Beobachter der IT-Service-Branche spekulieren nicht, ob es demnächst Übernahmen geben wird, sondern allenfalls darüber wann. So meint zum Beispiel Mark Robinson, COO beim Outsourcing-Berater EquaTerra, dass es mehr Konsolidierung in der IT-Outsourcing-Industrie geben werde, und zwar auf jedem Level. Das, so Stephanie Overby im amerikanischen cio.com, sei vielleicht für Anbieter und die Branche eine gute Nachricht, nicht aber für die Kunden.
Die Konsolidierung zielt darauf ab, Qualität zu konzentrieren und sorgt vielleicht für Innovation, hofft Robinson. Aber den Preis dafür zahlen die Kunden - sie leiden unter abnehmendem Wettbewerb der Anbieter und einem steigenden Risiko, dass der versprochen Service-Level unter den Firmenübernahmen leidet. Aber es ist so: "Die nächsten 24 Monate werden eine Periode relativer Instabilität sein, und Sie sollten sich darauf einstellen, dass große Marken ihren Besitzer wechseln", so der Outsourcing-Spezialist von EquaTerra.
Da ist es nicht erstaunlich, so sein Kollege Charles Arnold, dass Unternehmen mit größeren Infrastruktur-Outsourcing-Verträgen nervös in die Zukunft blickten. Viele Firmen arbeiteten mit einer Single-Provider-Strategie und hätten sich bewusst für den einen und gegen einen anderen Partner entschieden. Nun müssten sie aber oft genug feststellen, dass der Provider ihrer Wahl unter dem Firmenschild seines Mitbewerbers arbeitet.
Das aber enge die künftigen Wahlmöglichkeiten ein: "Es gibt einfach weniger Anbieter, zwischen denen man sich noch entscheiden kann", bemängelt Arnold. Wenn man Pech hat, so der Outsourcing-Berater von EquaTerra, lande man dann bei einer Firma, die man eigentlich schon ausgeschlossen habe.
Auch die Verhandlungsposition der Kunden wird nicht besser: Die Situation erinnert Arnold an die Zeit, als es nur wenige Outsourcing-Provider gab. Auch damals war der Verhandlungsspielraum über Preise und Umfang der Services eng. "Wenigstens drei oder vier Wettbewerber braucht der Markt", fordert Arnold. "Wenn die Zahl von zuverlässigen Anbietern für Großaufträge zu sehr schrumpft, kippt die Balance zwischen Angebot und Nachfrage", fürchtet Arnold. Die Kunden wären dann in der eindeutig schwächeren Position.
Betriebsübergänge können langwierig und kompliziert sein
Fürchten müssen die Kunden auch die Abwicklung von Übernahmen. Betriebsübergänge sind mitunter langwierig und kompliziert, meint Arnold. Und wenn nicht nur der Provider sich nach dem Aufkauf einem Transformationsprozess unterzieht, sondern auch der Kunde, wird’s richtig unübersichtlich.
Dane Anderson, Vizepräsident bei Gartner, fürchtet sich allerdings weniger vor den Folgen des Change Managements. Er macht sich vielmehr Sorgen, dass durch Übernahmen entstandene "Mega-Provider" gar nicht mehr in der Lage sind, auch kleinere Vertragsvolumina kundengerecht zu bedienen.
Zwar gäben alle Groß-Provider auch dem Mittelstand gegenüber Lippenbekenntnisse über ihre Vertragstreue ab. Die Frage aber sei, so noch einmal Charles Arnold, ob große Provider überhaupt dazu in der Lage sind, ihre Angebotspalette an kleinere Kunden anzupassen. Zudem sei fraglich, ob solch’ kleine Deals für große Provider überhaupt noch interessant sind. Schließlich stünden diese unter dem Druck, eher große Abschlüsse tätigen zu müssen.
