HP, SAP und, Microsoft investieren

Cloud-Märkte werden jetzt verteilt

01.02.2012 von Joachim Hackmann
Mit teuren Übernahmen von Startups setzen große IT-Hersteller wie Hewlett-Packard, SAP und Oracle viel Geld auf den Erfolg des Cloud-Modells. Zockerei oder Kalkül?

Bereits Anfang 2011 sahen sich die Investment-Banker von UBS dazu veranlasst, die derzeit 40 teuersten Technologie-Firmen mit denen Anfang des Jahres 2000 während der Dotcom-Ära zu vergleichen. "Are We In A Cloud Computing Bubble?", lautet der besorgte Titel des Analyseberichts von UBS. Überaus hoch bewertete Firmen wie Salesforce, Netflix oder Akamai hatten den Argwohn der UBS-Experten geweckt. Inzwischen geben die Banker vorsichtige Entwarnung: Diese Firmen seien überwiegend besser aufgestellt als damalige Dotcom-Startups.

Das für Börsianer wichtige Kriterium des Kurs-Gewinn-Verhältnisses sei meistens akzeptabel. Beruhigend seien die hohen Investitionen in Rechenzentren, die Rückschlüsse auf reale Geschäfte zuließen. Die hohen Bewertungen der IT-Firmen seien überwiegend nachvollziehbar. Allerdings werde es den Technologiefirmen schwerfallen, den Börsenwert im kommenden Jahr in einer ähnlichen Größenordnung zu steigern, warnte die UBS in ihrem Report.

Das war Anfang 2011, bevor etablierte IT-Anbieter enorme Summen in den Erwerb attraktiver Startups pumpten. Bald darauf investierte Hewlett-Packard (HP) über zehn Milliarden Dollar in die Autonomy-Transaktion, Microsoft kaufte Skype für 8,5 Milliarden Dollar, SAP ließ sich Successfactors 3,4 Milliarden Dollar kosten, und Oracle gab für Rightnow knapp 1,5 Milliarden Dollar aus - um nur die teuersten Akquisitionen mit Cloud-Bezug im vergangenen Jahr zu nennen. Gerät der Markt nun endgültig aus den Fugen? Droht gar eine Cloud-Bubble?

