Als die Tech-Leitmesse der Zukunft wird die CES in Las Vegas auch bei den Autobauern immer beliebter. Zumal der Genfer Autosalon als die große internationale Frühjahrs-Show auch in diesem Jahr ausfällt. Dementsprechend fanden fast alle namhaften Player im globalen Auto-Business ihren Weg nach Las Vegas. Nach der Corona-Pause erstrahlte die Show in der Wüstenstadt in diesem Jahr in ihrer alten Größe.
HUD vs. Ultrawide Displays
Star der Show war sicherlich BMWs Studie i Vision Dee (siehe auch "Der BMW i Vision Dee ist digital und emotional"), verkörpert sie doch deutlich die künftige Marschrichtung der Autoindustrie: Statt Zylinderzahl, PS und Drehmoment stehen künftig Bits und Bytes im Vordergrund. Wohin die Reise dabei geht, ist momentan noch offen, denn verschiedene Ansätze ringen um die Gunst des Kunden - so etwa beim Design des Armaturenbretts des Zukunft.
Während etwa BMW als HUD-Pionier darauf setzt, die gesamte Windschutzscheibe in wenigen Jahren als gigantische Projektionsfläche zu nutzen, favorisieren andere die klassische Display-Technik. So präsentierte etwa Continental auf der CES ein Curved Ultrawide Display mit einer Breite von 1,29 Metern. Das 47,5 Zoll große TFT-Display wird von mehr als 3.000 Leuchtdioden auf einer 7.680 mal 660 Pixel großen aktiven Fläche ausgeleuchtet.
Afeela von Sony und Honda
Stellvertretend für eine andere große Zukunftsfrage stand auf der CES das Joint-Venture zwischen Sony und Honda. Sony Honda Mobility - SHM - zeigte auf der CES unter dem Markennamen Afeela ein Elektroauto, das Ende 2025 an den Start gehen soll. Während Honda sein Know-how aus dem Fahrzeugbau einbringt, steuert Sony sein Wissen in Sachen Elektronik, Vernetzung und Unterhaltungstechnologie bei. Gemeinsam wollen die Partner zudem neue Mobilitätsanwendungen und Services entwickeln.
Gehört die Zukunft also solchen Partnerschaften, oder gelingt den Autobauern die Transformation zu Softwareschmieden? Noch setzen die großen deutschen Autobauer wie VW, BMW oder Mercedes auf eigene digitale Plattformen. Doch in den USA erwarten viele Käufer mittlerweile etwas anderes: Sie fordern die Unterstützung von Apple Carplay oder Android Auto, um ihre Smartphones mit dem Auto koppeln zu können.
LG und Samsung wollen ins Auto
Neben diesen Giganten dringen jedoch noch andere neue Player ins Auto-Business. So will etwa LG mit dem Cockpit Computer Auto und Smart Home verknüpfen, damit der Fahrer von unterwegs seine Geräte zuhause kontrollieren und steuern kann. Und mit "Harman Ready Care" will sich Samsung als weiterer großer Tech-Player einen Platz im Auto erobern. Als eine Art Co-Pilot soll Ready Care mit Lösungen wie Cognitive Distraction, Stress-Free-Routing oder Personalized Comfort den Stress für den Fahrer reduzieren.
Denkbar ist dabei, dass das System beispielsweise mit einer Smartwatch verbunden wird und auch deren Daten wie Puls etc. analysiert. Eventuell obsiegt in der Gunst der Käufer mittelfristig aber auch ein ganz anderer Ansatz: Statt festeingebauter Systeme könnten vom Fahrzeug unabhängige Nachrüstlösungen das Rennen machen. Ein solche Nachrüstlösung zum Mixed-Reality-Gaming mit VR-Headset brachte jetzt zur CES das Münchner Start-up Holoride mit der holoride retrofit auf den Markt.
