Mehr Gehalt ist eine Frage der richtigen Einstellung, nämlich zu sich selbst. Davon ist Informatikerin Claudia Kimich arbeitet, fest überzeugt. Die wichtigsten Tipps, wie sie ihren Gehaltswunsch durchsetzen können.
"Ich muss mich bei einem Unternehmen bewerben." Hört Karriere- und Gehaltscoach Claudia Kimich diesen Satz von ihren Schützlingen, schreitet sie ein. Bewerber sollten das Vorstellungsgespräch nicht als Einbahnstraße begreifen, sondern sich vor jedem Gespräch bewusst machen: Auch das Unternehmen bewirbt sich bei einem Kandidaten.
So sollten sie ruhig fragen, was das Unternehmen ihnen zu bieten habe. "Eine sinnvolle Zusammenarbeit ist nur möglich, wenn sich Bewerber und Arbeitgeber schon im Vorstellungsgespräch auf Augenhöhe begegnen", merkt Kimich an.
Gehaltserhöhung: Fordere das Doppelte!
Um Geld verhandeln kann man üben, ist Claudia Kimich überzeugt und empfiehlt darum ein Sicherheitstraining: Kandidaten sollten sich auf mindestens drei Stellen bewerben, bei denen eine Komponente nicht passt, sei es Standort oder Größe des Unternehmens oder auch ein Teil der Aufgabe.
Werden sie zum Vorstellungsgespräch eingeladen, sollten sie das doppelte Gehalt fordern. 40 Prozent ihrer Klienten nehmen den Job an, um nach einigen Jahren wieder zu wechseln. Auch wenn sie die Stelle nicht annehmen, sollten die Bewerber den Verhandlungserfolg für sich nutzen.
Kimich spricht vom Marmeladenglas-Moment: "Das Gefühl vom letzten Verhandlungserfolg oder einem anderen coolen Moment, als Sie sich super gefühlt haben, in ein Glas schrauben und vor dem nächsten Vorstellungsgespräch daran schnuppern. Das fördert das Selbstwertgefühl ungemein."
Alternativen zur Gehaltserhöhung
Alternativen zur Gehaltserhöhung Sicher, über Gehaltserhöhungen freut sich jeder. Aber nicht immer ist eine Gehaltserhöhung sinnvoll:
Kalte Progression Etwa, wenn die kalte Progression zuschlägt und der Arbeitnehmer wegen der erhöhten Abgabenlast nichts mehr vom Zuschlag hat. Doch es gibt jede Menge Möglichkeiten, dem Mitarbeiter Gutes zu tun.
Einmal volltanken Lange waren Tankgutscheine in Mode - doch die Handhabung erwies sich als zu kompliziert. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt. Inzwischen darf der Arbeitgeber seinem Angestellten Sachzuwendungen in Höhe von 50 Euro zukommen lassen - jeden Monat.
Bloß nicht auszahlen! Auszahlen darf das Unternehmen die 50 Euro nicht - sonst wären Steuern fällig.
Selbst kochen statt Essen gehen Besonders praktisch: Essenschecks können auch im Supermarkt eingelöst werden.
Dienstwagen Nach wie vor heißgeliebt: der Dienstwagen. Doch nicht jeder Mitarbeiter ist schon auf einer Gehaltsstufe, die einen Dienstwagen erlaubt - und nicht jeder will einen. Zudem müssen Unternehmen oft mit ihren Mitarbeitern komplizierte Verträge schließen. Wie wäre es stattdessen ...
Dienstrad ... mit einem Dienstrad? Gerade in großen Städten ist das Rad eine umweltfreundliche und schnelle Möglichkeit, zur Arbeit und zurück zu kommen. Vorteil: Die Nutzung des Dienstrads ist privat uneingeschränkt möglich, ohne dass komplizierte Verträge geschlossen werden müssen.
Kleine Geschenke Ein Unternehmen kann über "anlassbezogene Zuwendungen" dem Mitarbeiter etwas schenken.
Leasingverträge für Smartphones Wenn der Arbeitgeber keine Diensthandys zur Verfügung stellt, gibt es zudem die Möglichkeit, dass der Mitarbeiter über das Unternehmen ein Smartphone least. Das gilt natürlich für allerlei Elektrogeräte, etwa ...
Tablets ... iPads und andere Tablet-Computer. Für Wartung und Reparatur ist aber der Mitarbeiter selbst zuständig - und schenken darf die Firma dem Angestellten nach Ablauf des Leasingsvertrags das Gerät auch nicht.
Die Rechnung, bitte! Alternativ kann der Arbeitgeber sich auch an der Telefonrechnung des Mitarbeiters beteiligen.
Prepaid-Kreditkarten Einfach mit 50 Euro jeden Monat aufladen - und der Mitarbeiter kann sie ausgeben, wofür er möchte.
