Customer Relationship Management in Deutschland 2002
CRM-Initiativen erstrecken sich über mehrere Fachabteilungen, Partner, Kunden, Lieferanten, Kommunikationskanäle, kulturelle, organisatorische und technologische Entwicklungen. Daher ist CRM eigentlich kein IT-Thema, sondern eine kontinuierliche Weiterentwicklung von Menschen, Prozessen und Technologien. Customer Relationship Management (CRM) Initiativen müssen Verbindungen zu Geschäftseinheiten, Partnern, Lieferanten, Absatzkanälen und dem Back-Office haben, sonst schöpfen die signifikanten Investitionen nicht das gesamte Potenzial aus. CRM-Initiativen sind keine IT-Projekte, sondern eine iterative und kontinuierliche Transformation von Menschen, Prozessen und Technologien. Marktführende Unternehmen müssen ihre Kundenkontaktpunkte und Geschäftsprozesse (Verkauf, Marketing, Service und Billing) so umarbeiten, dass der Kunde der Ausgangspunkt ihrer Geschäftstätigkeit ist. Diese innerbetrieblichen Änderungen sind die Voraussetzung für eine erfolgreiche CRM-Implementierung, weil CRM immer einzigartig für jedes Unternehmen ist und dieses dazu zwingt, Rollen, Kompensationspläne und insbesondere organisatorische Strukturen zu überdenken und zu überarbeiten. In den Jahren 2003/04 wird die größte Bedrohung von CRM-Projekten die kulturelle Verknöcherung sein, die Tendenz von Großunternehmen, sich dem Wandel zu widersetzen; in Kombination mit organisatorisch bedingtem Informationsverlust können CRM-Projekte verlangsamt und sogar gestoppt werden. Im Jahr 2005 werden marktführende Unternehmen in wettbewerbsintensiven Branchen diese Herausforderungen gemeistert haben. Die Herausforderungen für 2002 sehen wie folgt aus:
Von den 432 befragten Unternehmen, die die META Group von Oktober bis Dezember 2001 in Deutschland telefonisch interviewt hat, haben zehn ein CRM-Projekt abgebrochen, 222 planen derzeit keines, 42 Firmen haben bereits ein CRM-System eingeführt, und 158 Unternehmen sind momentan in der Planungs- beziehungsweise Einführungsphase. Durchschnittlich haben die Befragten 1,4 Millionen Euro für ihr CRM-System ausgegeben, und bei mehr als 50 Prozent der Firmen dauerte die Einführung wenigstens zehn Monate.
Die Implementierung einer CRM-Strategie verlangt die Bewertung vieler verschiedener funktionaler Felder, die sich alle in unterschiedlichen Entwicklungsphasen befinden. Diese unterschiedlichen funktionalen Felder richtig einordnen und bewerten zu können, ist entscheidend für den Erfolg der CRM-Initiative. Das Versäumnis, die Risiken der CRM-Technologien zu segmentieren, ist einer der Hauptgründe für das Scheitern von CRM-Initiativen. Wenn nur eine einzige Risikoeinschätzung für das Gesamtprojekt vorliegt, erscheint dies dem Top-Management als eine nur schwer zu überwindende Hürde, weil viele Technologien noch nicht den notwendigen Reifegrad erreicht haben. Einige Unternehmen neigen dazu, die relativen Risiken der verschiedenen CRM-Technologien zu ignorieren, und begegnen den komplexen Projekten mit ungenügender Vorbereitung. Unternehmen sollten ihr eigenes Risikotoleranz-Level bestimmen und ihre CRM-Anstrengungen in die Richtung lenken, wo das Risiko in einem vernünftigen Verhältnis zum Gewinn steht.
