Storage-Markt

Alles glänzend

05.03.2006 von Riem Sarsam
Der Speichermarkt wächst. Vom Bedarf an mehr Kapazitäten profitieren nahezu alle Anbieter. Gefragt ist nicht mehr die bloße Technik. Die Kunden brauchen Lösungen für ihre Speicherprobleme.

Aus fünf mach zwei, hieß es bei EnBW, dem viertgrößten Energieversorger Deutschlands. Die Fusionen der vergangenen Jahre mit den Firmen Badenwerk, Energieversorgung Schwaben und Neckarwerke Stuttgart hatten die Aufräumarbeiten nötig gemacht. Von damals fünf Rechenzentren sollten nur noch zwei weitergeführt werden. Diese stehen in Karlsruhe, wo Frank-Michael Werner mit zwölf Mitarbeitern zuständig ist für das Betreiben der Unix-Server und Storage-Landschaft von EnBW.

Derzeit verwalten sie ein Speichervolumen von rund 120 Terabyte. Noch. Bei den mehr als 19000 Mitarbeitern von EnBW sammeln sich Tag für Tag neue Daten. „Da herrscht ein ungebremstes Wachstum“, sagt Werner. Bislang haben sich allein an Office- Files mehr als 15 Terabyte angesammelt, der übrige Speicherbedarf wird vor allem von den großen SAP-Datenbanken benötigt. Dort liegen unter anderem die Hundertausende von Stromrechnungen, die der Konzern vorhalten muss.

Alle 18 Monate, so eine Faustformel von IDC, verdoppelt sich der Bedarf an Speicherkapazitäten. Nicht nur die reine Datenflut ist dafür verantwortlich. Auch neue Anwendungen werden immer speicherhungriger. Regulierungen zu Transparenz, Sicherheit oder Archivierung tun ihr Übriges (siehe Grafik rechts ). Dabei wollen die Kunden zwar ihre Kapazitäten erhöhen, aber das Budget nicht weiter belasten. Die Hersteller reagieren mit durchaus unterschiedlichen Angeboten: Immer mehr Intelligenz verlagert sich in die Speichersysteme, Netztechniken setzen sich weiter durch, und die Funktionen der Software für die Verwaltung oder Virtualisierung von Speicher werden stetig erweitert. Manche Techniken etwa zum Storage-Management haben sich längst etabliert, andere wie Virtualisierung oder iSCSI werden in der breiten Anwendung noch auf sich warten lassen (siehe auch Kommentar auf Seite 56 "Eine Chance für iSCSI" ).

Vielen ehemaligen Boxenschiebern ist klar, dass Technik alleine nicht ausreicht. „Die Kunden wollen keine Hardware kaufen, sie brauchen Unterstützung, ihre Umgebungen zu vereinfachen“, sagt Michael Väth, Europa-Chef von Hitachi Data Systems. Der japanischstämmige Konzern, der rund 2,5 Milliarden Dollar mit Speicherlösungen (ohne Festplattengeschäft) erzielt, wird daher seine Belegschaft weiter aufstocken und auf eine Verstärkung von Branchenkompetenz, Prozess-Know-how und Beratung setzen.

Unangefochtener Marktführer im gesamten Speichersegment ist nach wie vor EMC mit einem Anteil am weltweiten Markt von rund 23 Prozent, im Bereich Software sind es sogar rund 30 Prozent. Eine Stagnation im Bereich der Highend-Systeme kann EMC durch das wachsende Geschäft mit Mittelklassesysteme und Storage-Software ausgleichen. Durch die Übernahme von Documentum verdient der Konzern sein Geld auch im angrenzenden Segment Enterprise Content Management (ECM). Mit dem Resultat, dass die Company im vierten Quartal 2005 allein mit Softwarelizenzen und Wartungseinnahmen ein Plus von 16 Prozent hinlegte und mehr als eine Milliarde Dollar umsetzte.

Auch HP legte zu, wenngleich die Wachstumsraten für das Ende Oktober abgeschlossene Geschäftsjahr nicht ganz so beeindruckend sind.Absolute Zahlen veröffentlicht HP nicht; es wurde lediglich mitgeteilt, dass der Umsatz mit Speicherprodukten um fünf Prozent zulegte. Zurückzuführen sei dies unter anderem auf die Midrange-Produkte der Enterprise-Virtual-Array (EVA)-Serie.

Dank neuer Produkten und Technologien gewann IBM ebenfalls an Schwung. In den „DS8000“, dem Nachfolger des „Shark“, floss das Know-how aus der Prozessor- und Servertechnologie des Konzerns. Mit der Fähigkeit, künftig auch Speicher zu partitionieren, reagierte Big Blue auf die Bedürfnisse der Kunden, die künftig immer mehr darauf angewiesen sind, über logisch trennbaren Speicher verfügen zu können.

Nach wie vor bedienen Branchenriesen wie EMC, HP oder IBM den Wunsch der Konzerne, alles aus einer Hand zu bekommen, am ehesten. Allein im Segment der externen Festplattenspeicher vereinen sie rund die Hälfte des europaweiten Geschäftes auf sich.

Dennoch: In Stein gemeißelt sind diese Marktverhältnisse keineswegs. Je komplexer es für die Kunden wird, desto breiter müssen die Angebote gefächert werden. „Auch die großen Anbieter müssen immer mehr Partnerschaften eingehen“, beobachtet Wolfram Funk, Senior Advisor ICT-Service von Experton. HP und Sun nutzen im Highend-Bereich die Technologie von Hitachi Data Systems (HDS), IBM arbeitet in puncto Netzspeicher mit NetApp zusammen. und Dell verkauft EMCs Clariion unter dem Namen Dell/EMC. Auch HDS holte dank neuer Produkte im vergangenen Jahr kräftig auf, jagte vor allem EMC Marktanteile ab und setzte sich Ende des Jahres an die Spitze des Segments Highend-RAID-Speicher. Gleichzeitig legten Dell und Network Appliance weiter zu.

Software und Service sind gefragt

Mit der Strategie, mehr Dienstleistung und Software an die Kunden zu verkaufen, trifft Network Appliance (Net-App) den Nerv der Kunden. Im Geschäft mit Speichersoftware gelang dem Unternehmen im dritten Quartal ein Wachstum von mehr als 40 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Keiner der anderen Big Player kam auch nur annähernd an diese Steigerung heran: Nummer zwei in puncto Wachstum war IBM mit einem Plus von 12,5 Prozent.

Das 1992 gestartete Unternehmen brauchte einen langen Atem für diese Entwicklung. Sukzessive konnte Net-App die Kunden überzeugen. Viele starteten die Zusammenarbeit zunächst in Teilbereichen und kaufen nun immer mehr dazu. Beispiel EnBW: Der Energieversorger begann 1999 mit dem Einsatz erster Produkte von NetApp. Mittlerweile hat sich die Palette Stück für Stück erweitert. Heute laufen die Produkte in Karlsruhe im Umfeld der Office Files, im Nearstore Bereich zur Datensicherung und -spiegelung sowie als SAN-Storage für die Oracle- und SAP-Datenbanken.