Die zentrale Herausforderung an CIOs ist es, zwei zunehmend kritischeren Anforderungen nachzukommen: die Leistungsfähigkeit der IT-Unterstützung für die Geschäftsprozesse zu steigern und die IT-Kosten zu senken. Outsourcing ist dabei oft eine attraktive Option. Die hohe Anzahl nicht zufrieden stellender Outsourcing-Projekte zeigt jedoch, wie schwer dies zu bewerkstelligen ist.
Die Heidelberger Druckmaschinen AG hingegen hat demonstriert, wie Outsourcing-Projekte erfolgreich vorbereitet und durchgeführt werden können. Der wesentliche Erfolgsfaktor war eine konsequent service-orientierte Herangehensweise. Bereits im Vorfeld der Auslagerung wurde unternehmensintern ein hoher Grad an Service-Professionalität etabliert. Diese war die solide Basis für die Anbahnung und die langfristige Entwicklung wirkungsvoller Outsourcing-Partnerschaften. So konnten in den vergangenen vier Jahren die IT-Kosten um jeweils rund 20 Prozent gesenkt werden. Gleichzeitig erhöhte sich die Qualität der erbrachten IT-Services signifikant. Die wichtigsten Voraussetzungen waren:
- ein unternehmensweit geteiltes Verständnis von Service-Professionalität,
- eine gute unternehmensinterne Vorbereitung,
- die Auswahl eines passenden Outsourcing-Partners sowie
- die professionelle Steuerung der Service-Beziehung.
Was aber bedeutet nun der Begriff Service-Professionalität konkret? Zuerst muss im Unternehmen (an)erkannt werden, dass IT-Abteilungen Dienstleistungen erbringen. Der Zugriff auf das E-Mail-System, die Behebung von Virus-Attacken oder die Ausführung einer Ad-hoc-Controlling-Auswertung sind keine Produkte mit standardisierten Eigenschaften (Commodities). Solche von den IT-Shops erbrachten Dienstleistungen können sich hinsichtlich der Leistungsinhalte sowie der Art und Weise der Leistungserbringung deutlich voneinander unterscheiden.
Bei der Bewertung von Dienstleistungen spielen daher zwei Komponenten eine Rolle: Einerseits die formale Beschreibung, die typischerweise als Service Level Agreement (SLA) formuliert wird (Leistungsumfang, Kosten, Verfügbarkeit, etc.). Andererseits die gelebte Service-Orientierung, die der Dienstleister bei der Leis-tungserbringung demonstriert. Services zu definieren und sich "redlich zu bemühen" ist nicht letztlich ausreichend, um entsprechende Partnerschaften erfolgreich zu gestalten. Besondere Bedeutung kommt deshalb der Professionalität aller Beteiligten zu, die sich durch einige Komponenten auch relativ detailliert beschreiben lässt.
Dabei handelt es sich zum einen um Kompetenz, ein Kriterium, das die Kenntnis über das eigene Können und die eigenen Defizite bezeichnet. Wichtig ist ferner die Transparenz aller Prozesse, eine Anforderung, die sich vor allem auf die von Vertrauen getragene, offene Kommunikation über alle relevanten Fakten bezieht. Dann geht es um Zuverlässigkeit, die sich am Grad der Erfüllung von zugesagten Leistungen bemessen sollte. Darüber hinaus sollte sich in der zeitnahen Reaktion auf Veränderungen in der Service-Beziehung ein hohes Maß an Flexibilität zeigen. Und last, but not least muss sich Innovation durch die Art und Weise definieren, in der die Partner proaktiv auf der Basis technologischer Fortschritte das Niveau ihrer Beziehung und damit der Servicequalität ständig verbessern.
Um eine professionelle Dienstleistungsbeziehung zu einem Outsourcing-Partner aufbauen zu können, müssen jedoch auch im auslagernden Unternehmen Vorarbeiten geleistet werden. Die Heidelberger Druckmaschinen AG hat dazu im Jahr 2000 ihre globale IT-Strategie definiert. Diese war die Konsequenz aus der seinerzeit vorgenommenen strategischen Neupositionierung des Konzern als globaler Lösungsanbieter für den Bogenoffset-Druck. Ausgangspunkt aller Überlegengen war eine heterogene, standortbezogene IT-Landschaft mit ständig steigenden Kosten. Durch eine globale IT-Stategie konnten nun Nutzenpotenziale in großem Maße ausgeschöpft und die Kosten nachhaltig gesenkt werden.