Die Auswahl der CRM-Strategie ist Chefsache, allerdings in sehr enger Absprache mit den Verantwortlichen aus den betroffenen Fachabteilungen. Die Geschäftsprozessdefinition überlässt das Top-Management in der Regel den betroffenen Fachabteilungen. Die Domäne der IT liegt in der Auswahl der Software: 52 Prozent der IT-Leiter sind an hauptverantwortlicher Stelle in den Prozess der Softwareauswahl eingebunden, gefolgt vom Top-Management mit 41 Prozent und den betroffenen Fachabteilungen mit 37 Prozent.
In 28 Prozent der Unternehmen, die bereits eine CRM-Lösung implementiert haben, werden Tools zur Datensammlung/-auswertung eingesetzt, gefolgt von den Modulen für den Help-Desk und das Customer Interaction Center.
Der dominierende Faktor für die Einführung einer CRM-Lösung war für nahezu alle Unternehmen die Fokussierung auf eine kundenzentrierte Geschäftsstrategie. Das Schlagwort des "König Kunde" scheint, obwohl es seit Jahren schon von den Unternehmen propagiert wird, immer noch das beherrschende Thema zu sein. Dieses Kriterium ist sowohl über Unternehmensgrößenklassen als auch über den Internationalisierungsgrad des Unternehmens und die Art der Kunden (B2B oder B2C) nahezu identisch, wobei die Kundenorientierung bei B2C-Unternehmen als Grund leicht unterdurchschnittlich häufig angeführt wird (90 Prozent). Das am häufigsten genannte Ziel der Unternehmen bei einer CRM-Einführung ist die erhöhte Wettbewerbsfähigkeit (95 Prozent), gefolgt von der erhöhten Kundenzufriedenheit (93 Prozent).
Zwei Drittel der befragten Unternehmen erhoffen sich durch den Einsatz einer CRM-Lösung eine Möglichkeit, sich vom Wettbewerb zu differenzieren. Immerhin 40 Prozent der befragten Unternehmen geben an, dass ihre CRM-Aktivitäten eine Reaktion auf das Verhalten der Konkurrenz sind. Vergleicht man die Antworten auf Konkurrenzaktivitäten mit den Antworten auf die Fragen nach Problemen mit der Kundenzufriedenheit und der Nachfrage der Kunden nach CRM-Systemen, erscheinen die Antworten in einem etwas anderem Licht. Denn 35 Prozent der Firmen in der Planungsphase räumen ein, dass sie Probleme mit der Kundenzufriedenheit haben, im Gegensatz zu 17 Prozent der CRM-Anwender. Ähnlich sieht es aus, betrachtet man den Punkt Nachfrage der Kunden nach CRM-Systemen: 33 Prozent gegenüber 24 Prozent. Der Wettbewerbsdruck beziehungsweise der Druck der Kunden scheint vorhanden zu sein, allerdings wollen die Unternehmen sich dies nicht offen eingestehen.
Schaut man sich die Zielerreichungsgrade an, dann lassen sich die wichtigsten Ziele bestenfalls als teilweise erreicht beschreiben. So lautet die Note für die erhöhte Wettbewerbsfähigkeit 2,21 und auch die Kundenzufriedenheit kommt nur auf einen Wert von 2,05 (auf einer Skala von 1= sehr hoch bis 4 = sehr niedrig). Die besten Noten erhalten die Punkte rund um die Daten; der Punkt Datenqualität erhält den Zielerreichungsgrad 1,89 und die Einrichtung einer Kundendatenbank kommt auf 1,9. Diese Bewertung bezieht sich auf den intern erzielten Nutzen und berücksichtigt nicht die Kundenperspektive (kundenzentrisches Design). Insbesondere Kleinunternehmen sind mit der Etablierung ihrer Kundendatenbank sehr zufrieden (1,6). Deutlich unzufrieden sind die Unternehmen mit der Zielerreichung bei der Veränderung der Unternehmensphilosophie (2,53) und bei der kunden- zentrischen Prozessumgestaltung (2,52). Auch die Implementierung sowohl von Teillösungen (2,54) als auch einer CRM-Gesamtlösung (2,46) ist nicht zufriedenstellend gelaufen. Insbesondere Großunternehmen sind mit der Zielerreichung bei einer CRM-Gesamtlösung nicht zufrieden (2,73). Generell lässt sich sagen, dass die Zufriedenheit mit dem Erreichungsgrad der gesteckten Ziele mit dem Grad der Internationalität zunimmt, beispielsweise 1,78 zu 2,33 im Punkt erhöhte Wettbewerbsfähigkeit. Es ist anzunehmen, dass in solchen Unternehmen schon CRM-Projekte durchgeführt worden sind, so dass gewisse Erfahrungswerte bei der Planung, aber auch bei den Ansprüchen berücksichtigt werden konnten.
