Mit fast 110.000 Besuchern und über 2.300 Ausstellern eilt der Mobile World Congress in Zeiten, in denen andere Messen wie die CeBIT ums Überleben kämpfen, von Rekord zu Rekord. Und das bei Eintrittspreisen von knapp 800 Euro aufwärts und entsprechend teuren Ausstellungsflächen.
Preise, die dem Erfolgskonzept des MWC keinen Abbruch tun. Nachdem die Messe erst vor wenigen Jahren vom alten Messegelände wegen Platzmangels auf die neue Messe Fira Gran Via umzog, platzt sie auch hier bereits aus allen Nähten. Wie einst in den Anfangsjahren des MWC in Cannes müssen jetzt auch in Barcelona die Freiflächen wieder für Ausstellungszelte, Demoflächen und zur gastronomischen Versorgung der Besucher herhalten, da die acht Messehallen komplett ausgebucht sind. Und das, obwohl man die Startups bereits seit längerem schon unter dem Motto "Four Years from now" (4YFN) auf eine Sonderschau im alten Messegelände ausquartiert hat.
Das zentrale Leitthema des diesjährigen Mobile World Congress lautet "Creating a better Future" und knüpft an die Verpflichtung der Mobilfunkindustrie an die von der UN festgelegten Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals - SDGs) - und was das mobile Ökosystem tun kann, um diese Ziele zu erfüllen.
Um diese Thema konkret zu adressieren, kreierten die Veranstalter folgende acht spezielle Themenzonen:
Industrie 4.0 mit IoT
Angewandte KI
Technik und Gesellschaft
Der digitale Consumer
Das Netzwerk
Innovationen
Zukunft der Service Provider
Inhalte und Medien
Allerdings lassen sich Themen wie Angewandte KI, Industrie 4.0 sowie Vernetzung nicht immer sauber voneinander trennen. So ist manche IoT-Anwendung erst dann zu realisieren, wenn etwa die neuen schnellen 5G-Netze zur Verfügung stehen. Oder ein Business-Modell funktioniert erst dann, wenn entsprechende KI-Prozesse aus den gesammelten Daten einen echten Mehrwert generieren. Ein Showcase mit Schwerpunkt IoT ist hierfür auf der Messe seit Jahren die sogenannte GSMA Innovation City, die sich zu einem wahren Publikumsmagnet entwickelt hat.
Connected Autobauer
Immer mehr Anziehungskraft übt die Messe auch auf die Automobilbauer aus. Sie demonstrieren wie BMW Showcases zum autonomen Fahren ("Level 5") oder stellen mit unterschiedlichsten Partnern Ideen neuer Services vor. Offen ist allerdings noch, wer der große Profiteur sein wird - die Autobauer oder die Anbieter solcher Dienste.
5G ante portas
Zumindest eines zeigt der diesjährige MWC überdeutlich: Die neuen Services werden schneller kommen als von vielen erwartet. Zumindest die dazu erforderliche Netzinfrastruktur steht kurz vor der Türe. Nachdem das Standardisierungsgremium 3GPP im Dezember 2017 einen ersten 5G-Standard verabschiedet hat, steht den Carriern sowie Herstellern von Netzinfrastruktur und Endgeräten für erste Implementierungen nichts mehr im Weg. Entsprechend häuften sich auch im Vorfeld des MWC bereits die Ankündigungen von Ericsson, Nokia & Co. über erste 5G-Feldtests in Europa.
Auf der Messe selbst zeigte der chinesische Staatskonzern ZTE das erste Smartphone, das 5G mit Geschwindigkeiten von bis zu 1,2 Gbit/s unterstützt. "Bereits Anfang 2019 werden wir erste 5G-Tablets, -Smartphones sowie -CPEs an Kunden ausliefern", versprach Lixin Cheng, CEO ZTE Mobile Devices, und verdeutlichte wie nahe die 5G-Zukunft bereits ist.
Knackpunkt Security
Auf dem Mobile World Congress kommt natürlich das Thema Sicherheit nicht zu kurz, denn immer schnellere Netze und eine komplett vernetzte Welt bedeutet natürlich auch, dass diese digitalisierte Welt ein immer interessanteres Angriffsziel für Kriminelle ist. Hersteller wie Giesecke&Devrient versuchen hier mit neuen Ansätzen wie einem Trusted Application Kit, ausgefeilten Plattformen zum Verwalten der immer verbreiteteren eSIMs (in modernen Autos stecken teilweise schon vier und mehr SIM-Karten) einen Riegel vorzuschieben.
Planlosigkeit bei Smartphone-Anbietern
Angesichts dieser Themen ist es nicht weiter überraschend, dass die früheren Stars des Events, die Smartphones und ihre Hersteller, zunehmend in den Hintergrund rücken. Nicht genug damit, dass laut Gartner die Verkaufszahlen für Smartphones im vierten Quartal 2017 erstmalig seit Einführung der Produktkategorie rückläufig gegenüber dem Vorjahr waren.
Wie insbesondere die von Samsung (Galaxy S9) und LG (V30S ThinQ) neu vorgestellten Geräte demonstrieren, ist die Hardware weitgehend ausgereizt und die Features der Vorgängermodelle nur noch schwer zu toppen - einmal abgesehen vom Preis, denn hier tun sich die Anbieter sowohl in positiver wie auch negativer Hinsicht hervor. So werden etwa für das neue Samsung Galaxy S9+ trotz nur geringfügiger Neuerungen satte 949 Euro aufgerufen. Erfolgsversprechend scheint in diesem Zusammenhang die Initiative von HMD Global zu sein, mit dem Nokia 8110 die nächste Neuauflage eines Klassikers herauszubringen - selbst wenn es sich dabei nur um ein einfaches Featurephone handelt.