Für die Kunden jedenfalls besteht wenig Grund zur Begeisterung: "Sie müssen mit ansehen, wie sich die großen Anbieter an den Zukäufen erfreuen, finden aber solche Merger für sich selber eher wenig förderlich." In unsicheren Zeiten sei es daher das Beste, sich auf seine eigenen Stärken zu besinnen. "Rufen Sie sich in Erinnerung, welche Kompetenzen Sie selbst im Unternehmen haben", rät Anderson. Umso besser seien sie dann in der Lage, zu beurteilen, wie, wo, ob und wann die veränderten Service-Angebote zu ihren eigenen Bedürfnissen passten.
Fünf Tipps, wenn Ihr Outsourcing-Provider verkauft wird
1. Behalten Sie die Service-Versprechen und die tatsächliche Qualität im Auge
Jeder Merger hat Konsequenzen für Ihren Service-Vertrag: Ihre bisherigen Ansprechpartner müssen vielleicht den Job wechseln, und das Wissen und die Erfahrung mit den Bedingungen in Ihrem Unternehmen gehen möglicherweise dadurch verloren. Das wiederum kann Probleme für den mit Ihnen vereinbarten Service-Level nach sich ziehen. Da ist es gut, ein Auge auf die vereinbarten Service Level Agreements (SLA) zu haben und bei Nichteinhaltung nicht zu zögern, vereinbarte Strafen zu verhängen. Achten Sie beim Abschluss von Service-Vereinbarungen auch darauf, ein Kündigungsrecht für den Fall zu vereinbaren, dass durch eine Übernahme die Service-Qualität sinkt.
2. Achten Sie darauf, ob sich Ihr Status beim Provider ändert
Vielleicht waren Sie bei Ihrem Provider bisher eine große Nummer; nach der Übernahme kann sich das schnell ändern. Das aber kann dazu führen, dass die Aufmerksamkeit, die man Ihnen entgegenbringt, merklich nachlässt. Das muss sich nicht unbedingt negativ auf die vereinbarten SLAs auswirken, kann aber andere Aspekte der Zusammenarbeit durchaus beeinträchtigen.
3. Denken Sie langfristig
Ein Service-Provider wird nicht direkt nach der Übernahme den Ast absägen, auf dem er mit seiner Vereinbarung mit Ihrem Unternehmen sitzt. Auf längere Sicht ist das aber eine ganz andere Sache. Finden Sie schnellstmöglich heraus, wie wichtig Sie für die Business-Strategie Ihres Providers sind. Wenn das, was Sie ihm zahlen, in seiner Konzernbilanz keine große Rolle mehr spielt, sollten Sie sich nach Alternativen umsehen und verschärft über eine Vertragskündigung nachdenken.
4. Lernen Sie aus Ihrem bestehenden Vertrag
Denken Sie über einen neuen Provider nach, sollten Sie für die Verhandlungen aus dem Vertrag mit dem aktuellen Partner lernen. So könnten Sie zum Beispiel aushandeln, dass Ihnen ein neuer Provider personelle Kontinuität auch im Fall einer Übernahme garantiert. Auch Vertragsstrafen oder Ausstiegsklauseln für den Fall eines schlechteren Services in der Folge einer Übernahme verbessern Ihre Verhandlungsposition.
5. Beobachten Sie genau die Veränderungen nach einer Übernahme
Beschränken Sie Ihre Beobachtungen nach einer Übernahme nicht auf das Offensichtliche. Ob Ihr Account Manager bleibt oder nicht, könnte weniger wichtig sein, als die Antwort etwa auf die Frage, welche Sicherheitsprobleme der Firmenübergang mit sich bringt. Vielleicht ergeben sich durch eine Übernahme auch ganz neue Konkurrenzsituationen, weil ihr Provider nun zu einem Unternehmen gehört, dass mit Ihrem im Wettbewerb steht. Das kann wiederum juristische Auseinandersetzungen nach sich ziehen. Die Beweislast für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit liegt allerdings beim neuen Provider, der Sie davon überzeugen muss zu bleiben.