Cloud-Übernahmen
Die wichtigsten Cloud-Übernahmen im Jahr 2011
DimDim
Das im Jahr 2007 gegründete und von diversen Kapitalgebern gestützte Unternehmen DimDim hat sich auf Verfahren für die Echtzeitkommunikation spezialisiert. Dazu gehören Funktionen zur Präsenzanzeige sowie für das Messaging und Screen-Sharing. Damit konnte sich das Start-up insbesondere im Segment für cloud-basierende Kollaborationsdienste einen Namen machen.
Secureworks
Im Markt für IT-Sicherheit zählte Secureworks zu den etablierten Anbietern von Managed Security Services beziehungsweise Security as a Services. Das 1998 gegründete Unternehmen nahm im Jahr 2010 rund 120 Millionen Dollar mit etwa 700 Mitarbeitern ein und betreute eigenen Angaben zufolge Kunden in 70 Ländern. Im Jahr 2006 übernahm SecureWorks die LURHQ Corporation und verstärkte damit das Managed-Security-Geschäft mit Großkunden. 2009 folgte die Akquisition des Geschäftsbereichs Managed Security Services von VeriSign.
Dell kauft Secureworks
Dell ist seit Jahren bemüht, dem konjunkturanfälligen Hardwaregeschäft einen zuverlässigen Servicebereich zur Seite zu stellen. Übernahmen waren und sind ein wichtiges Element zum Ausbau des Dienstleistungsgeschäfts. Ein deutliches Zeugnis dieser Strategie war die Übernahme von Perot Systems für 3,9 Milliarden Dollar im Jahr 2009. Die Secureworks-Übernahme vom Januar 2011 fügt sich in die Strategie ein, finanzielle Details nannte Dell zunächst nicht. Spätere Veröffentlichungen bei der US-Börsenaufsicht SEC lassen auf einen Kaufpreis von 612 Millionen Dollar schließen.
NewScale
Die Anfänge von NewScale liegen im Geschäft mit dem IT-Service-Management. Das Unternehmen entwickelte und vertrieb seit 1998 Tools zum Erstellen und Betreiben von Service-Katalogen und -Portalen. Sie erlauben es Anwendern, interne Marktplätze nach iTunes- und Android-Market-Vorbild einzurichten, so dass IT-Nutzer Services je nach Bedarf beziehen können. Damit hat sich NewScale in der Schaltzentrale für das Management von hybriden und privaten Clouds positioniert. Der Anbieter wuchs eigenen Angaben zufolge zuletzt um mehr als 100 Prozent. Absolute Zahlen zum Jahresumsatz wurden nicht veröffentlicht. Schätzungen von Finanzanalysten bewegen sich breit gestreut zwischen 16 Millionen und 30 Millionen Dollar.
Cisco übernimmt NewScale
Im März kündigte Cisco die Akquisition von NewScale an. Mit den erworbenen Service-Management-Lösungen möchte der Konzern sein Portfolio in der Verwaltung und Automation von Cloud-Installationen ausbauen. Finanzielle Details wurden nicht veröffentlicht.
Radian6
Radian6 ist ein Werkzeug zur Analyse von Inhalten in sozialen Netzen. Im so genannten Social-Media-Monitoring konnte sich das Unternehmen mit seinem gleichnamigen Tool einige Meriten erwerben, indem es soziale Plattformen wie Facebook und Twitter sowie Blogs und Wikis auf Schlüsselworte durchforstet und Ergebnisse grafisch darstellt. Genutzt wird es häufig von Marketing-Abteilungen in Unternehmen, die Meinungen über Produkte und Unternehmen beobachten wollen.
Salesforce kauft Radian6
Salesforce ist Pionier und Wegbereiter von SaaS- beziehungsweise Cloud-basierenden CRM-Diensten. Das Unternehmen feilt seit geraumer Zeit an einer weiterführenden Strategie und spricht in diesem Zusammenhang von der Cloud 2, die Services aus der Wolke mit Social-Media-Elementen verknüpft. Hier fügen sich zum einen der hauseigene Chatter-Dienst, zum anderen Radian6 vom Februar 2011 ein. Die Übernahme des Social-Monitoring-Spezialisten ließ sich Salesforce 276 Millionen Dollar kosten.
VMware kauft SocialCast
VMware hatte sich zuvor bereits mit verschiedenen Cloud-Firmen wie etwa SlideRocket und Zimbra verstärkt und schlug Ende Mai 2011 mit der Übernahme von SocialCast erneut zu. Im Zusammenspiel mit dem hauseigenen "Horizon App Manager" werde die SocialCast-Lösung ein neues und "modernes End-User-Computing-Modell" kreieren, so VMware in einer Pressemitteilung. Darunter versteht die Firma eine Lösung, die mobilen Mitarbeitern den sicheren Zugriff auf Anwendungen und Daten von überall und mit jedem Endgerät gewährleistet.