Karte für den ÖPNV Vorsicht: Zahlt der Arbeitgeber einen Zuschuss zur Monatskarte für den ÖPNV, kann er seinem Mitarbeiter die 50 Euro nicht mehr auf die Prepaid-Kreditkarte laden. Doch auch da gibt es Alternativen.
Geburtstags- oder Jubiläumsgeschenke Drei Mal im Jahr kann das Unternehmen so im Wert von 60 Euro ein Geschenk machen.
Fast wie Bargeld Rabatte auf die eigenen Produkte für Mitarbeiter sind bis zu 1.080 Euro im Jahr steuerfrei.
Kantinenessen Gern genommen sind auch Zuschüsse zum Essen. Dabei gibt es viele Möglichkeiten.
Schlauer als vorher Ein Arbeitnehmer kann auch in Weiterbildungen für seine Mitarbeiter investieren und für sie keine Steuern oder Abgaben zahlen, solange klar ist, dass die Weiterbildung direkt für den Job anwendbar ist.
Leere Kita Ein Unternehmen kann außerdem anbieten, dem Mitarbeiter einen Zuschuss zu den Betreuungskosten für die Kinder zu leisten. Er ist ebenfalls steuer- und sozialabgabenfrei und kann das Budget einer Familie entlasten.
Gesundheit! Auch für die Gesundheit des Mitarbeiters kann ein Unternehmen für 600 Euro im Jahr Ausgaben tätigen.
Und was ist im Alter? Alle On-top-Leistungen werden nicht in die Rentenkasse eingezahlt. Experten gehen nicht davon aus, dass der Rentenanspruch dadurch stark beeinflusst wird. Aber eine Rechnung aufstellen, schadet auf keinen Fall.
Gehaltsgespräch: 48 Stunden davor nur positiv denken
"Eine self-fulfilling prophecy funktioniert auch im Positiven", sagt Claudia Kimich und rät darum Bewerbern, zwei Tage vor dem Vorstellungs- oder Gehaltsgespräch nur an Positives zu denken. Sie könnten sich auch gern ausmalen, dass ihnen der Chef zehn Prozent mehr gibt als sie gefordert haben.
Auftreten gegenüber dem Chef
In Vorstellungsgesprächen oder Gehaltsverhandlungen sitzen sich Menschen gegenüber. Bewerber sollten sich dessen bewusst sein und ihr Gegenüber beobachten und einschätzen: Ist er Intro- oder extrovertiert? Ist er an der Sache oder an Menschen orientiert? Dementsprechend sollte Bewerber ihre Argumente verpacken. Von "Sie können sich total auf mich verlassen" bis zu " Mit meiner Leistung können wir groß herauskommen" sind je nach Temperament des Gegenübers viele Möglichkeiten denkbar.
Video: Professionelle Bewerbungsunterlagen - das Anschreiben
Unabhängig vom Temperament des Gegenübers sei es aber wichtig, auf Standardargumente oder den Hinweis auf gestiegene Lebenshaltungskosten zu verzichten. Am effektivsten ist es immer noch, im Gehaltsgespräch auf die eigene Leistung und die Erfolge zu verweisen. "Techniker und Frauen müssen sich erst einmal bewusst werden, was sie leisten", sagt Trainerin Kimich.
"Es hilft, wenn sie zwei Wochen mitschreiben, was sie alles tun und dabei auch Selbstverständliches und Routine-Aufgaben berücksichtigen. Daraus lässt sich dann gut ableiten, was man kann." Mit diesem Wissen im Kopf gelte es, vor dem Chef zu argumentieren, warum man mehr Gehalt haben will. Mit entsprechenden Argumenten ließen sich auch höhere Gehaltssprünge argumentieren, ist Kimich überzeugt.
Füllwörter im Vorstellungsgespräch
Wirklich, sowieso Bestärkende Füllwörter erfüllen ihren Zweck nicht. Die Verstärkung lässt vermuten, dass die Aussage nicht so zutrifft, wie erwünscht.
Hmm, äh, also, nun: Als Einstieg in einen Satz füllen diese Wörter häufig Pausen bis zur Artikulation eines klaren Gedankens. Sie erwecken den Anschein von Unsicherheit, Schwierigkeiten bei der klaren Artikulation oder beim Schnelldenken
Allem Anschein nach, womöglich, irgendwie ... ... halt oder vielleicht sind Konjunktivformen, die als Schutz vor Einwänden dienen: Der Bewerber vermeidet eine klare Aussage oder exaktes Wissen scheint nicht vorhanden zu sein.
Man macht ja mal Fehler. "Man" signalisiert Schwäche, fehlende Verantwortung beziehungsweise das Unvermögen, eine eigene Haltung einzunehmen.
Man ... ... ist das zweite weit verbreitete Unwort in Bewerbungsgesprächen.