Autonome Shuttle
Eher ruhig ist es mittlerweile um ein anderes Hype-Thema der CES geworden: War das autonome Fahren in den letzten Jahren eines der heißen Messethemen, so scheint es momentan nur noch im Shuttle-Umfeld von Relevanz zu sein. So kündigte etwa ZF zur CES eine strategische Partnerschaft mit dem US-amerikanischen Mobilitätsdienstanbieter Beep mit Sitz in Lake Nona, Florida, an. Gemeinsam wollen die Partner mehrere tausend Level-4-Shuttle-Fahrzeuge in bestimmten Gebieten der USA einsetzen.
Zum Einsatz soll dabei eine neue Shuttle-Generation von ZF kommen, die für autonomes Fahren im urbanen Umfeld und Mischverkehrgeeignet ist. Das Shuttle ist laut ZF mit moderner Sensortechnik, bestehend aus Lidar-, Radar-, Kamera- und Geräuscherkennungssystemen, ausgestattet, die eine präzise Umfelderkennung garantierensollen. Hinzu kommt weitere Technologie wie die Konnektivitätsplattform ZF ProConnect, die eine Kommunikation mit der Verkehrsinfrastruktur und der Cloud ermöglicht, sowie der Supercomputer ZF ProAI, in dem die Daten im Fahrzeug zusammenlaufen.
Automatisiert statt autonom Fahren
Dagegen scheint das autonome Fahren für die klassischen Autobauer nach den hochtrabenden Plänen der letzten Jahre vorerst keine Relevanz mehr zu haben. Sie konzentrieren sich darauf, für ihre Fahrzeuge offizielle Zulassungen für das teilautomatisierte beziehungsweise hochautomatisierte Fahren nach Level 2 und Level 3 zu erhalten. So will etwa Mercedes noch in diesem Jahr offiziell das hochautomatisierte Fahren nach Level 3 in den US-Bundesstaaten Kalifornien und Nevada anbieten können. Beim Level 3 übernimmt eineautomatisierte Fahrfunktion bestimmte Fahraufgaben. Allerdings sind weiterhin eine Fahrerin oder ein Fahrer notwendig, um die Kontrolle über das Fahrzeug zu übernehmen, wenn sie oder er durch das Fahrzeug zum Eingriff aufgefordert werden.
Automatisch überholen
Ferner soll noch in diesem Jahr die Funktion "Automatischer Spurwechsel" in den USA eingeführt werden. Damit kann das Auto auf der Autobahn langsamere Fahrzeuge überholen und nach dem Überholvorgang wieder in die ursprüngliche Fahrspur wechseln.Darüber hinaus kann das Feature einen automatischen Spurwechsel einleiten, um die aktive Routenführung bei der Annäherung an Autobahnkreuze oder -ausfahrten zu unterstützen. Da das System nur ein Zulassung gemäß Level 2 hat, bleibt die Verantwortung dafür jederzeit bei Fahrerin oder der Fahrer.
Eigenes Ladenetz: Mercedes eifert Tesla nach
Apropos Mercedes: Tesla-gleich wollen die Stuttgarter jetzt weltweit unter dem Markennamen "Mercedes-Benz High-Power-Charging-Netzwerk"ein Schnellladenetz für ihre Fahrzeuge aufbauen. Der Startschuss soll noch in diesem Jahr in Nordamerika fallen, der Aufbau des Netzwerks in Europa, China und weiteren Kernmärkten soll dann folgen. Bis 2027, so die derzeitige Planung, wird das Netz mit insgesamt mehr als 400 Ladeparks und über 2.500 High-Power-Chargers (HPC) den nordamerikanischen Kontinent abdecken.
Premiere des Elektro-Passat
Während Mercedes, vom Forschungsfahrzeug VISION EQXX einmal abgesehen, zur CES keine neuen Modelle im Gepäck hatte, feierte bei VW nach siebenjähriger CES-Abstinenz die Elektro-Limousine ID.7 ihre Weltpremiere - wenn auch noch im Camouflage-Look. Die Weltpremiere der Serienversion, für die VW eine Reichweite von bis zu 700 Kilometern angibt, soll im zweiten Quartal 2023 erfolgen. In der Fachwelt wird der ID.7 als der elektrifizierte Nachfolger des Passats eingestuft.