Dabei gab es einige wesentliche Gestaltungskriterien. Zum einen zeichnete sich die Vorgehensweise durch eine kompromisslose Fokussierung aus. Man hat sich auf IT-Services mit tatsächlicher Relevanz für die Geschäftsprozesse und die Produkte beschränkt. Gleichzeitig sind globale und leicht integrierbare IT-Standards definiert worden. Hinzu kam eine klare Strukturierung durch die Schaffung eindeutiger organisatorischer Verantwortlichkeiten. Mit einem hohen Grad an Flexibillisierung wurde eine leichte Anpassbarkeit der IT-Services an etwaige Änderungen im Geschäftsumfeld erreicht. Und durch "Spielräume" im Budget beziehungsweise der Einplanung von Kapazitäten für innovative Projektarbeit gelang es, den nötige Innovationsprozess institutionell zu verankern.
Um diese IT-Strategie nun umzusetzen und operativ die gewünschte Service-Professionalität zu erreichen, wurden zuerst die Kernaufgaben der IT analysiert und restrukturiert. Dazu gehörten unter anderem umfassende IT-Assessments, die von neutralen Beratern durchgeführt wurden. Sie gaben Aufschluss über das Leistungsniveau der bestehenden Systeme, Prozesse, Projekte und Human Resources sowie über deren Kostenstrukturen. Auf Basis dieser unternehmensweiten Faktenbasis wurden Standardisierungsprojekte abgeleitet, um die erkannten IT-Probleme zu lösen und globale IT-Services zu etablieren. Zudem bildete das IT-Assessment die Grundlage für die Einführung eines IT-Controllings, das dem Management-Team umfassende Einblicke in die Leistungsfähigkeit der IT-Abteilung gewährt. Weiterer entscheidender Punkt: Für die Mitarbeiter wurden Karriere- und Entwicklungsmodelle implementiert, um global einsetzbare IT-Kompetenz-Center aufzubauen.
Die hohe IT-Kompetenz und die Transparenz in Bezug auf die IT-Prozesse und IT-Kosten war wiederum Voraussetzung dafür, um als glaubwürdiger Dienstleister für die Fachbereiche auftreten zu können. Die Fokussierung der IT-Kompetenz auf globale Standards hatte zur Folge, dass innovative IT-Projekte deutlich schneller und reibungsloser abgewickelt werden konnten. Die gewonnene Transparenz führt gegenüber den Fachbereichen zu nachvollziehbaren internen Verrechnungspreisen für IT-Services, die Grundlage für bewusstere operative Entscheidungen sind. Beispielsweise bei der Wahl eines Arbeitsplatz-PCs in den Konfigurationen "Basic", "Managed Features" und "Features Rich" oder bei der Beauftragung von Controlling-Auswertungen auf operativen Datenbanken, die umso teurer werden, je stärker sie die Performance operativer Applikationen reduzieren. Durch die Professionalisierung der eigenen IT-Services gelang es zudem, abteilungsintern die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Outsourcing geschaffen.
Typischerweise haben Sourcing-Projekte das Ziel, die Kosten der beschafften Güter und Leistungen zu minimieren. Bei Standardprodukten führt dies zu Kostensenkungen ohne Abstriche bei der Qualität der Leistung. Auch technische Kompetenz wird zunehmend zum Commodity, das in (SLAs) exakt spezifiziert werden kann. Tatsache ist allerdings, das die letztlich gelebte Service-Einstellung eines Dienstleisters einen signifikanten Einfluss auf den Nutzen einer IT-Dienstleistung hat. Das Ziel bei der Beschaffung von IT-Services muss folglich lauten: "Adäquates Service-Niveau bei angemessenem Preis".
