Man kann die Entwicklung der IT-Welt bekanntlich gut als Geschichte des ständigen Fortschritts erzählen. Genauso möglich ist allerdings das Gegenteil, wie Peter Burns, David Hovenden und Mark Johnson – allesamt Berater bei Booz & Company – zeigen. Demnach sorgt eine Reihe von Parametern dafür, dass das Dasein als CIO im Grunde immer unerträglicher wird.
Die Lage stellt sich in dieser Lesart so dar: Die weltweite Rezession hat weithin die Investitionsmittel für Technologie beschnitten; fähige Mitarbeiter verabschieden sich in den Ruhestand und der – oftmals ja eher unkritisch über den grünen Klee gelobte – Nachwuchs lässt wegen struktureller Ausbildungsdefizite die benötigten Kenntnisse und Fähigkeiten vermissen.
Fusionen und Übernahmen haben für kaum beherrschbaren Wildwuchs an unzusammenhängenden Legacy-Lösungen gesorgt; die Anbieterlandschaft konsolidiert sich derweil mit ungewissen Folgen; und die Mitarbeiter fordern freien Zugang zu mobilen Endgeräten und fürs Cloud Computing ein, was die Aufgabe der IT noch komplexer als in der Vergangenheit macht.
So weit jammern CIOs also mit Recht, wenn sie sich denn über ihren Job beklagen. Die Bedeutung der IT wächst einerseits. Andererseits werden immer anspruchsvollere Leistungen von ihr gefordert, die mit weniger Personal und weniger Geld als früher geliefert werden sollen. Die Quadratur des Kreises? Wahrscheinlich. Weil diese bekanntlich in der langen Menschheitsgeschichte noch nicht gelungen ist, lautet die Kernbotschaft von Booz: Es ist sinnlos, in der IT alles zu wollen. Stattdessen sei es ratsam, auf Basis eines Schemas aus sechs Werttreibern und fünf IT-Archetypen zu analysieren, wie die strategisch adäquate Rolle der IT im eigenen Unternehmen aussehen sollte.
Im Grunde ist der Ansatz des Berater-Trios also ziemlich wohltuend. Es gibt darin weder die Quadratur des Kreises noch den Stein der Weisen. Allzu pauschale Empfehlungen hinsichtlich der IT-Strategie würden naturgemäß nicht die individuelle Situation eines Unternehmens berücksichtigen, schreiben Burns, Hovenden und Johnson.
Alles auf einmal geht nicht!
Das gelte für das vermeintliche Allheilmittel Kundenfokussierung ebenso wie für das Augenmerk auf langfristige Projekte wie das Outsourcing, das Viele als für alle Lebenslagen ideales Kostensenkungsrezept erachten. Sobald sich Produktlinien, Technologien, Kunden, Geschäftsprozesse und Strategien zwangsläufig wieder änderten, sei auch der vermeintlich perfekte Fokus schnell wieder hinfällig, so Booz.
Der strategische Ansatz der Berater ist deshalb anders gestrickt. Booz macht wie erwähnt sechs Werttreiber aus, die den strategischen Wertbeitrag der IT einem Unternehmen ausmachen können. Sie lauten:
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Kosteneffektivität,
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Qualität,
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Empfänglichkeit für Anforderungen,
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Bündelung und Steuerung technologischer Ressourcen,
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Agilität und
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Innovation.
„Diese sechs Werttreiber ändern sich als Prioritäten für IT-Funktionen nicht, egal welche Veränderungen in Technologie, Geschäft, Regulierung, Wettbewerb und globalen Märkten stattfinden“, so Booz. Zugleich könne keine IT-Abteilung zugleich in allen sechs Kategorien herausragend sein. „Jede verlangt seine eigene Form von Investition und Kompetenz“, stellen die Berater klar.
Alles gleichzeitig geht also nicht. Booz rät nachdrücklich dazu, im Hinblick auf die spezifische Situation im eigenen Unternehmen auf Basis dieser Werttreiber die für sich strategisch anzustrebende Rolle zu definieren. Zum Teil lägen nämlich auch Zielkonflikte zwischen den sechs Kategorien vor, etwa zwischen Kosten- und Qualitätszielen oder einerseits der schnellen Reaktion auf Kundenwünsche, andererseits der unbeirrten Arbeit an Innovationen.
Zur besseren Orientierung kombiniert Booz & Company die sechs Werttreiber zu fünf IT-Archetypen. Bei der IT als Wertträger liegt das Hauptaugenmerk auf Kosten und Effizienz, ebenso gibt es einen Fokus auf Bündelung und Reaktionsgeschwindigkeit. Standardisierte Basis-Dienste werden mit dem Ziel geliefert, den Return on Investment so weit wie möglich zu steigern.
Rollen sind kombinierbar
Die IT als Operator konzentriert sich auf Services mit hoher Qualität und niedrigem Risiko, Qualität und Reaktionsgeschwindigkeit stehen im Fokus. Ein dritter Archetyp ist die IT als Technologieführer. Die Suche des Unternehmens nach Wettbewerbsvorteilen in neuen Gefilden wird von der IT durch erstklassigen Support für innovative Produkte und Dienstleistungen unterstützt. Das Augenmerk liegt auf Innovation und Agilität.
Agilität, Empfänglichkeit für Wünsche der User und die Bündelung von Ressourcen stehen im Vordergrund bei der IT als Service-Broker. Diese Makler-Rolle ist laut Booz typisch in global agierenden Firmen mit einer Reihe von Outsourcing-Providern. Schließlich kann die IT idealtypisch auch als Entwickler von Fertigkeiten agieren. Mit einem Fokus auf Innovation, Qualität und Responsiveness agiert der CIO hier nach Einschätzung des Berater-Trios strategisch nahezu auf Augenhöhe mit dem CEO.
„Die IT-Funktion muss sich nicht exklusiv auf eine dieser Rollen beschränken“, so Burns, Hovenden und Johnson. „Die Rollen können zu einer Agenda kombiniert werden, die möglichst genau die Leistungsmerkmale des Unternehmens widerspiegelt.“
Die drei Berater stellen ihr Modell im Beitrag „Well-Tailored IT“ im hauseigenen Journal „Strategy+Business“ vor.