Die Telekommunikationsanbieter haben Milliarden in ihre Netze investiert - den großen Gewinn daraus ziehen jedoch Anbieter von Online-Plattformen. So erreichen etwa Apple, Google und Microsoft bereits Milliarden Kunden weltweit mit ihren Online-Angeboten.
Dazu haben sie ihre angestammten Kernbereiche verlassen und bieten etwa Cloud-Services, Tablet-PCs, Social-Media-, Werbe- und Suchdienste sowie digitale Inhalte und Video on Demand. Und fordern nun mit ihrer Marktmacht die klassischen Telekommunikationsanbieter heraus.
Solch dramatische Verschiebungen bei Geschäftsmodellen und Marktanteilen kennzeichnen derzeit die IKT-Industrie. Die Branchengrenzen verwischen zunehmend. Das zeigt die Global-ICT-50-Studie von Booz & Company, für die die internationale Strategieberatung die 50 größten Anbieter aus den Branchen Hard- und Software, Telekommunikation und IT-Services untersucht hat.
HP, Cisco und Apple hinter der Spitzengruppe
Einbezogen wurden deren finanzielle Investitionskraft, ihr Portfolio und ihre Vertriebsorientierung. Hinzu kommen der Innovationsgrad und die Positionierung in Wachstumsmärkten. Daraus ergibt sich ein Ranking, das Microsoft, Oracle und IBM anführen. Mit HP, Cisco und Apple folgen Hardware- beziehungsweise Infrastruktur-zentrierte Anbieter auf den Plätzen 4 bis 6 (siehe Grafik).
Diese Spitzengruppe ist im Wettbewerb sehr gut strategisch aufgestellt. Denn Booz hält Anbieter für besonders aussichtsreich, die ein Lösungs-Ökosystem rund um ein starkes Hard- oder Software-Kernangebot sowie dafür maßgeschneiderte Dienste und Inhalte offerieren.
Ökosysteme erzielen hohe Gewinne
Diese so genannten Ökosystem-Player kombinieren Ertragskraft, Innovation für die digitale Zukunft und Marktabdeckung. Dazu gehören laut Booz beispielsweise Microsoft mit seinem umfassenden Cloud-Angebot oder Oracle mit seinem breiten Enterprise-App-Portfolio und den auf die eigene Hardware abgestimmten Datenbankanwendungen.
Das sind einige der wenigen IKT-Geschäftsmodelle, die in diesem Umfeld gute Wachstumsraten erzielen: So erwirtschaften Microsoft, Oracle oder SAP sowie Internetunternehmen wie Google, die einen innovativen Technologiekern mit IKT-Services kombinieren, ein jährliches Umsatzwachstum von über zehn Prozent bei komfortablen EBIT-Margen von über 25 Prozent.
In ähnliche Ertragsregionen schaffen es noch Offshore-IT-Service-Provider wie TCS, Infosys und Wipro sowie wenige global agierende Hardware- und Infrastrukturanbieter wie HP oder Cisco. Gewinner sind damit vor allem die globalen Software-, Hardware- und Internetunternehmen.
Damit verdeutlicht die Studie: Das Branchenmantra der letzten Jahre, die Unternehmensstrategie auf IT-Services und Systemintegration auszurichten und dafür eigene Hardware-Angebote abzustoßen, verliert seine Berechtigung.
Dagegen ringen die meisten klassischen, eher regional orientierten IT-Service-Provider und Telekommunikationsunternehmen um Marktanteile. Sie stecken vielfach in einer strukturellen Wachstums- und Innovationskrise. In beiden Branchen stagnieren die Erträge seit fünf Jahren.
IT-Services und Telekos in der Krise
Diese Unternehmen sind auch viel stärker in einem klassischen, weniger integrierten Leistungs- und Altlösungsportfolio verwurzelt. Insbesondere regional ausgerichtete IT-Service-Player weisen in der Global-ICT-50-Analyse erheblichen strategischen Nachholbedarf auf.
Auch bei der Innovationsstrategie geht die Schere zwischen den Anbietergruppen weit auf. Die Top 10 der in der Studie untersuchten weltweit führenden Soft- und Hardware-Unternehmen investieren zusammen mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr in Forschung und Entwicklung.
Im Vergleich dazu steht den Top 20 der analysierten klassischen IT-Service-Provider nur ein Siebtel dieses Budgets für Entwicklung zur Verfügung. Infolgedessen sind sie kaum in der Lage, aktiv Entwicklungen voranzutreiben. Und es droht die Gefahr, dass sie auch künftig am Innovationstropf der Hard- und Softwareanbieter hängen.
Um zum Gegenangriff überzugehen, empfiehlt Booz regionalen IT-Service-Providern und Telkos, ihre Angebote zu Ökosystemen weiterzuentwickeln und daran über Partnerschaften oder Akquisitionen zu partizipieren. Das erfordert neue Fähigkeiten im strategischen Partner- beziehungsweise M&A-Management und eine klare Wachstumsstrategie, beispielsweise für kombinierte Cloud- und Netzlösungen, Security- oder Endgeräte-Management.