Postrank
Postrank ist ein Anbieter von kostenlosen Analyse-Tools für Social-Media-Aktivitäten. Die kanadische Company überwacht Kommentare, Lesezeichen und Tweets in sozialen Netzen in Echtzeit und gibt ihren Nutzern Hinweis etwa auf die Verbreitung von Meldungen. Ergänzend dazu vertreibt das Unternehmen kostenpflichtige Analysen-Werkzeuge etwa für Verlage und Agenturen.
ITKO
ITKO ist ein privat gehaltenes Unternehmen mit Lösungen für die Anwendungsentwicklung und Simulation der Verfügbarkeit von Anwendungen. Kernprodukt ist die Entwicklungsplattform "LISA". Sie soll bei der Optimierung hybrider Cloud-Installationen helfen. ITKO hatte im Januar 2011 eigenen Angaben zufolge 125 Unternehmenskunden und beschäftigte 120 Mitarbeiter. Im letzten Jahresbericht standen 39 Millionen Dollar Jahreseinnahmen zu Buche.
Cloud.com
Das amerikanische Start-up Cloud.com hat sich einen Namen mit der Einrichtung von Private Clouds erworben. Basis des Angebots ist die Software "CloudStack", die die Kapazitäten virtualisierter Rechenzentren zusammenführt und als Service bereitstellt. Der Quelltext der Software wurde der Open-Source-Gemeinde zumindest zum Teil zur Verfügung gestellt.
Force10
Force 10 wuchs als Anbieter von Gigabit-Ethernet-Equipment zu einem Unternehmen mit einem Jahresumsatz von zuletzt rund 200 Millionen Euro. Im Mai 2011 präsentierte die Networking-Company das "Framework Open Cloud Networking" (OCN), das Cloud-Infrastrukturen sowie konventionelle und virtualisierte Rechenzentren auf einer Plattform miteinander verknüpft.
Dell akquiriert Force10
Dell kündigte mit der Übernahme von Force 10 eine verstärkte Präsenz im Netzsegment an. Die Hardware von Force 10 soll die Dell-Angebote für den Aufbau von virtuellen Rechenzentren ergänzen, bislang konnte der Hersteller hier nur Server, Speicher und Services bereitstellen. Ein Kaufpreis wurde nicht genannt. Mit der Übernahme reagierte Dell auf die Aktivitäten der Konkurrenz. Netzwerk-Spezialist Cisco hatte sich zuletzt mehr und mehr ins Server-Geschäft vorgetastet und HP ergänzte Ende 2009 mit der 3Com-Übernahme das Networking-Portfolio. Im Data-Center-Geschäft kaufen Anwender vermehrt Komplettpakete ein.
Autonomy
Autonomy, Anbieter von Software für die Analyse unstrukturierter Daten, wurde im Jahr 1996 in Cambridge, England, gegründet. Zu den Kunden der Software "IDOL" zählen unter anderem der Ölkonzern BP, die Nasa, IBM, Coca-Cola sowie der TK-Anbieter AT&T. Der Softwareanbieter nahm zuletzt etwa eine Milliarde Dollar pro Jahr ein. Analysten räumen Autonomy eine gute Marktstellung im stark wachsenden Geschäft mit Massendatenverarbeitung und –analyse ein.
Watchmouse
Watchmouse hat sich als Betreiber von SaaS-basierenden Web-Monitoring-Diensten für Cloud-Angebote sowie für mobile und stationäre Web-Sites im Markt positioniert. Das Unternehmen misst unter anderem die Ladezeiten und Verfügbarkeiten von Web-Seiten. Damit die Erfahrung eines Anwenders, der eine bestimmte Homepage ansteuert, weitgehend realistisch eingeschätzt werden kann, betreibt Watchmouse mehr als 60 Überwachungspunkte in 40 Ländern.
CA verleibt sich Watchmouse ein
Mit der Übernahme von Watchmouse im Juli 2011 stärkt CA das eigene SaaS-Geschäft, das zuvor bereits mit Zukäufen wie 3Tera, Cassatt, NetQoS, Oblicore und Nimsoft ausgebaut wurde. Watchmouse soll insbesondere die Nimsoft-Aktivitäten ergänzen. Zusammen mit dem im März 2010 für 350 Millionen Dollar übernommenen Netzspezialist Nimsoft soll Watchmouse das Geschäft mit IT-Management as a Service voranbringen. Finanzielle Details Angaben zur Transaktion veröffentlichten Watchmouse und CA nicht.
Packetmotion
