Die meisten Spanplatten in Europa kommen von Fritz Egger. Im österreichischen Tirol, in St. Johann, findet sich der Hauptsitz des führenden Herstellers von Holzwerkstoffen. In der Zentrale setzt das Unternehmen seit 1997 auf SAP als Unternehmens-Software. "Auch in allen 14 Werken ist seit dem 1. Dezember der Rollout von SAP-R/3 beendet", berichtet Bettina Traxl, die das Customer Relationship Management (CRM) leitet.
Um die Beziehungen zu den Kunden zu verstärken, will das Unternehmen diesen Bereich professionalisieren. "Im Februar haben wir CRM zum Schwerpunkt gemacht", sagt Traxl. EDI, der elektronische Datenaustausch über die Geschäftsgrenzen hinweg, und E-Business sind jene Anwendungen, die Egger fortan optimieren will. Beim Kundenmanagement hatten die Österreicher zuvor noch auf ein Vertriebswerkzeug gesetzt, das mit den Daten des SAP-Systems nicht in Echtzeit abgeglichen werden konnte. "Wir hatten immer mit der Synchronisation der Daten und der Systemvielfalt zu kämpfen", erzählt Traxl. "Unsere Außendienstmitarbeiter konnten deshalb bisher nicht direkt die tagesaktuellen ERP-Daten einsehen. In der täglichen Arbeit und vor allem im Kundengespräch ist das aber sehr wichtig, um die Informationen schnell weitergeben zu können."
Doch auch mit der CRM-Software von SAP war man bei Egger Anfang des Jahres noch nicht richtig zufrieden. "Die My-SAP-CRM-Version 2.0c war für unsere Bedürfnisse nicht ausgereift genug", sagt Traxl. Auf einem Workshop legte die IT-Abteilung zusammen mit der Unternehmensführung fest, was die neue Kundenmanagement-Software leisten sollte. "Kurt Pikl, unser CIO, machte das von SAP publizierte 300 Seiten starke Buch 'My SAP CRM' mit allen Modulen zum Pflichtenheft", erzählt Traxl. Für die überraschte Vertriebsmannschaft von SAP Österreich habe das geheißen: "Wir wollten alle Funktionsleistungen sehen."
Der Holzhersteller brachte SAP in Verlegenheit - und nach kurzem Überlegen auf eine Idee: Bereits Anfang September auf der Sapphire-Messe in Lissabon wurde das Software-Marketing-Programm Jump-Start erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Mit dem Satz "Try it before you buy it" wirbt ERP-Hersteller SAP seither für seine neue Vertriebsidee: Software zum Ausprobieren. "Das Programm ist für alle Unternehmen - unabhängig von Größe und Branche - gedacht", sagt Werner Schmidt, bei SAP mitverantwortlich für das neuartige Angebot.
Hardware wird auch gestellt
Beim Vorzeigekunden Egger klappte alles nach Plan. Zehn Berater rückten im Juli an und passten innerhalb von 14 Tagen die CRM-Werkzeuge an die unternehmensspezifischen Anforderungen an. "Wir haben gemeinsam die Grundfunktionalitäten eingerichtet, die Stammdaten synchronisiert und in den letzten Wochen das System genutzt, um in Workshops detailliert jene Funktionalitäten festzulegen, die wir nutzen wollen", berichtet Traxl.
Sie ist überzeugt: "CRM kann nur schrittweise eingeführt werden. Wir starten mit Mobile Sales für den Außendienst, CIS (Customer Interaktion Center, Anmerkung der Redaktion) für den Innendienst sowie dem Marketing und Kampagnenmanagement und wollen dann die Funktionalität immer stärker ausweiten und nutzen. Auch wenn wir zunächst nicht alle Funktionen verwenden, haben wir bereits alle Module installiert."
Die Tiroler haben sich zur Befriedigung von SAP für den Einsatz der CRM-Software in Österreich, Deutschland, Frankreich und Großbritannien sowie in ihren Verkaufsbüros weltweit entschieden. "Das Angebot hat eine Brücke zwischen Theorie und Praxisstart geschlagen", so das positive Urteil von Egger-CIO Pikl.
Die SAP-Konkurrenz dagegen hält naturgemäß nicht so viel von dem Projekt. Für Uwe Ritter, Direktor ProduktMarketing beim CRM-Anbieter Siebel Systems, ist die Idee ein Marketing-Gag. "Wenn man Software für einen Palm kaufen will, dann kann man so etwas machen. CRM ist aber ein stark strategisches Unterfangen mit unternehmensweiten Auswirkungen. Da reicht es nicht, wenn die IT-Abteilung das drei Monate lang testet."
Beim Walldorfer Software-Hersteller läuft unterdessen das nächste Projekt: "SAP-Krankenhauskunden können hier das Business Information Warehouse vier Wochen kostengünstig auf Herz und Nieren testen", sagt Manuela Schnaubelt, Pressereferentin für den Bereich CRM.