Eigentlich bin ich ein guter Teamleiter. Ist er von seinen Qualitäten selbst nicht überzeugt oder will er mit Understatment punkten?
Eigentlich ... ... ist der Klassiker unter den Füllwörtern. "Eigentlich wirkt eingrenzend, subjektivierend, unsicher und schwächt den Wert der Aussage ab
Was Füllwörter über Bewerber verraten Ob Einsteiger oder Manager, beide sollten im Vorstellungsgespräch besser auf Füllwörter oder Phrasen verzichten.
Tipp für Informatiker
"Es ist ein Märchen, daran zu glauben, dass der Chef alles sieht, eine gute Leistung immer erkennt, von sich aus auf denjenigen zugeht und ihm eine Gehaltserhöhung anbietet." Karrierecoach Claudia Kimich hat es oft mit Bewerbern zu tun, die genau das getan und vergebens gewartet haben.
Ihnen legt sie ans Herz, mutig zu sein und sich für Aufgaben, etwa einer Teamleitung ins Gespräch zu bringen, auch wenn man nicht gebeten wurde. Schon im Sprachduktus könnten sich Techniker, aber auch Frauen viel von ihren Kollegen im Vertrieb abschauen. Während letztere sagen "Mein Erfolg ist …", sprechen Techniker lieber in Wir-Form und verweisen auf die gemeinsame Leistung des Teams.
Jobangebot annehmen?
Ob Vorstellungs- oder Gehaltsgespräch, beide sollten am besten auf Augenhöhe geführt werden oder diese zumindestens am Ende der Verhandlung wiederhergestellt werden. "Bekommt man ein inakzeptables Gehaltsangebot, kann man auch das Gespräch beenden und gehen", sagt Kimich."
Haben Bewerber nach dem Vorstellungsgespräch ein Grummeln im Bauch, sollten sie darauf auch hören und das Jobangebot nicht annehmen." In der Regel lassen die Schwierigkeiten im Job nicht lange auf sich warten, wenn schon während des Bewerbungsgespräches große Zweifel aufkamen.
Ob Führungskraft, Freiberufler oder Mitarbeiter, die Münchner Informatikerin Claudia Kimich hat in den vergangenen Jahren viele Klienten in Sachen Eigen-Marketing, Neuorientierung oder Gehaltsverhandlung gecoacht. Ihre Erkenntnisse in Sachen Verhandlungsgeschick hat sie zu einem kompakten Ratgeber gebündelt, der in zweiter Auflage im C.H. Beck-Verlag erschienen ist.
Gehalt: 5 Verhandlungstipps für Frauen
Strategie ist Trumpf Zum einen sollten sich Frauen grundsätzlich darauf einstellen, dass überhaupt verhandelt wird. Zum Zweiten geht es um das Konkrete: wie viel „Puffer“ kalkuliert man ein? Mit welchen Argumenten belegt man die eigene Forderung? Solche Fragen muss man vorbereiten.
Sich selbst eine gute Spielpartnerin sein Wer nicht wirklich von sich selbst überzeugt ist, könnte über den „innerlichen Kritiker“ stolpern. Eine typisch weibliche Schwäche. Frauen sollten sich bewusst machen, was sie schon geschafft haben. Sie können zum Beispiel Zeugnisse oder Auszeichnungen über ihrem Schreibtisch aufhängen oder sich die Mails mit den anerkennenden Worten ihrer Kunden durchlesen.
Cool und professionell bleiben Es geht nicht um ein undurchsichtiges Pokerface. Wohl aber um sachliche Distanz. Will das Gegenüber Forderungen herunterhandeln, dann ist das bitte nicht als persönlicher Angriff zu verstehen. Der Verhandlungspartner versucht eben, für sich oder sein Unternehmen einen guten Preis herauszuholen.
Pulver nicht zu schnell verschießen Frauen neigen zu der Haltung: Bevor wir hier noch ewig herum verhandeln, gebe ich eben nach – sonst geht ja nie was vorwärts. Sie müssen verstehen, dass die Verhandlung Teil ihrer Arbeit oder ihres Auftrags ist und kein lästiges Beiwerk.
Die Verhandlung spielerisch sehen Eine spielerische Haltung kann nicht schaden. Frauen können sich die Argumente als Karten vorstellen. Wer wird welchen Spielzug ausführen? Hier gilt das Motto: "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!"
Sandra Schubert Sandra Schubert versteht sich als Expertin für Verkauf und positive Psychologie. Sie engagiert sich außerdem als Mentorin für ein MINT-Programm an der Fachhochschule Rosenheim (Hochschule für angewandte Wissenschaften). Ihre Beobachtung: "Die jungen Frauen brauchen keine Schutzzäune mehr!"
Tanja Peters Tanja Peters ist Verhandlungsexpertin, systemische Beraterin und Trainerin. Weil Erfolg nicht nur Kopfsache ist, biete sie auch MUTMuskeltraining an.