Alle Arbeitsverträge sind gleich? Stimmt nicht. Gerade auf Vorstands- und Geschäftsführerebene gibt es sehr viele Klauseln, von denen Manager profitieren oder die ihnen das Leben sehr schwer machen können. Gleiches gilt für die Entscheider eine Ebene darunter.
Der Fachanwalt für Arbeitsrecht Christoph J. Hauptvogel von der Kanzlei Graf von Westphalen und Vizepräsident des Verbandes deutscher Arbeitsrechtsanwälte VdAA e. V. hat uns die wichtigsten Fragen zu Arbeitsverträgen für Manager beantwortet. Wir stellen im ersten Teil vor, wie man sich die Betriebsrente trotz Kündigung sichert und welche Kündigungsfristen für Sie ideal sind.
Kein Kündigungsschutzrecht
Jahrelang versteht man sich gut in der Geschäftsführung. Dann steht eine Entscheidung zur Neuausrichtung an, man streitet sich und schon ist einer der Geschäftsführer gefeuert. Gerüchteweise sollen Spannungen zum Beispiel für den Fortgang des IT-Vorstandes Reinhard Schütte bei Edeka verantwortlich sein. Innerhalb weniger Wochen muss er sich einen neuen Job suchen. Auf der Geschäftsführer-Ebene - als "Organ" - gestalten sich die Verträge nämlich ganz anders als eine Ebene darunter.
"Führungskräfte sind echte Arbeitnehmer", erklärt Hauptvogel den Unterschied. "Das Kündigungsschutzrecht gilt aber für Organe nicht, denn diese stehen nicht in einem Arbeitsverhältnis zur Firma." Das bedeutet: Das Kündigungsschutzrecht greift bei Vorstand, Geschäftsführer und Co. nicht. Das müssen Manager wissen, die aufsteigen wollen. Sie können den Vertrag anders gestalten, um sich davor zu schützen, unverhofft arbeitslos zu sein.
Befristet oder unbefristet?
Ob man sich unbefristet - aber kündbar! - an einen Arbeitgeber bindet oder lieber nur einige Jahre verpflichtet, ist grundsätzlich Typsache. Aber einige Aspekte gilt es zu beachten: Für Top-Manager im Vorstand oder in Geschäftsführerkreisen kann es sich sehr wohl lohnen, einen befristeten Vertrag einzugehen. Das klingt zunächst seltsam. Aber in unbefristeten Verträgen können die Top-Manager, wie bereits erwähnt, innerhalb kurzer Zeit auf der Straße stehen. Die Kündigungsfrist in den ersten Jahren beträgt oft nur vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. "Dagegen kann man sich aber absichern", beruhigt Hauptvogel.
Ein Entscheider kann statt eines unbefristeten Vertrags einen Drei- oder Fünf-Jahresvertrag abschließen. "Innerhalb dieser Periode kann er nur fristlos gekündigt werden, und dafür braucht man schon einen wichtigen Grund", sagt Hauptvogel. "Da schaut sich dann das Unternehmen zum Beispiel die Spesenrechnungen ganz genau an, ob da alles in Ordnung ist." Wenn nicht, hat man die fristlose Kündigung schnell auf dem Tisch. Natürlich geht das nicht immer: Wird dem Manager vor Ablauf des Vertrags ohne wichtigen Grund gekündigt, erhält er zum Beispiel eine im Voraus vertraglich vereinbarte Abfindung oder er kann darauf klagen, das restliche Gehalt zu bekommen.
Lange Kündigungsfristen aushandeln?
Besteht ein Unternehmen oder ein Manager auf einem unbefristeten Vertrag, gibt es noch eine Möglichkeit, sich abzusichern: "Verhandeln Sie eine lange Kündigungsfrist von etwa einem Jahr", rät Hauptvogel. Davon sind die Firmen zwar nicht begeistert, aber schon können Top-Manager nicht mehr so einfach vertrieben werden, selbst wenn sie einen unbefristeten Vertrag haben.
Aber Vorsicht, das kann natürlich auch schief gehen: Will ein Manager selbst den Job wechseln und hat eine lange Kündigungsfrist ausgehandelt, ist das hinderlich. Denn für die Konkurrenz ist er dadurch unattraktiv. Die neue Firma wartet selten ein Jahr. Aber in diesem Fall kommt es oft zu einer Einigung zwischen beiden Parteien, den Manager früher gehen zu lassen. Das Unternehmen hat häufig kein Interesse daran, ein Jahr lang einen demotivierten Mitarbeiter in der Führungsebene zu haben. Es kommt bei den Kündigungsfristen also auf den Typ an: Je nachdem, wie flexibel eine Führungskraft ist, kann sie auf lange oder kurze Kündigungsfristen setzen.