Die META Group hat festgestellt, dass ein Viertel der CRM-Projekte in den USA die gesteckten Ziele nicht erreichen und die Erwartungen nicht erfüllt werden. In der Mehrheit der Fälle (59 Prozent) werden "Business Reasons" für das Nichterreichen verantwortlich gemacht - keine technischen Schwierigkeiten. Nur durch den Einsatz einer Software lassen sich - und das zeigt die Erfahrung - die Potenziale einer CRM-Lösung nicht voll realisieren. Nur wenn gleichzeitig auch die Unternehmensphilosophie entsprechend geändert wird und zusätzlich die Geschäftsprozesse kundenorientiert aufgestellt sind, wird eine CRM-Lösung die Erwartungen erfüllen, wenn nicht sogar übererfüllen können.
Ein weiterer Grund für das Scheitern von CRM-Projekten liegt in der fehlenden Abstimmung zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen begründet. Da in vielen Unternehmen das Thema CRM beziehungsweise CRM-Projekte nicht als Chefsache eingestuft werden, kommt es beim Einsatz von CRM-Lösungen häufig zu nicht koordinierten Einzelentscheidungen auf Abteilungsebene, die einer notwendigen Integration und Vernetzung entbehren und somit keine optimalen Ergebnisse und Erfolge vorweisen können.
Beim internen Marketing für CRM-Programme lassen sich zwei gängige Fehler beobachten. Erstens misstrauen Geschäftseinheiten der Motivation des IT-Managements, denn sie sehen deren Begeisterung als Möglichkeit, eine "cash cow" zur Quersubventionierung anderer Projekte gefunden zu haben. Zweitens verstehen die IT-Abteilungen es nicht, den Fokus auf die "pain points" der Anwender zu richten, und überbetonen stattdessen die technologischen Möglichkeiten.
Der Bedarf an einem CRM-Projekt wird von 27 Prozent der Unternehmen verneint. Auffallend ist, dass die Unternehmen, die im B2B-Umfeld tätig sind, diese Begründung häufiger verwenden als die Firmen aus dem B2C-Sektor. Anscheinend ist der Nachholbedarf im Konsumentenumfeld vorhanden, während sich schon erste Sättigungstendenzen im B2B-Umfeld andeuten. Es fällt weiterhin auf, dass Großunternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten die Begründung "kein Bedarf" überdurchschnittlich häufiger anführen als Firmen mit weniger als 500 Mitarbeiter.
An zweiter Stelle, mit 17 Prozent, führen Unternehmen an, dass sie noch keine Zeit hatten, da andere Projekte wichtiger waren, beispielsweise die Euro-Umstellung und das Jahr-2000-Problem. Diese Begründung wird überdurchschnittlich oft von Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern gegeben, die über eine kleinere IT-Abteilung und auch geringere Budgets verfügen als Großunternehmen.
