Platz 4 Großunternehmen - Patrick Naef, Emirates Group

Aus der Wüste in die Welt

24.11.2011 von Kolja Kröger
Einsparungen in Millionenhöhe hat CIO Patrick Naef seinem Arbeitgeber Emirates mit dem Finanzprojekt N-ASA beschert.
Patrick Naef, CIO der Emirates Group.
Foto: Emirates

Über der Wüste leuchten die Sterne. Es ist still hier, gar nicht weit vom geschäftigen Dubai. Das Lagerfeuer brennt und auf dem Grill brutzelt das Fleisch. In diesen Momenten atmet der Mann tief kurz durch, der von Dubai aus für die Airline Emirates ständig Grenzen überwinden muss. Geographische, kulturelle und vor allem technische.

Der Schweizer Patrick Naef, 46, hat in seinen bald 6 Jahren als CIO bei Emirates miterlebt, wie sich das Unternehmen in seiner Größe verdoppelt hat. Zwei neue Flieger, darunter viele der Riesenvögel A 380, stoßen im Schnitt jeden Monat neu zur Flotte. Jüngst hat die Airline wieder neue Destinationen ausgerufen, die sie ab 2012 anfliegt. Darunter Rio, Harare, Seattle und St. Petersburg , Baghdad, Buenos Aires, Dublin, Seattle, Dallas und Lusaka.

"Das schaffen wir nur, wenn wir unsere IT-Systeme standardisieren und skalierbarer werden", sagt Naef , der ein Budget von 1,5 Prozent des Umsatzes verantwortet. Damit die Flieger zu immer neuen Ufern aufbrechen können, lösten Naef und seine rund 2200 Mitarbeiter Architektur-Barrieren auf und führten die Systeme unter einem Dach zusammen, einer SOA namens Open Travel Platform. Sie basiert komplett auf Open Source Technologien wie etwa mySQL, JBoss von Red Hat. "Vor vier Jahren haben wir uns auf eine serviceorientierte Architektur eingeschworen", erzählt er.

Standards, Strategie und IT Governance

"Wir hatten ein völliges Sammelsurium von Systemen, als ich 2006 hier anfing. Es gab keine Standards, keine Strategie, keine IT Governance." Die Situation heute: 16 Großprojekte integriert die missionskritische Open Travel Platform, darunter die Online-Buchungsplattform emirates.com , das Front-Office System des konzerninternen Reiseanbieters dnata und diverse E-Commerce-Applikationen. Die neue Architektur ist agiler, viel weniger komplex und deutlich effizienter, weil die Bausteine wieder verwendbar sind. Die Emirates Group spart dadurch jährlich Millionen, wofür sie von Red Hat den JBoss Innovation Award erhielt.

Eindruck bei unserer Jury schindete Naef vor allem mit seinem Finanzprojekt N-ASA, das dem Business schon in diesem Geschäftsjahr voraussichtlich mit 1,7 Millionen Euro mehr einspart als zuerst gedacht. "Das Projekt war auch deswegen so erfolgreich, weil unser Finanzchef es zu seinem Steckenpferd gemacht hat", sagt Naef. Während der CIO die Komplexität seiner IT reduzieren wollte, war CFO Michael Dörsam , Senior Vice President Finance, auf standardisierte Geschäftsprozesse aus. Vorher kochten weltweit 75 Niederlassungen mit ihren eigenen, teils 15 Jahre alten Systemen - die nicht einmal die Verarbeitung mehrerer Währungen erlaubten.

Die Zentrale in Dubai hingegen arbeitete mit Oracle Financials und konnte nicht ohne Weiteres auf die Daten der Außenposten zugreifen. Seit Februar 2011 läuft nun N-ASA einheitlich im gesamten Emirates-Netzwerk. Ein einzelnes Analyse-Tool kann auf alle Daten weltweit zugreifen und das Dokumenten-Management-System dampft die verfrachteten Papierberge ein.

Ein internationales Team

Aus rund 30 Nationen kommen die Leute aus Naefs Mannschaft. Kulturelle Unterschiede zu überbrücken ist der CIO seit seiner Kindheit gewöhnt. "Ich fühle mich als Weltenbürger", sagt Naef, der in Griechenland geboren ist und in der Schweiz und Dakar aufwuchs. Er weiß: "Man braucht viel Tolerenz, ein Verständnis für andere Wertesysteme. Man sollte nicht sofort Schlüsse ziehen, sondern zuerst über den kulturellen Hintergrund nachdenken."

Vor allem aus Indien kommen die Kollegen - darunter einige begeisterte Entwickler, die sogar in ihrer Freizeit nachts Apps für den hauseigenen App Store schreiben. Naef besorgte ihnen Rechner und die nötigen Entwicklungswerkzeuge. "Es ist ein Riesen-Erfolg", schwärmt er. "Die Leute haben einen Riesen-Spaß und es wird rege angenommen." Rund 70 Mitglieder hat die freiwillige Community bereits. Ihr jüngster Erfolg Mitte Oktober: In nur zwei Tagen luden sich 750 Emirates-Kollegen eine App für iPhone und Blackberry, mit der Mitarbeiter Standby-Tickets für private Flüge buchen können. Flüge, mit denen sie ihre ganz persönlichen Grenzen erweitern.

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