Neu ist nicht immer gut

3 Gründe, warum Innovation schädlich ist

01.08.2018 von Juliane Waack
Auf der Jagd nach innovativen, disruptiven Ideen gerät so manches Geschäftsmodell ins Wanken und Entscheider verlieren das Ziel aus den Augen.
Zu viel Innovation kann Unternehmen schnell aus der Balance bringen.
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Innovation ist eine gute Sache. Sie gehört nicht nur ins Management, sondern sollte fest in die eigene Unternehmenskultur verankert sein. Wer innovativ ist, stellt den Status quo in Frage, sucht immer nach Optimierungsmöglichkeiten und hält die Augen auf, wenn es um Trends und Entwicklungen geht.

Doch Innovation hat - wie so vieles im Leben - ihre Zeit und ihren Ort. Wer Innovation der Innovation wegen forciert, der wird genauso auf der Stelle treten, wie derjenige, der sich ihr vollständig verschließt.

Ich möchte daher im Folgenden drei Gründe nennen, warum Innovationen in bestimmten Momenten, Bereichen und Entscheidungen dem Unternehmen eher schadet als dass sie hilft.

1. Wenn Innovation das Kundenerlebnis zerstört

Es gibt Dinge, die haben sich lange Zeit nicht geändert, weil sie einfach gut funktionieren oder weil sich alle an sie gewöhnt haben. Wer hier die Idylle der Routine unterbricht, wird auch mal mit Kritik bestraft.

Insbesondere, wenn es um Bedienungsfreundlichkeit im Web geht, ist die Innovation seit Jahren eher der Feind intuitiver, klarer Bedienung. Wer den Kunden auf eine innovative, wilde Abenteuerjagd auf der Suche nach dem Impressum, einem Kontaktformular oder aber während des Check-Out schicken will, muss damit rechnen, dass der Kunde einfach frustriert abspringt. Die Konkurrenz mit einer einfachen Bedienung ist oftmals nicht weit.

Daher gilt: Eine gute User Experience (UX) trumpft jede Innovation.

2. Wenn Innovation interne Prozesse ignoriert

So sehr man es befürworten kann, dass Themen wie Digitalisierung, Customer Journey, Analytics und Automation endlich in den Führungsetagen wahrgenommen und behandelt werden, so schwierig gestaltet sich die Umsetzung, wenn die Führung keinen Einblick in alle internen Prozesse hat. Das ist gerade bei größeren Unternehmen naturgemäß meistens so und kann genau dann problematisch werden, wenn sich die Führung dessen nicht bewusst ist.

Eine neue Software, eine neue Strategie und/oder eine neue Kultur erfordern immer auch das Neudenken bestehender Prozesse. Diese sind nämlich nicht immer so leicht austauschbar, sondern basieren eventuell auf Compliance-Vorgaben oder auf Richtlinien, die sich nicht so einfach anpassen lassen.

Ein oft frustrierender Vergleich ist dabei der von klassischen Unternehmen mit Start-ups. Natürlich geht es in Start-ups schneller, ist alles agiler und funktioniert die Kommunikation besser. Das liegt aber auch daran, dass viele Start-ups sehr viel weniger Angestellte haben als Unternehmen und keine riesige Infrastruktur bedenken müssen, die nicht mal eben für eine neue Software-Lösung auseinandergebaut werden kann. Der CEO eines Start-ups hat so natürlich einen besseren Überblick, das aber auch nur, weil es noch nicht so viel zum Überblicken gibt.

Und noch eins: diese Dinge brauchen ihre Zeit. Technologien, Prozesse und insbesondere Denkweisen lassen sich nicht über Nacht ändern, es braucht Geduld und Fingerspitzengefühl, um Innovationen so im eigenen Unternehmen zu implementieren, dass diese nicht als Störfaktor, sondern als Mehrwert erlebt werden.

Daher gilt: Innovation muss mit bestehenden Prozessen harmonieren (bzw. sich realistisch integrieren lassen).

3. Wenn Innovation die eigenen Mitarbeiter und Nutzer ignoriert

Apple schafft es seit einigen Jahren immer wieder, was es vorher nie geschafft hat: mit brandneuen Innovationen riesige Gruppen an Fans zu erzürnen. Sei es die eher fragile Anfälligkeit für Staub der doch eigentlich staubresistenten Butterfly-Tastatur des MacBook Pro oder der fehlende Kopfhörereingang und die damit einhergehenden Bluetooth-Kopfhörer. Kein Kunde hat sich diese Dinge gewünscht, doch Apple hat sie im Wettrennen um innovative Updates trotzdem entwickelt und kämpft nun mit harscher Kritik.

Auch in vielen Unternehmen bringt es eher Unmut und Probleme, wenn große Entscheidungen über die Köpfe der Mitarbeiter bzw. Nutzer hinweg gefällt werden, die am Ende mit den Resultaten leben müssen. Wer sich für eine brandneue Software entscheidet, ohne die Anforderungen und Wünsche der Nutzer einzuholen, hat es im schlimmsten Fall mit einer Totalverweigerung und einer blühenden Schatten-IT zu tun.

Daher gilt: Entwickeln und setzen Sie Innovationen für die Nutzer ein, indem Sie die Nutzer so früh wie möglich in die Entscheidungsphase einbeziehen.