14 Prozent der Befragten geben an, dass ihnen ein CRM-Projekt keinen sichtbaren Vorteil bringt. Dies ist insbesondere deshalb interessant, weil die Mehrheit der Befragten aus dem Sales- beziehungsweise Marketing-Umfeld kommt. Anscheinend sind die Vorteile einer stringenten CRM-Orientierung in den betroffenen Fachabteilungen noch nicht sichtbar geworden, was auf ein mangelndes CRM-Bewusstein zurückzuführen ist. Insbesondere Großunternehmen begründen ihre Zurückhaltung so (19 Prozent), wohingegen Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern den Wert einer CRM-Lösung anscheinend besser einschätzen können (11 Prozent). Dafür haben gerade Kleinunternehmen größere Sorgen, dass die CRM-Projekte zu teuer werden könnten (10 Prozent).
Für Deutschland nicht überraschend ist das Ergebnis der Abfrage nach der ungestützten Bekanntheit der CRM-Anbieter: SAP kennen 47 Prozent der Befragten. An zweiter Stelle mit 33 Prozent der Nennungen folgt Weltmarktführer Siebel. Auf den weiteren Plätzen landen Oracle (zehn Prozent), Update (sieben Prozent), CAS und Orbis (jeweils sechs Prozent) sowie Clarify und PeopleSoft (jeweils vier Prozent).
Die Resultate aus der gestützten Abfrage spiegeln ebenfalls das insbesondere für Deutschland bekannte Bild wider: SAP steht mit einem Bekanntheitsgrad von 96 Prozent an der Spitze, gefolgt von Oracle mit 90 Prozent. Deutlich abgeschlagen auf dem dritten Platz kommt Siebel mit einer gestützten Bekanntheit von 59 Prozent, knapp dahinter liegt NCR mit 57 Prozent Nennungen. Der Bekanntheitsgrad von Microsoft Great Plains ist wohl hauptsächlich auf den sehr bekannten Namen des Softwaregiganten aus Redmond zurückzuführen, denn Great Plains ist in Deutschland eher selten vertreten.
Die Grafik veranschaulicht, dass zwischen der Marktsichtbarkeit und der tatsächlichen Kompetenz der Anbieter eine erhebliche Diskrepanz besteht. Die META Group hat eine Bewertung ausgewählter CRM-Anbieter im internationalen Vergleich vorgenommen. Basis ist die Methode METASpectrum, eine neue Methodologie der META Group zur individuellen Bewertung von IT-Märkten und IT-Anbietern, welche eine Einschätzung mittels der zwei Hauptkriterien Leistungsfähigkeit (Performance) und Marktpräsenz (Presence) ermöglicht.
Besonders wichtig ist den Anwendern bei der Auswahl eines Systemintegrators (SI), dass der Dienstleister die Bedürfnisse und Anforderungen des Unternehmens versteht (1,24); je größer und je internationaler ein Unternehmen ist, desto wichtiger wird dieses Kriterium. An zweiter Stelle steht die Fähigkeit des Projektmanagements (1,52). An dritter Stelle kommt das Verhältnis von Auftraggeber und Dienstleister (1,83), knapp gefolgt von den Referenzprojekten (1,85).
Kaum Rücksicht nehmen die Anwender auf bestehende Geschäftsverbindungen (2,71) oder ob es im Bereich ERP bereits eine Zusammenarbeit gegeben hat (2,26). Insbesondere die Erfahrungen aus der ERP-Einführung bringen den ein oder anderen Anwender dazu, es einmal mit einem anderen Dienstleister zu versuchen. Dies bietet Newcomern unter den Systemintegratoren die Möglichkeit, sich in Neuprojekten gegen bereits bekannte, etablierte Geschäftskontakte zwischen Anwenderunternehmen und Beratungshäusern durchzusetzen. Auch die pure Größe einer Beratungsfirma oder die Internationalität spielen bei der Entscheidung eine untergeordnete Rolle. Gefragt sind eher finanzielle Stabilität und eine Präsenz vor Ort, um Fragen auch kurzfristig klären und Probleme leichter lösen zu können.
Die vollständige Studie ist bei der Meta Group erhältlich.