Die Deutsche Bahn hat wegen "einer starken Zunahme betrügerischer Aktivitäten" die Online-Buchung von Sparpreis-Tickets mit bestimmten Zahlungsmitteln eingeschränkt. "Wir haben diese Maßnahme zum Schutz unserer Kunden ergriffen und bitten dafür um Verständnis", sagte ein Bahn-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass unsere Services so schnell wie möglich wieder wie gewohnt zur Verfügung stehen werden." Einen Zeitrahmen nannte das Unternehmen nicht.
Derzeit können Bahnkunden Sparpreis-Tickets nicht per Lastschrift bezahlen, wenn sie auf bahn.de und im DB Navigator buchen. Nur die Sofortüberweisung und die Kreditkartenzahlung sind für diese Fahrkarten online möglich. Das betreffe fünf Prozent aller Fahrkarten, hieß es. Die Kunden sollten "schnellstmöglich" eine weitere sichere Zahlungsmöglichkeit erhalten. Betrüger hatten mit gehackten E-Mail-Daten Storno-Gutscheine ergaunert, um diese zu Geld zu machen. Die Bahn will den betroffenen Kunden den Schaden ersetzen. Super-Sparpreise und Flexpreise sind nicht betroffen.
Bereits im November hatte die Bahn die Summe gesenkt, die per Lastschrift abgebucht werden kann. Sparpreis-Tickets mit einem Wert von mehr als 150 Euro konnten nur mit Sofortüberweisung oder Kreditkarte unter Abfrage des 3D-Secure-Passwortes bezahlt werden. Im Moment sind überhaupt keine Zahlungen per Lastschrift mehr für Sparpreis-Tickets möglich, die storniert werden können.
Geld mit Stornogutscheinen ergaunert
Die Betrügereien sind nicht wegen der Zahlungsart Lastschrift möglich geworden, sondern wegen des von der Bahn geänderten Rückzahlungsmodus bei stornierten Tickets. Bis Ende Juli fielen bei der Stornierung eines Sparpreis-Tickets 19 Euro Bearbeitungsgebühr an. Der Rest wurde zurückgezahlt - auf dem gleichen Wege, auf dem der Kunde gezahlt hatte. Den Restbetrag bekam man bei der Lastschrift also wieder auf sein Girokonto.
Seit dem 1. August fallen nur noch 10 Euro Bearbeitungsgebühr an, der Restbetrag wird allerdings als Stornogutschein ausgegeben, der für einen erneuten Ticketkauf verwendet werden kann. Der Stornogutschein ist ein siebenstelliger Code, der drei Jahre gültig ist und in Reisezentren und DB-Agenturen, am Automaten oder auf bahn.de eingelöst werden kann.
An diesem Punkt setzten die Betrüger an, so die ermittelnde Bundespolizei. "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird davon ausgegangen, dass bislang nicht identifizierte Täter über einen bisher unbekannten Kanal an Kreditkartendaten und/oder Kontodaten gelangen." Diese Daten hätten die Betrüger dann verwendet, um Onlinetickets im Sparpreissegment zu kaufen. "Bei den derzeit hier bekannten Fällen handelt es sich auch um hochpreisige Buchungen im Wert von bis zu 2.500 Euro je Fahrtstrecke", so die Bundespolizei in Potsdam auf Anfrage der dpa.
Ausgetrickst
Die Masche der Betrüger: Die ergaunerten Online-Tickets stornierten sie postwendend und ließen sich die Storno-Gutscheine per E-Mail schicken. "Nach derzeitigem Sachstand werden die Gutscheine im Anschluss zum Kauf angeboten und weiterveräußert", so die Bundespolizei. Um die Herkunft der Gutscheine zu verschleiern, kauften die Täter mit diesen teilweise auch neue Bahn-Tickets, stornierten diese erneut, um einen anderen Gutschein-Code über den Restwert zu erhalten.
Nach Angaben eines Bahn-Sprechers basieren die Betrugsfälle auf sogenannten Phishing-E-Mails. Offenbar hatten sich die Täter Zugang verschafft zu Mail-Accounts, über die "Passwort vergessen"-Option auf bahn.de sich an diese Mailadressen neue Passworte schicken lassen und so das Login von bestehenden Kunden übernommen. Bahn.de- oder DB-Navigator-Konten seien nicht gehackt worden, betonte die Bahn.
Um wie viele Betrugsfälle es geht, ist offen. Inzwischen habe die Bahn die Betrügereien "massiv" eindämmen können und ergaunerte Gutscheine gesperrt. Der Konzern will aber daran festhalten, den Restwert stornierter Sparpreis-Fahrkarten in Form von Reisegutscheinen zu erstatten, anstatt das Geld zurückzuüberweisen. Im Gegenzug zu dieser Umstellung sei die Stornogebühr gesenkt worden, was viele Kunden gewünscht hätten.
Auch in anderen Branchen wie dem Einzelhandel gibt es immer wieder Anbieter, die bei der Rückgabe Gutscheine ausgeben. Für die Unternehmen hat das den Vorteil, dass das Geld der Kunden trotz Storno in der Kasse bleibt - sogar ohne Gegenleistung, wenn der Kunde den Gutschein nicht einlöst. (dpa/rs)