Wichtiges für Aufsteiger
Sie sind aufgestiegen? Wunderbar. Dann ist erst einmal ist großer Jubel angesagt. Wer zunächst Führungskraft im Angestelltenverhältnis war und dann zum Geschäftsführer aufsteigt, der bekommt einen neuen Vertrag. Aber Vorsicht: Der Aufsteiger verliert damit seinen Kündigungsschutz. "In diesem Fall sollte man ein ruhendes Arbeitsverhältnis vereinbaren", erklärt Hauptvogel. Wird der Geschäftsführer dann entlassen, greift wieder das Angestelltenverhältnis und damit auch der Kündigungsschutz.
Freistellung von der Arbeit
Generell kann ein Arbeitnehmer geltend machen, während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses tatsächlich beschäftigt zu werden. Das gilt im Prinzip auch während der Kündigungsfrist. "Kündigt man einem Geschäftsführer oder Aufsichtsrat, muss man ja trotzdem die Kündigungsfrist einhalten", sagt Hauptvogel. Einige Wochen muss der Manager also weiterhin beschäftigt werden.
"Die Firma hat aber meistens kein Interesse, dass der Betreffende weiterhin die Fäden in der Hand hat", sagt Hauptvogel. Wie im Falle des geschassten Nokia Siemens Networks-Finanzvorstands Marco Schröter (jetzt umbenannt in Nokia Solutions and Networks). Er klagte nach seiner Entlassung und musste vom Unternehmen weiterbeschäftigt werden. Schließlich hatte er noch einen laufenden Vertrag und konnte nicht einfach so von einem Tag auf den anderen gefeuert werden. "Rechtlich gesehen überwiegt nach der Rechtsprechung aber in der Regel das Interesse des Arbeitgebers an einer Freistellung", sagt Hauptvogel. "Und für den Arbeitnehmer ist es ja auch nicht schlecht, schließlich bekommt er weiterhin sein Geld."
Organe sollten allerdings darauf achten, dass sie bei einer Freistellung sofort aus dem Handelsregister gelöscht werden. "Sonst besteht die Gefahr, dass sie solange verantwortlich und haftbar gemacht werden, wie sie im Handelsregister geführt werden", warnt Hauptvogel. Das kann böse ausgehen.
Änderung der Eigentümerstruktur
Eine Situation, die einigen bekannt vorkommen dürfte: Man fühlt sich als Vorstand in einem Unternehmen wohl und das Business läuft gut. Auf einmal übernimmt ein Investor die Zügel und die schöne Atmosphäre ist dahin. "Das sieht man immer wieder vor allem in Familienunternehmen: Familienmitglieder verkaufen ihre Anteile an einen Investor", sagt Hauptvogel. Das kann zu Spannungen führen. Hat ein Entscheider vorher gut verhandelt, kann er sich in solchen Situationen mit der Change-of-Control-Klausel mit Sonderkündigungsrecht retten. Ändert sich die Eigentümerstruktur, darf dann der Manager kündigen. Den neuen Eigentümer muss er nicht ertragen. Hat er noch klüger verhandelt, bekommt er sogar seine Restvergütung.
Altersvorsorge
Stelle weg, Betriebsrente weg? Das muss nicht sein. Mit cleveren Tricks können sich Entscheider auch die Altersversorgung erhalten. "Normalerweise ist die Betriebsrente weg, wenn man das Unternehmen verlässt", sagt Hauptvogel. "Außer, man ist länger als fünf Jahre angestellt, dann bleibt sie auch beim Ausscheiden aus dem Unternehmen erhalten", sagt er. Die Ansprüche werden, wie der Jurist in Gesetzesdeutsch formuliert, "unverfallbar". Nur leider werden gerade Vorstände wie die Trainer einer Fußballmannschaft allzu schnell ersetzt. Länger als fünf Jahre in einer Firma zu bleiben, fällt manchmal schwer. Was also tun?
Zum einen können Manager eine Direktversicherung abschließen, die leicht von Unternehmen zu Unternehmen portabel ist. Die Betriebsrente wandert quasi mit. Zum anderen können Manager auch vertraglich aushandeln, dass ihre Ansprüche ab dem ersten Tag als "unverfallbar" behandelt werden und nicht erst nach fünf Jahren.
Manager, Geschäftsführer und Co. sollten ihre Arbeitsverträge also genau prüfen, bevor sie sie abschließen. Noch mehr Tipps für einen cleveren Arbeitsvertrag verrät Rechtsanwalt Hauptvogel im zweiten Teil, den wir in Kürze bringen. Dann lesen Sie, wie Sie eine Abfindung herausschlagen und wie Sie zur direkten Konkurrenz wechseln können.
Serie: Worauf Manager achten müssen |