Die Lösung von PacketMotion beobachtet die Transaktionen von Anwendern oder IT-Ressourcen in IT-Umgebungen und gleicht mit Hilfe eines Identity-Management-Systems ab, ob die Aktivitäten zulässig sind. Damit will das Softwarehaus IT-Managern und Security-Verantwortlichen Hinweise auf verdächtige Datenbewegungen, Sicherheitsverletzungen und Compliance-Probleme geben. Die Technik arbeitet auf Netzebene und kann demnach applikations- und system-unabhängig agieren.
VMware übernimmt PacketMotion
PacketMotion firmiert künftig unter dem Dach von VMware und soll dort das Portfolio für Cloud-Security ergänzen. Dazu möchte VMware die Neuerwerbung in die Cloud Infrastructure Business Unit integrieren. Produktseitig erweitern die virtuellen Probes (Tastköpfe) von PacketMotion die VMware-Lösung "vShield 5". Letztere Software liefert Informationen darüber, was und wie etwa in Cloud-Installationen geschieht. PacketMotion steuert künftig Auskünfte darüber bei, wer sich wo in der Cloud-Installation tummelt. Die Übernahme wurde im August bekannt gegeben, finanzielle Details nannten die Beteiligten nicht.
Navajo Systems
Im zweiten Weltkrieg haben die US-Streitkräfte mit Hilfe der Navajo-Indianer und ihrer einmaligen und komplexen Sprache Nachrichten verschlüsselt. Daran anlehnend hat der israelische Verschlüsselungsspezialist Navajo Systems seinen Firmennamen gewählt. Basis des Geschäfts ist eine patentierte Technik für die Sicherheit von SaaS-basierenden Anwendungen und Daten. Das Unternehmen hat unter anderem Virtual-Private-SaaS-Lösungen etwa für Lotus und Saleforce entwickelt.
Salesforce schluckt Navajo Systems
Ende August wurde bekannt, dass Salesforce die Akquisition von Navajo Systems anstrebt, obwohl die Transaktion eigentlich erst auf der Anfang September veranstalteten Hausmesse Dreamforce bekannt gegeben werden sollte. Die Gründe für die Akquisition liegen auf der Hand: Der SaaS-Pionier wollte sich offenbar nicht damit begnügen, die Verschlüsselungstechnik mit anderen Anbietern zu teilen. Also kaufte der CRM-Anbieter kurzerhand den israelischen Spezialisten für rund 30 Millionen Dollar.
Assistly
Mit seinem Dienst verknüpft Assistly die klassische CRM-Welt mit dem jungen und schnell wachsenden Social-Media-Geschäft. Der gleichnamige Dienst sammelt und konsolidiert Einträge in sozialen Netzen und verknüpft sie bei Bedarf mit Informationen, die über traditionelle Kanäle wie E-Mail oder Telefon laufen. Alle Informationen fasst der Service in einer Benutzeroberfläche zusammen oder liefert sie via Schnittstellen an angeschlossene CRM-Systeme aus. Assistly kommt somit vor allem für die Support-Abteilungen von kleineren Unternehmen in Frage, die keine voluminöse Help-Desk-Lösung installieren möchten.
Salesforce kauft Assistly
Auch die Veröffentlichung der Assistly-Akquisition war für die Salesforce-Messe Dreamforce vorgesehen, doch die Einigung auf einen Preis verzögerte sich bis Ende September. Schließlich zahlte der SaaS-Anbieter 50 Millionen Dollar plus einen Bonus in Höhe von 30 Millionen Dollar, der an finanzielle Ziele geknüpft ist. Salesforces will das Assistly-Angebot in seine "Service Cloud" integrieren und damit das Geschäft mit kleinen und mittelgroßen Unternehmen forcieren. (im Bild Salesforce-CEO Marc Benioff)
RightNow
Rightnow wurde als ein SaaS-Anbieter der ersten Stunde bekannt und gilt neben Salesforce als Wegbereiter des Betriebsmodells. Auch Rightnow fokussierte sich auf den CRM-Markt, allerdings vornehmlich auf den Self-Service- und Contact-Center-Bereich mit integrierter Kunden- und Knowledge-Datenbank. Das 1997 gegründete Unternehmen beliefert namhafte Kunden wie etwa Continental, Motorola sowie Black & Decker. Im Jahr 2010 nahm es rund 185 Millionen Dollar ein.
Model Metrics