Bei der Heidelberger Druckmaschinen AG wurde für das Sourcing von IT-Services ein breit besetztes Sourcing-Komitee etabliert, das sich aus Vertretern von Einkauf, Recht, Fach- und IT-Abteilungen zusammensetzt. Um das Verständnis für die Bedeutung der Service-Einstellung zu schärfen, wurden die Mitglieder des Komitee im Vorfeld der Verhandlungen beispielsweise zu Rechenzentrumsbesichtigungen eingeladen.
Prinzipiell ist zu überlegen, ob externe Sourcing-Spezialisten zugezogen werden. Insbesondere sollte vermieden werden, dass die Verhandlungen durch den aktuell Prozessverantwortlichen oder durch unerfahrene Mitarbeiter geführt werden. Denn in der Regel treffen Verhandlungsteams auf sehr erfahrene Verhandlungsprofis seitens der Outsourcing-Dienstleister.
Grundsätzlich haben Outsourcing-Projekte weitreichende Effekte auf die betroffenen Mitarbeiter. Das Management muss Ängste und Verdrängungsmechanismen der Mitarbeiter sensibel berücksichtigen. Es sollte ein Kommunikationsplan erarbeiten werden, der den Mitarbeitern eine Perspektive aufzeigt, der aber auch die Entschlossenheit des Managements zur Durchführung der Outsourcing-Maßnahmen ohne Umschweife verdeutlicht.
Die zuvor skizzierten Maßnahmen versetzen das Unternehmen in die Lage, die eigene Leistungsfähigkeit und den tatsächlichen Bedarf korrekt einschätzen und beschreiben zu können. Die letzte vorbereitende Maßnahme ist dann die Abgrenzung von Outsourcing-Paketen, die sich sowohl im Verhandlungsprozess als auch bei der späteren Umsetzung vom Unternehmen bewältigen lassen. Wesentliche Kriterien sind hierbei die Komplexität des Outsourcing-Vertrages, die Management-Kapazität zur Steuerung des Projektes und die Fähigkeit, Veränderungen zu bewältigen.
Die Heidelberger Druckmaschinen AG hat fünf Outsourcing-Pakete abgegrenzt, die nacheinander abgearbeitet wurden: Client Environment, Global Networks, Enduser-Helpdesk, IBM-Mainframe und SAP-Rechenzentrum. Für jedes dieser "Pakete" fand ein Auswahlprozess des Outsourcing-Partners statt. Wesentlich ist hierbei die detaillierte Kenntnis der Fakten, die eine exakte Definition der benötigten IT-Kompetenzen und eine fundierte Beurteilung der Leistungsfähigkeit des potenziellen Partners erlaubt. Neben den typischen Kriterien wie technische Kompetenz, Service-Portfolio, geografische Abdeckung, Kosten, finanzielle und rechtliche Sicherheit sollte die Größe des Partners geprüft werden. Die Erfahrung zeigt, dass die Unternehmensgrößen vergleichbar sein sollten.
Zur Service-Professionalität gehören neben formalen Kompetenz-Aspekten auch so genannte interpersonelle Aspekte. SLAs und Vertragsstrafen können das Risiko für das vergebende Unternehmen senken und vertragskonformes Verhalten bewirken. Dennoch werden Services von Menschen für Menschen geleistet. Der Beurteilung des persönlichen "Fits" sollte deshalb hohe Priorität eingeräumt werden. Im Rahmen der Ausschreibung und der Vertragsanbahnung gilt es daher sehr genau zu prüfen, ob die Service-Einstellung, das Verständnis für die Geschäftssituation, die Werte und die Unternehmenskultur zueinander passen.
Der abschließende Schritt ist die Vertragsverhandlung. Aufgrund der langen Laufzeit können nicht alle Eventualitäten im Vertrag abgedeckt werden. Das Verhandlungsziel muss lauten, einen Vertrag abzuschließen, an dem beiden Parteien langfristiges Interesse haben. Dies immer dann der Fall, wenn der erwartete Nutzen partnerschaftlich aufgeteilt wird, wenn also die viel zitierte "Win-Win"-Situation absehbar ist.