Stehen Modelle wie Teilzeit und Home Office deutschen Führungskräften offen? Um diese Frage kreist die Studie "Flexibles Arbeiten in Führung", an der sich knapp 800 Manager beteiligt haben. Urheber ist die Organisation EAF Berlin, die sich als unabhängig und gemeinnützig versteht. Zu ihren Unterstützern zählen die Deutsche Bank, die Max-Planck-Gesellschaft und Porsche. Die Studie über Flexibles Arbeiten entstand in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.
Flexibles Arbeiten hat einen guten Ruf. Das zeigen die Antworten von Führungskräften auf die Frage, was sie damit verbinden: 68 Prozent sprechen von mehr Lebensqualität, 63 Prozent von einem Zuwachs an Motivation. 58 Prozent nennen höhere Produktivität, 57 Prozent ein Plus an Kreativität.
Dennoch nutzen Chefs flexible Arbeitszeitmodelle wenig. Die EAF hat verglichen, welche Möglichkeiten die Firmen den Befragten anbieten und welche sie nutzen. Hier zeigen sich erhebliche Diskrepanzen. Am stärksten nutzen Führungskräfte die Vertrauensarbeitszeit. 79 Prozent haben diese Möglichkeit, 66 Prozent nehmen sie wahr. In allen anderen Fragen klafft die Schere teils weit auseinander, etwa beim Home Office (69 Prozent/38 Prozent), Teilzeit (82 Prozent/15 Prozent) und Jobsharing (27 Prozent/ein Prozent). Da sei also "Luft nach oben", kommentieren die Studienautoren.
Arbeitsmenge lässt sich nicht so einfach verringern wie die Arbeitszeit
Die Reduktion der Arbeitszeit sei für Führungskräfte "derzeit offenbar häufig noch schwierig", so die EAF weiter. Auf die Frage nach den Gründen dafür gaben die Studienteilnehmer fehlende Rollenvorbilder, mangelnde Unterstützung durch die oberste Firmenspitze und direkte Vorgesetzte an. Zudem sei es oft schwer, die Arbeitsmenge an verringerte Zeiten anzupassen. Nicht zuletzt scheitert flexibles Arbeiten an unklaren Regelungen (etwa zur Arbeitssicherheit zu Hause).
Was das konkret heißt, verdeutlichen einige Aussagen der Studienteilnehmer bei Workshops rund um dieses Thema. So sagt ein Teilnehmer: "Wenn jemand offiziell im Home Office ist und sich beim Fasching ein Bein bricht - bin ich dann dran?" Ein anderer sorgt sich: "Was soll mein Nachbar denken, wenn ich drei Tage hintereinander zu Hause bin?" Einer sagt aber auch: "Manche zaubern im Home Office wahre Wunder hervor, wozu sie im Büro nicht kommen."
Die EAF rät Führungskräften mit Interesse an flexiblem Arbeiten, sich folgende fünf Fragen zu stellen:
1. Wie soll das flexible Arbeitsmodell konkret aussehen? Soll die Arbeitszeit flexibilisiert werden, der Arbeitsort, oder Beides? Ab wann? Nur vorübergehend oder dauerhaft? Heißt Flexibilisierung, dass man spontan arbeiten kann oder geht es um längerfristige Absprachen?
2. Inwieweit sind die Voraussetzungen erfüllt? Welchen Umfang hat die Arbeitszeit jetzt? Muss man vor immer Ort sein oder kann Präsenz auch delegiert werden? Gibt es viele Ad hoc-Aufgaben, die sich nicht planen lassen?
3. Wie viel konzeptionelle Arbeit erfordert die Stelle? Welche Tätigkeiten können auch von zu Haus erledigt werden und welchen Anteil machen sie aus? Für wie viele Mitarbeiter besteht direkte Personalverantwortung? Wie oft ereignen sich unvorhergesehene Notfälle, die kein Vertreter regeln kann? Wieviel Arbeitszeit nehmen Tätigkeiten ein, die zeitlich flexibel erledigt werden können?
4. Wie sehen die Erfahrungen und Haltungen zu flexiblem Arbeiten im Unternehmen aus? Wie gehen Vorgesetzte mit Abwesenheiten um, wie Mitarbeiter? Welche Gründe gibt es für das Ablehnen flexibler Arbeit und was kann man darauf antworten? Welche Gründe gibt es für das Befürworten? Besteht ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen den Beteiligten?
5. Wie muss der konkrete Rahmen für flexibles Arbeiten auf dieser Stelle aussehen? Was müsste im Arbeitsbereich geändert werden? Reicht die technische Ausstattung im Home Office aus? Reichen die persönlichen Kompetenzen dafür aus? Wie lassen sich Planbarkeit und Verlässlichkeit gestalten, welche Regeln müssen festgeschrieben werden? Wie sieht das Feedback zum flexiblen Arbeiten durch das Arbeitsumfeld aus? Anhand welcher Kriterien wird entschieden, ob flexibles Arbeiten gelingt?
Einer der Studienteilnehmer sagte der EAF: "Die Praktiker müssen sicherstellen, dass es funktioniert. Dadurch werden die Widerstände geringer und in zwei bis drei Jahren sind die Modelle dann standardisiert."