Es gebe immer noch zahlreiche Unternehmen, die CRM als Projekte auf Vorstandsebene ansiedeln und Projektleitung sowie Umsetzung der IT-Abteilung überließen, so die Studie. Somit seien die Kundenbetreuer nicht über Philosophie und Ziele der CRM-Einführung informiert und könnten ihrerseits das CRM-Konzept nicht richtig umsetzen.
Der Königsweg sei eine Bottom-up-Einführung: Unternehmen, die Kunden-Management initiieren wollten, sollten zuallererst ihre Mitarbeiter auf die neue Strategie einschwören. Ein kundenorientiertes Bewusstsein sollte geschaffen werden, bevor die CRM-Instrumente perfektioniert würden.
Dass Kunden-Management noch lange nicht bei den Mitarbeitern angekommen ist, zeigt die Studie. Mehr als 50 Prozent der Befragten beurteilten die CRM-Strategie ihres jeweiligen Unternehmens als insgesamt weder gut noch schlecht. Brisante Ergebnisse zeitigt zudem ein Vergleich zwischen den jeweiligen Bewertungen, die Projektverantwortliche und Mitarbeiter zu den einzelnen CRM-Bausteinen abgaben.
So bewerteten zwar beide Gruppen die CRM-Strategie selbst als wichtigsten Erfolgsfaktor. Die CRM-Kultur im Unternehmen jedoch schätzten die Mitarbeiter deutlich schlechter ein als die Projektverantwortlichen. Zudem sahen die Mitarbeiter bei der integrierten Aktionssteuerung und den integrierten Prozessen noch deutliche Rückstände - im Gegensatz zu den Projektleitern.
Die Daten liegen vor, werden aber nicht genutzt
Fazit des Expertenrats: Trotz strategischem Einbezug und hoher Datenintegration hakt es den Mitarbeitern zufolge offenbar besonders in den operativen Aktionssteuerungen und Prozessabläufen, also den Konsequenzen einer gelebten CRM-Strategie. Anders gesagt: Die Daten lägen bereits vor, nur würden sie bisher kaum genutzt, schließen die Experten. Zudem sollten die Firmen die CRM-Strategie besser kommunizieren und ihre Mitarbeiter dabei unterstützen, sie in ihrer täglichen Arbeit umzusetzen.
Darüber hinaus machen die Experten Trends aus. Erstens bemächtigten sich zunehmend die Controller der CRM-Idee und benutzten sie allein zu Zielen der Effizienzsteigerung. Dadurch werde CRM blutleer, meinen die Experten. Stattdessen brauche CRM wieder mehr Emotionalität: nämlich Verkäufer, die das Beziehungs-Management zum Kunden mit persönlichem Einsatz angehen.
Durchaus Potenzial habe zweitens der Ansatz des "Guerilla-CRM" - eine Kombination aus (kurzfristigem) Guerilla-Marketing und (langfristigem) CRM. Guerilla-CRM lebe von kleinen Projektteams, schnellen Erfolgen und spürbaren Veränderungen. Drittens sei der Ansatz der Service Oriented Architecture (SOA) auch beim CRM angekommen. Technologisch heiße das: weg von CRM-Applikationen und hin zu CRM-Services, die im Rahmen der Kanäle, Prozesse und Daten orchestriert werden.
Kundenbefragung als sinnvolles Ergänzungsinstrument
Viertens stellen die Experten CRM als sinnvolles Instrument das Customer Experience Management (CEM) zur Seite. Damit wird die Frage erforscht: Was weiß der Kunde über das Unternehmen? Bei CEM wird keine langfristige Marktforschung unternommen, sondern werden die Kunden bei jeder Interaktion befragt - auf der Website, im Callcenter und beim Händler. Die Ergebnisse werden dann in Echtzeit vom Unternehmen in Aktionen umgesetzt. Bestes Beispiel für flächendeckenden Einsatz und konsequente Nutzung von CEM ist der Versandhändler Amazon: Bei jedem Kontakt werden Daten erhoben und analysiert, und dem Kunden wird sofort ein passender Vorschlag gemacht.
Als fünften Trend definieren die Experten: CRM trage zu modernem Kundenwert-Management bei, indem es Customer Value und Customer Equity in einen Ausgleich bringe. An die Stelle von Kunden-Melkbeziehungen träten Wertschöpfungs-Partnerschaften; künftig werde es opportuner sein, dass sich Lieferanten und Kunden zusammentun und Märkte gemeinsam erobern. Im "Customer Value Equity" (CVE)-Management gebe es einen neuen Trend, der aus der drohenden Effizienzlastigkeit von CRM herausführen könne.
An der CRM-Befragung des Expertenrats 2006 beteiligten sich 130 Mitarbeiter aus insgesamt 29 Unternehmen.