IT-Outsourcing beginnt mit Anforderungen sammeln, maximale Service-Kosten festlegen, Prozessregeln aufsetzen sowie Vertragsbedingungen und Verhandlungsfristen bestimmen.
Ist alles das erledigt, trudeln die Angebote der Dienstleister ein und es kann kaum noch etwas schiefgehen. Oder etwa doch? Fallstricke gibt es immer jede Menge, wie unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com herausarbeitet. Oftmals sind es gerade die vermeintlichen Bonbons, die sich in Wahrheit als gut verpackte Zeitbomben herausstellten. Neun Warnsignale beim Durchforsten der Angebote listet Autorin Stephanie Overby in ihrem Artikel auf.
1. Hohe Abschläge: Vorsicht sei geboten, wenn ein Preisangebot mehr als zehn Prozent unterhalb der gesamten Konkurrenz liege. „Wettbewerber wissen ungefähr, was die anderen verlangen“, sagt Mark Ruckman, Berater bei Sanda Partners. Ein Anbieter, der mit Dumping-Preisen arbeite, täusche sich möglicherweise in seiner Kalkulation.
2. Gainsharing-Angebote: Auch angebotenes Teilen von Gewinnen durch Innovation oder Optimierung sind oft nicht so attraktiv, wie es zunächst scheint. Häufig sind solche Modelle als mechanische Preissenkungen für den Kunden angelegt, die den Dienstleister zur Innovation zwingt. Allerdings kann dadurch die Beziehung soweit vergiftet werden, dass die Realisierung höherer Margen schlicht misslingt. Die Vereinbarungen seien zudem oftmals zu vage gehalten, kritisiert Esteban Herrera, COO des Analystenhauses HfS Research.
„Aber sogar wenn sie spezifisch gehalten sind, können sie die Beziehung belasten“, so Herrera weiter. Etwa dann, wenn sich die Partner über die Höhe der realen Investitionen und Erträge uneins seien. Berater Steve Martin von Pace Harmon empfiehlt deshalb, die Umsetzung von Optimierungen vertraglich zu fixieren, anstatt sich auf Margen-Ansprüche einzulassen.
3. Penalty Earnback-Provisionen: Klingt in der Theorie wiederum super. Verpasst der Dienstleister in den Service Level Agreements (SLAs) vereinbarte Ziele, zahlt er Strafe an den Kunden. Der zahlt diese aber zurück, sobald sich die Performance wieder verbessert hat.
Reisekosten, SLA und permanente Verbesserungen
Das Problem in der Praxis ist allerdings, dass diese „Earnbacks“ die ursprünglich gezahlten Summen oftmals auffressen. „Die Existenz von Service Credit-Earnbacks kann die Gutschriften komplett zunichtemachen – vor allem dann, wenn sie zu leicht erreichbar sind“, warnt Betty Breukelman vom Beratungshaus Everest Group.
4. Zu viel Übereinstimmung: Harmonie ist gut. Aber wenn ein Bewerber keinerlei Einwände gegen die eigenen Anforderungen äußert oder nicht in die Details der SLAs eintauchen möchte, ist das laut Analyst Herrera ein echtes Warnzeichen. „Ein Anbieter, der zu allem Ja und Amen sagt, weiß für gewöhnlich nicht was er tut – oder es kümmert ihn nicht wirklich“, so Herrera. Irgendeine Form von Klärungsbedarf sollte es in jedem Fall geben.
5. Reisekosten: Die Übergangsphase eines Outsourcing-Deals ist oftmals teuer. Zumeist führt es da zu Problemen, wenn der Dienstleister die anfallenden Reisekosten nicht als eigene Kosten ausweist, sondern als durchlaufenden Posten verbucht. Das könne zur Quelle von Zerrüttung werden und schwer steuerbare Prozesse in Gang setzen, warnt Marc Stark von KPMG Shared Services and Outsourcing Advisory.
6. Permanente Verbesserungen: Ständige Verbesserungen der Service Levels können eine gute Sache sein – aber nur dann, wenn sie sich für den Kunden auch wirklich lohnen. Die von CIO.com befragten Experten warnen indes davor, dass mit immer höheren SLAs die Kostenspirale in Gang gesetzt wird, obwohl der Anwender diese Verbesserungen überhaupt nicht braucht. Ebenso problematisch sind Bonuszahlungen für den Fall, dass SLA-Ziele übertroffen werden. Denn Performance-Optimierung lässt nicht unbedingt mit Mehrwert in Form gesteigerter Erträge auf Kundenseite gleichsetzen. Eine gesündere Basis ist es, wenn Spitzenleistungen im SLA-Bereich lediglich als Grundlage für eine Vertragsverlängerung dienen.
7. Fristüberschreitungen: Mit Vorsicht zu genießen sind verspätete Angebote. Dienstleister, die schon in der Anbandelphase Fristen nicht einhalten oder ihre Ressourcen nicht organisiert haben, hätten vermutlich gravierendere Probleme, meint Analyst Ruckman.
Teures Personal kaum kontrollierbar
8. Reziproke Billing-Rechte: Dienstleistern ist nachvollziehbarerweise daran gelegen, selbst ein möglichst weites Zeitfenster für das Ausstellen von Rechnung zu haben und zugleich die Widerspruchsfrist der Kunden so weit wie möglich zu beschränken. Das mündet oftmals in reziproke Rechte: Der Anbieter hat beispielsweise 120 Tage Zeit, bis er eine Leistung in Rechnung stellen muss; dem Kunden bleiben ebenfalls 120 Tage zum Widerspruch.
Analyst Martin warnt allerdings, dass das in Wahrheit keineswegs ein reziprokes Verhältnis sei. Der Dienstleister sollte dazu verpflichtet werden, so schnell wie möglich – idealerweise 30 Tage nach erbrachter Leistung – Rechnungen auszustellen; auf Kundenseite sei hingegen eine sehr viel längere Frist zur Überprüfung und zu begründetem Widerspruch angemessen – nämlich zwei Jahre und mehr.
9. Premium Staffing: Zur Kostenfalle können sich auch die eingekauften Skills entwickeln. So falle es Kunden in der Regel schwer, ein überqualifiziertes und deshalb zu teures Teams zu erkennen, so die Everest Group. Vorsicht also vor hochpreisigen Personalressourcen.