Das Cloud-Beratungshaus Model Metrics unterstützt Kunden bei der Gestaltung und Einführung von Cloud-Installationen. In den Projekten geht es zumeist darum, neue Techniken aufzugreifen und für Kunden nutzbar zu machen, indem etwa mobile Lösungen für iPad und Android-Geräte entwickelt und in der Cloud bereit gestellt werden. Unter den Referenzen finden sich Unternehmen wie Boeing, L’Oreal und Morgan Stanley, insgesamt soll die Liste mehr als 500 Kundennamen umfassen. Technologiepartner sind unter anderem Salesforce, Amazon und Google.
Salesforce kauft Model Metris
Das laut US-Börsenaufsicht SEC mit 6,5 Millionen Dollar Kapital ausgestattete Beratungshaus wechselte im November 2011 unter das Dach von Salesforce.com. Der Preis wurde nicht veröffentlicht. Salesforce begründete die Übernahme mit dem Know how von Model Metrics in Mobility- und Social-Media-Projekten.
SuccessFactors
SuccessFactors hat sich als Anbieter von Personalverwaltungssoftware aus der Cloud mit dem Schwerpunkt Talent-Management (etwa Leistungsbeurteilung, Recruiting, Zielvereinbarungen) profiliert. Das Unternehmen wuchs in den vergangenen Jahren sehr schnell und nahm im letzten Geschäftjahr mehr als 200 Millionen Euro ein, konnte aber in den vergangenen fünf Jahren keinen Gewinn erzielen. Auf der Habenseite stehen 3500 Kunden mit insgesamt 15 Millionen registrierten Nutzern, darunter der Siemens-Konzern mit allein 400.000 Anwendern.
SAP kauft SuccessFactors
In den Kommentaren zur Rightnow-Akquisition durch Oracle waren sich die Analysten und Journalisten einig, dass dies nicht die letzte Übernahme durch den Datenbank-Konzern sei. Unter den potenziellen nächsten Kaufkandidaten fand sich immer wieder der Name SuccessFactors. Möglicherweise hat das SAP dazu bewegt, sich den HCM-Spezialisten (Human Capital Management) im Dezember 2011 für den stolzen Preis von 3,4 Milliarden Dollar zu schnappen. Ein wichtiger Grund war zudem die installierte Kundenbasis, insbesondere beim SAP-Großkunden Siemens. Der Konzern ist einer der wichtigsten SAP-Kunden im ERP-Umfeld. Die Entscheidung des Siemens-Managements für SuccessFactors als Lieferant für das HR-Segment im Juni 2009 war für die Walldorfer bestimmt eine bittere Niederlage. Mit der jüngsten Akquisition wurde sie behoben.
DemandTec
Die SaaS-Lösung von DemandTec analysiert das Kaufverhalten von Kunden und will Unternehmen Hinweise darauf geben, wie sie ihre Produkte, Preise, Werbemaßnahmen sowie das Marketing entsprechend ausrichten können. DemandTec hat weltweit rund 450 Kunden, vornehmlich aus den Branchen Handel und Consumer-Produkte. Die Company beschäftigt knapp 350 Mitarbeiter, der Jahresumsatz beläuft sich auf rund 82,5 Millionen Dollar bei einer Schuldenlast von 102,9 Millionen Dollar.
Rypple
Rypple verknüpft mit seiner Lösung das Personal-Management mit Social Media. Die Lösung ist für HR-Abteilungen vorgesehen und umfasst Funktionen für Zielvereinbarungen, Feedback und Coaching. Die personalisierte Aufmachung mit Bildern, Kommentarfeldern und Verknüpfungen erinnert an Social-Media-Plattformen, die Kommunikation erfolgt zum Teil in Echtzeit. Die HCM-Lösung ist vergleichbar mit der Software von SuccessFactors.
Cotendo
Cotendo hat sich auf das beschleunigte Ausliefern von Web-Inhalten spezialisiert. Der Anbieter betreibt ein Content Delivery Network (CDN), das Web-Seiten von Kunden in diversen, weltweit verteilten Rechenzentren hostet und ständig aktualisiert. Mit dieser Technik werden Inhalte näher in Richtung Web-Nutzer verlagert, so dass Seiten schneller aufgebaut und Inhalte zügiger zugestellt werden. Das erst 2008 gegründete Startup hat sich dabei besonders auf die schnelle Auslieferung von mobilen Websites und Cloud-Inhalten spezialisiert. Partner ist unter anderem Citrix.
Akamai schluckt Contendo
Ende Dezember 2011 gab Akamai Technologies bekannt, dass es den kleineren Wettbewerber Cotendo für 268 Millionen Dollar kaufen wird. Eine entsprechende Absichtserklärung sei bereits unterzeichnet, teilten die Partner mit. Der Netzausrüster Juniper Networks hatte angeblich ebenfalls Interesse an einer Übernahme gezeigt, zog aber offensichtlich gegenüber Akamai den Kürzeren.

