Dank der vielen Geräte mit Amazon Alexa, Google Assistant und Siri befinden sich intelligente Sprachassistenten nicht nur zahlenmäßig auf dem Vormarsch, mit zunehmender technologischer Reife der Künstlichen Intelligenz steigt auch die Akzeptanz bei den Nutzern. So stellte auch der Versicherungskonzern ERGO fest, dass die Bereitschaft seiner Kunden hoch ist, diverse Anwendungsfälle im Versicherungskontext per Sprachassistent abzuwickeln. Dazu zählt etwa die Meldung eines Schadens, das Erfragen eines Bearbeitungsstands oder die Terminvereinbarung mit einem Berater.
Während digitale Assistenten von vielen Kunden als zusätzlicher Service - etwa zum Umgehen von Warteschleifen - geschätzt werden, liegt der große Vorteil für den Betreiber darin, dass die Technologie auch in Kommunikationskanälen mit hoher Auslastung eingesetzt werden kann, etwa am Telefon oder im Chat des Kundenservice. Außerdem muss ein digitaler Assistent nur einmal trainiert werden und kann dann über mehrere Kommunikationskanäle und unterschiedliche Gesellschaften hinweg eine konsistente Qualität liefern. Gleichzeitig kann ein Unternehmen seinem Assistenten auch eine eigene Markenpersönlichkeit "antrainieren".
"Beam me up, Scotty"
ERGO hat dieses Potenzial früh erkannt. Bereits Anfang 2017 begann der Teilnehmer und Finalist des diesjährigen DIGITAL LEADER AWARD - dem deutschen Award für Digital Leadership - mit der Entwicklung eines eigenen Chatbots zur Automatisierung hochfrequentierter Kundenservices auf der Website. Im selben Jahr folgte die Erweiterung um eine erste Anwendung für Amazon Alexa.
Aufgrund der positiven Erfahrungen mit dem Chatbot und angesichts des Trends zur Sprachassistenz starteten die Düsseldorfer dann Ende 2017 ein umfassendes, exploratives Projekt namens "Scotty". Dabei wurde das Scotty-Team in einem Startup-ähnlichen Setup aus den Konzernprozessen herausgelöst, um möglichst agil und eigenständig handeln zu können. Mit dem Resultat, dass innerhalb der ersten sechs Monate zehn Sprachassistenten für unterschiedliche Versicherungssparten entwickelt wurden. Außerdem brachte ERGO mit der ERGO Reiseversicherung sogar die erste, rein per Sprache abschließbare Versicherung in Deutschland auf den Markt.
Skalierung über eine Conversational AI Platform
Aufgrund dieser Erfolge überführte ERGO das Projekt Scotty in eine eigenständige Organisationseinheit: Gemeinsam mit dem Startup Future of Voice als strategischen Partner wurde ein cross-funktionales Team aus Entwicklern, Voice-UX-Designern und Machine-Learning-Experten geschaffen. Dieses hat die Aufgabe, eine Plattform für die schnellere und skalierbare Entwicklung von mehrkanalfähigen Sprachassistenten aufzubauen.
Die Plattform soll es dem Versicherungskonzern unter anderem ermöglichen, den intern wachsenden Bedarf an digitalen Assistenten in unterschiedlichen Kanälen zu decken. Zusätzlich will ERGO auch die Möglichkeit schaffen, sie als Software-as-a-Service-Variante anderen Versicherungsunternehmen zur Verfügung zu stellen.
Iteratives Vorgehen
Vision von ERGO ist die Transformation von einem Versicherungsunternehmen, das Prozesse digitalisiert und Chatbots anbietet, hin zu einem echten Tech-Anbieter, der seine Fähigkeiten und Technologien via SaaS auch anderen Gesellschaften anbieten kann.
In dem aktuell laufenden Transformationsprozess arbeitet sich das Team Schritt für Schritt vor und lernt dabei fleißig dazu. Das iterative Vorgehen soll dabei ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an die sich rasant entwickelnde Technologie ermöglichen, sodass die Plattform stets am Puls des technologisch machbaren ist.
Apropos Plattform: Wie ERGO erklärt, basiert diese technisch auf einem Cloud-Ökosystem unterschiedlicher Technologie-Anbieter und Partner, die alle aktiv die Entwicklung von Sprachassistenten mitgestalten. Dabei werden die Cloud-Technologien verschiedener Anbieter für ein optimales Ergebnis orchestriert. Unterschiedliche Chat-, Telefonie- und Smart-Speaker-Anbieter ermöglichen dabei eine Anbindung der jeweiligen Kommunikationskanäle an die Sprachtechnologien von Google (Dialogflow, TTS, STT).
Über diese Technologien ermöglicht Google mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz eine automatisierte Spracherkennung (Automatic Speech Recognition - ASR) sowie ein Sprachverständnis (Natural Language Understanding - NLU) des Kundendialogs. Das so interpretierte Verständnis wird an das Dialog-Management-System "Parloa" von Future of Voice übermittelt, auf das die digitalen Assistenten für den Umgang mit Kundengesprächen trainiert werden. So wird die Markenpersönlichkeit des Bots gestaltet, sowie eine konkrete Businesslogik für den Umgang mit Kundenanfragen implementiert.
Kontinuierliche Enwicklung neuer Use-Cases
Für den Content der Plattform erarbeitet ein Team aus Voice-Experten und Software-Entwicklern gemeinsam mit den jeweiligen Fachbereichen bei ERGO kontinuierlich neue Use Cases. Beispiele dafür sind etwa die Meldung eines Hagelschadens über einen smarten Assistenten am Telefon oder die Abfrage zum Leistungsstand bei einer Krankenversicherung.
Und auch zu Beginn der Coronakrise war das Know-how natürlich gefragt. "Wegen unserer Erfahrungen wurden wir von der Stadt Düsseldorf angefragt, sie bei ihrer Corona-Hotline zu unterstützen", berichtet Gregor Wiest, Leiter Innovation & Digital Transformation bei Ergo: "Mit unserem Know-how haben wir einen vorweggeschalteten Phone-Bot implementiert, um so die Hotline nach Themengebieten zu strukturieren und zu entlasten. Die Verbesserungen wurden binnen einer Woche erfolgreich umgesetzt."