatz machen könne. Und schließlich sollte man in der Kommunikation nach oben immer voller respektvoller Wertschätzung bleiben. So werde man überrascht sein, wie schnell einem zugehört wird.
c) Wer als CIO erfolgreich nach oben führen möchte, darf nicht still darauf warten, bis er angesprochen wird oder bis andere erkennen, dass man hervorragende Ideen hat. "Wenn Sie die Unterstützung vom Vorgesetzten brauchen, dann holen Sie sich diese", rät Gudrun Happich. Sie empfiehlt CIOs, Aufmerksamkeit einzufordern und den Vorgesetzten zu Entscheidungen zu veranlassen, um im Tagesgeschäft voranzukommen.
Das Verhältnis zu den Führungskräften auf gleicher Ebene
"Offenheit und Austausch sind immer besser als Geheimniskrämerei", sagt Gudrun Happich. Bei Mitarbeitern, die mit einem auf gleicher Ebene stehen, sollte man als CIO die Regeln des Top-Managements berücksichtigen. Denn wer heute Kollege auf gleicher Ebene ist, könne schon bald Chef sein. Gudrun Happich rät, zu testen, wie offen man gegenüber einem Kollegen auf gleicher Ebene sein kann. So könne man zum Beispiel in lockerer Runde davon erzählen, dass die Kinder gerade an der einen oder anderen Stelle Schwierigkeiten machen. Öffnet sich der Gegenüber dann auch und zeigt seine menschliche Seite, könnte der Grundstein für eine zwischenmenschliche Beziehung gelegt sein.
Gudrun Happich ist Executive-Coach und Gründerin von Galileo Institut für Human Excellence. Mit ihrem Unternehmen hat sie sich auf die Entwicklung von Leistungsträgern in den oberen Führungsebenen spezialisiert. Die Diplom-Biologin war selbst zwölf Jahre lang Führungskraft in drei Wirtschaftsunternehmen, unter anderem als Mitglied der Geschäftsleitung.
Anschließend absolvierte sie drei systemische Ausbildungen. Sie ist seit 1994 tätig, schöpft aus den Erfahrungen von ca. 15.000 Coaching-Stunden und hat weit mehr als 800 Leistungsträger begleitet. Als eine der ersten Beraterinnen wurde sie nach dem weltweit höchsten Qualitätsstandard für Coaches von der International Coach Federation (ICF) zum "Master Certified Coach" (MCC) zertifiziert. Sie ist Senior Coach beim DBVC.