Carsten Rossbach winkt ab. Die Bewertung vieler im vergangenen Jahr übernommener Cloud-Firmen sei hoch, aber nicht außergewöhnlich, betont der Marktkenner und Partner von Roland Berger Strategy Consultants. Übliche Akquisitionsprämien, die über den Firmenwert unmittelbar vor Veröffentlichung der Transaktionspläne hinausgehen, lägen im Technologiesektor im langjährigen Schnitt bei etwa 30 Prozent.

SAP hat für Successfactors einen Aufschlag von gut 50 Prozent gezahlt, IBM für Demandtec knapp 60 Prozent, und Oracle musste für Rightnow nur etwa 20 Prozent über Börsenwert entrichten. Das ist viel, aber nicht besorgniserregend, sagt Rossbach: "Die Bewertung junger, stark wachsender Firmen ist sehr schwierig. Die Käufer erwerben vor allem einen Business-Plan für die Zukunft und die Hoffnung auf umsatzseitige Synergien", beschreibt er die Herausforderung.

HP investiert in zwei Wachstumsmärkte

Das Cloud-Geschäft wächst auf Kosten des traditionellen Servicemarkts.

Wie sehr die Investitionen den Marktprognosen und Erwartungen in eine ertragreiche Zukunft folgen, lässt sich sehr gut an Hand von HPs Autonomy-Akquisition zeigen. Der IT-Konzern investierte 10,25 Milliarden Dollar in eine Firma mit einem Jahresumsatz von knapp einer Milliarde Dollar. Das größte britische Softwarehaus ist in dem stark wachsenden Geschäft mit Massendatenverarbeitung und -analyse gut positioniert. Zudem ist Autonomy, wie HP betont, auch eine Investition in das Cloud-Geschäft. Immerhin verkaufe die neue Tochter ihre Lösungen zum erheblichen Teil als SaaS-Angebot und betreibe die weltgrößte Private Cloud mit über 17 Petabyte gespeicherten Daten.

Karsten Leclerque, Principal Consultant bei PAC: "Erste Systemintegratoren und IT-Dienstleister arbeiten daran, eigenes IP aufzubauen, indem sie Anwendungen entwickeln."
Foto: PAC

Es gibt einen weiteren Aspekt, unter dem die Autonomy-Akquisition für HP wichtig ist. Dem Konzern ist es in den vergangenen Jahren unter anderem mit der milliardenschweren EDS-Akquisition gelungen, das Servicegeschäft aufzubauen. Im Markt mit standardisierten Cloud-Diensten verliert das klassische Servicegeschäft aber an Bedeutung. Verlässliche Einnahmen versprechen Applikationen, weil Software eine Investition in geistiges Eigentum (Intellectual Property = IP) darstellt und nicht dem heftigen Preiskampf unterliegt, wie er auf der Ebene der Infrastrukturen geführt wird.

Das Cloud-Computing-Portfolio von HP
Das HP Aggregation Platform Portal.
Ein Szenario für den Einsatz der HP Aggregation Platform.
Die HP Cloud Referenzarchitektur.
Die HP Cloud Functional Architecture.
Die HP Cloud Service Automation Architecture.
Wie HP den Rollenwechsel der IT in Zeiten der Cloud sieht.
Das HP Utility Services Order Portal.
Das HP Utility Services Portfolio.

"Wir beobachten, dass die ersten Systemintegratoren und IT-Dienstleister daran arbeiten, eigenes IP aufzubauen, indem sie Anwendungen entwickeln, die sie dann in der selbst betriebenen oder fremden Cloud ihren Kunden zur Verfügung stellen", beschreibt Karsten Leclerque, Principal Consultant bei dem Marktforschungs- und Beratungshaus Pierre Audoin Consultants (PAC), die Entwicklung. HP wollte sich offenbar nicht auf Eigenentwicklungen verlassen und hat den Ausbau des Softwaregeschäfts mit einer große Akquisition beschleunigt.

Mit Successfactors kauft SAP einen breiten Kundenzugang

"Wann wollen die das wieder reinholen?", fragt Karin Henkel, Analystin bei Strategy Partners International, angesichts des hohen Übernahmepreises.
Foto: Strategy Partners

Eigentlich hat es SAP diesbezüglich besser. Umso mehr Erstaunen rief die teure Übernahme von Successfactors hervor. "Wann wollen die das wieder reinholen?", fragt Karin Henkel, Analystin bei Strategy Partners International. Die Successfactors-Lösung für das Human-Capital-Management, die SAP mit der neuen Tochter erwirbt, biete nicht viel mehr als eine Erweiterung des HR-Segments um Funktionen für das Talent-Management (etwa Leistungsbeurteilung, Recruiting, Zielvereinbarungen). Einen wichtigen Grund für die Übernahme lieferte Siemens.

