Die ECM-Anbieter gehen davon aus, dass die Anwender sämtliche Daten inklusive bestimmter Geschäftprozesse und Abläufe im Unternehmen zusammenführen wollen. Nach dieser Logik wollen ECM-User ihre Applikationen grundsätzlich vereinfachen. Außerdem möchten sie für ähnlich geartete Prozesse nur ein Programm nutzen. Die Anbieter versuchen daher einen Fuß in die Tür derjenigen Unternehmensabteilung zu bekommen, die ECM-Software einkauft. Indem sie deren Anforderungen erfüllen, hoffen sie, später zusätzlichen ECM-Bedarf decken zu können, unabhängig vom spezifischen Problem.
Diese ECM-Anbieter wollen die "Alles-aus-einer-Hand"-Lieferanten für jeglichen Content-Bedarf werden. Sie nehmen an, dass IT-Entscheidungsträger nur einen Anbieter und nur eine ECM-Software für das gesamte Content-System wünschen.
Es ist aber gut möglich, dass zahlreiche Anforderungen separater Content-Projekte diese Logik durchkreuzen. Das Problem ist laut IDC, dass Lösungen wie ECM im Ruf stehen, Millionen zu kosten und Jahre für die kundenspezifische Anpassung zu benötigen. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen ECM-Systeme das Zeitlimit überschritten und spezielle Kundenwünsche verfehlt haben. Viele Unternehmensabteilungen haben sich daher für kleinere Speziallösungen entschieden, um kurzfristig bestimmten Content-Bedarf zu decken. Solche abteilungsspezifischen Lösungen haben oftmals schneller einen Return on Investment erzielt. Als Resultat wurden die Unternehmen effizienter in contentintensiven Abläufen.
Zu viele Contentspeicher
Idealerweise gibt es nur ein Content-System mit einem zentralen Informationsspeicher. Die IDC-Umfrage zeigt jedoch, dass mittelgroße Unternehmen mit durchschnittlich 1000 Mitarbeitern über 40 verschiedene Datenspeicher und mehrere ECM-Systeme einsetzen. Eine Vereinheitlichung der Speicher in nur einem Content-System wäre ideal und würde die Durchschlagskraft und Flexibilität des Unternehmens erhöhen.
In Anbetracht der vielen Übernahmen und Fusionen im Software-Markt müssen die Anbieter nun beweisen, dass sie eine technologische Road-Map erstellen und diese auch realisieren können. Diese Road-Map muss übereinstimmen mit den tatsächlichen, und nicht den nur vorgegebenen Bedürfnissen der Zielgruppe. Die Schwierigkeiten sind nicht nur technischer Art wie die termingetreue und kundennahe Integration der Software. Sie betreffen auch den Vertrieb und das Marketing. Die Anbieter müssen ihre Produkte differenzieren und die Zielgruppe innerhalb Unternehmen definieren. Zudem gilt es, den Kundenbedarf genau zu berücksichtigen und das Produkt entsprechend im Markt zu positionieren.
Gemäß der IDC-Studie sind die Kunden daran interessiert, die Produkte fusionierter Anbieter aus einer Hand zu erhalten. Die Kernfrage wird aber sein, wie sehr sie das "fusionierte" Gesamtprodukt der nur lose integrierten punktuellen Lösung vorziehen. Der kritische Punkt hierbei ist, dass die geschäftsrelevanten Bedürfnisse und Zeitrahmen nicht mit den Anforderungen von IT-Abteilung und CIOs übereinstimmen.
Was den Verkauf von ECM-Gesamtlösungen zusätzlich behindert ist der Umstand, dass der Return on Investment von Content-Systemen schlecht bestimmt werden kann. Dadurch ist es schwerer, den Kunden den tatsächlichen Wert von ECM für ihr Unternehmen nahe zu bringen.
Weitere Meldungen:
Kein Hauruck-Verfahren für E-Mail-Archive
Opinion: Jumping on the business process bandwagon
Enterprise Content Management