Der Konzern ist einer der wichtigsten SAP-Kunden im ERP-Umfeld, hatte sich im Juni 2009 aber dennoch für Successfactors als Lieferanten für das HR-Segment entschieden. Für SAP war das ein Alarmsignal, denn Siemens war bislang nicht als besonders experimentierfreudig beim Einsatz neuer Software aufgefallen. Wenn ein solch konservativ ausgerichtetes Haus in einer zentralen Back-Office-Funktion ein SaaS-Angebot wählt, wird es für SAP höchste Zeit, das darbende Cloud-Geschäft endlich anzuschieben. "Die Entscheidung war für die SAP ein herber Schlag. Außerdem hat Siemens SAP damit zu verstehen gegeben, dass man künftig nicht mehr alle IT-Leistungen aus einer Hand, sondern Best of Breed einkaufen werde", kommentiert Henkel.

Gut für das US-Geschäft

Mit dem Übernahmepreis hat der Softwareanbieter hier seinen Nachholbedarf gestillt und obendrein über Siemens hinaus eine ansehnliche Zahl von Kunden gewonnen. Insgesamt 3500 Firmen mit rund 15 Millionen registrierten Nutzern greifen auf die gehostete HCM-Installation zu. Zum Vergleich: Salesforce kommt zwar auf 87.000 Kunden, hat jedoch nur rund zwei Millionen registrierte Nutzer. Für SAP ergeben sich zudem vielfältige Cross-Selling-Möglichkeiten, da sich die Kundenbasen nur teilweise überschneiden. Das könnte insbesondere dem US-Geschäft der Walldorfer zugutekommen, denn dort hat das übernommene Startup die meisten Kunden.

Was will Oracle mit Rightnow?

Foto: Firmenlogo

Eine Rolle bei der Übernahme dürfte auch der andauernde Konkurrenzkampf mit Oracle spielen. Der schärfste SAP-Widersacher hatte im November 2011 den CRM- und SaaS-Anbieter Rightnow für knapp 1,5 Milliarden Dollar geschluckt. Im Zuge der Transaktion spekulierten Marktbeobachter über weitere Akquisitionen des Datenbankanbieters. Auf der Einkaufsliste dürfte unter anderem auch Successfactors gestanden haben. Also hat SAP mit der Übernahme Fakten geschaffen und dem Wettbewerber einen Kandidaten weggeschnappt.

Oracle selbst ergänzt mit dem Rightnow-Kauf sein SaaS-basierendes CRM-Portfolio um Funktionen für die Kundenkommunikation. Künftig reihen sich die Produkte der neuen Tochter in das Cloud-Portfolio rund um "Oracle Fusion" und Siebels CRM-Lösungen ein. Ob die unterschiedlichen Funktionen auf einer Plattform zusammengeführt werden, ist offen. In der Vergangenheit war Oracle nicht immer interessiert, die übernommenen Firmen funktional zu integrieren. Stattdessen ließ man die neuen Töchter mit eigenem Vertriebsteam unter Oracle-Flagge segeln, ähnlich wie es früher Computer Associates (CA) getan hatte.

Rightnow hatte Anschluss verpasst

Rightnow hatte zuletzt aber nicht mit übermäßigem Wachstum geglänzt. "Obwohl ungefähr gleichzeitig gestartet, ist Salesforce heute etwa zehnmal größer als Rightnow", konstatieren die Analysten von Gartner. Während der SaaS-Pionier sich mit neuen Funktionen und Übernahmen auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet, erwarten die Gartner-Experten von Rightnow nur ein verhaltenes Innovationstempo: Das Management sei mit der Transaktion beschäftigt, und Oracle müsse zunächst Ordnung in die eigenen Entwicklungsprojekte bringen.

Mittelfristig könne die Übernahme helfen, wenn der Konzern die Möglichkeiten der in der übernommenen Plattform enthaltenen Funktionen besser ausschöpfe. Das gilt etwa für das Social Monitoring und Ideen-Management sowie für die Rightnow-Community und virtuellen Agenten. Zudem könne der Deal dabei helfen, die CRM-Funktionen innerhalb von Oracles Fusion-Umgebung zügiger zu vertreiben, erwartet Gartner.

Salesforce verfolgt neue Strategie

Gut möglich ist aber auch, dass CEO Lawrence Ellison einfach nur der dauerhaften Sticheleien vom aufstrebenden SaaS-Konkurrenten Salesforce überdrüssig war und Rightnow übernommen hat, um auf ein eigenes anerkanntes Cloud-Modell verweisen zu können. Salesforce-Chef- und Gründer Marc Benioff ist ein ehemaliger Oracle-Manager, der keine Gelegenheit auslässt, die Anbieter von On-Premise-Software mit seinem Marketing-Logo "No Software" vorzuführen. Mit einer Akquisitionsstrategie, die allein im Jahr 2011 zu sechs Übernahmen geführt hat, versucht Benioff, Salesforce.com in der Riege der weltgrößten Softwareanbieter zu positionieren.

Frank Niemann, Director bei PAC: "Salesforce weitet die CRM-Funktionen in Richtung Social Media aus."
Foto: PAC

Wie er dabei vorgeht, beschreibt Frank Niemann, Director bei PAC Deutschland: "Zum einen weitet Salesforce die CRM-Funktionen in Richtung Social Media aus, zum anderen arbeitet das Unternehmen an einer Plattform in der Cloud, die unter anderem eine Datenbank und eine Ruby-Entwicklungsumgebung enthält und die nicht zwingend etwas mit CRM zu tun hat." Das Unternehmen positioniere sich nicht nur als Betreiber von CRM-Anwendungen, sondern zunehmend auch als Infrastrukturanbieter.

Letztendlich ist aber Salesforce nicht das Unternehmen, das im SaaS-Markt den Takt vorgibt. Die starke Konkurrenz insbesondere von Microsoft im CRM-Markt setzt Benioffs Company unter Druck, in andere Geschäftsfelder auszuweichen. Mit den vielen Übernahmen versucht das Unternehmen unter anderem, die Kombination aus SaaS und Social Media als Alleinstellungsmerkmal zu etablieren. Laut Niemann sind aber andere Unternehmen, auch kleinere wie Update Software, ähnlich weit: "Salesforce ist ein Unternehmen, das Neuerungen immer sehr intensiv bewirbt", relativiert Niemann potenziell falsche Eindrücke vom SaaS-CRM-Markt.

Wann platzt die Blase?

Der deutsche Mittelstand, bislang eher vorsichtig, was den Cloud-Einsatz betrifft, wird in den kommenden Monaten immer mehr IT on Demand beziehen.

Ein endgültiges Urteil darüber, ob der Cloud-Markt angesichts der vielen Übernahmen in den vergangenen Monaten überhitzt ist, mag kein Experte fällen. Roland-Berger-Partner Rossbach hält die Diskussion darüber auch für müßig. "Der Preis, den Firmen für Übernahmen zahlen, wird von zwei Faktoren bestimmt: der Verfügbarkeit interessanter Akquisitionskandidaten auf dem Markt und dem Handlungsdruck des übernehmenden Unternehmens". Im Cloud-Geschäft stelle sich auch nicht mehr die Frage nach dem "Ob", sondern nur noch nach dem "Wann".

Carsten Rossbach, Partner bei Roland Berger Strategy Consultants:"Auch in der Cloud zählt Kundenbindung. CIOs entscheiden sich nicht jedes halbe Jahr für eine neue Cloud-Applikation."
Foto: Roland Berger Strategy Consultants

Es sei zu beobachten, dass CIOs von den Anbietern innovative und kostengünstige Cloud-Angebote erwarteten: "Die wichtigste Bedingung für Erfolg in diesem Markt ist natürlich eine gute Software." Die installierte Kundenbasis und die Position im Markt gäben hierzu wertvolle Hinweise. "Auch in der Cloud zählt Kundenbindung. CIOs entscheiden sich nicht jedes halbe Jahr für eine neue Cloud-Applikation", sagt der Manager von Roland Berger.

Vor diesem Hintergund erscheint das Umwerben attraktiver Cloud-Unternehmen durch etablierte Softwaregrößen als sinnvolle Maßnahme zur Sicherung der wirtschaftlichen Zukunft. Den Kunden kann es egal sein, ob sich eine Blase füllt, um irgendwann zu platzen. Am Ende werden Innovationen zurückbleiben, die den Markt verändern. Davon können die Anwender profitieren - so wie sie heute erfolgreich E-Business und E-Commerce als Überbleibsel der Dotcom-Ära nutzen. (Computerwoche)