IT-Manager wetten

Data-driven Everything bringt den Erfolg

11.05.2020 von Dorothée Appel
Dorothée Appel wettet, dass erfolgreiche Firmen in fünf Jahren agil auf Basis von Daten gesteuert werden!
Dorothée Appel ist CIO und CDO der Zurich Gruppe Deutschland.
Foto: Zurich Gruppe Deutschland

Daten sind Rohstoff und Währung. Sie sind die Grundlage, auf der Menschen und Maschinen Entscheidungen treffen. Daten sind der Wert, mit dem Anwender vermeintlich kostenlose Services bezahlen. Allerdings bedeuten mehr Daten nicht zwangs­läufig mehr Wert. Erfolgreiche Unternehmen schaffen diesen Mehrwert erst durch ihre Analyse und ein datengetriebenes Vorgehen. Es gilt, etablierte Geschäftsmodelle von der lieb gewonnenen Disziplin der Prozessoptimierung auf eine datengetriebene, agile Form umzustellen. Das ist nicht einfach, lohnt sich aber.

Data-driven = Kulturrevolution

Unfassbare 33 Zettabyte - also 33 mal 10 hoch 21 Byte - wurden allein 2018 weltweit durch Unternehmen, Non-Profit-Organisationen und private Anwender erzeugt. Im Jahr 2025 soll die jährliche Produktion an Daten schon bei 175 Zettabyte liegen, für 2030 werden mehr als 600 Zettabyte erwartet. Wohlgemerkt, das ist kein kumulierter Wert, sondern jeweils die Datenmenge eines Jahres!

Tatsächlich werden Daten aber weder wie ein Rohstoff behandelt (mit der Sorge für deren nachhaltige Nutzung), noch wie eine Währung (über deren Existenz so genau Buch geführt wird wie in Financial Accounts). Während Einkäufer oder Controller genau berechnen, welche Rohstoffe benötigt werden und über welche Finanzen sie verfügen, ist das Wissen über den jeweiligen Datenschatz doch eher oberflächlich.

Einer der Hauptgründe für dieses mangelnde Wissen ist, dass bislang vor allem in Prozessen und Prozessoptimierung gedacht wurde. Vor allem die Hidden Champions haben bisher die Business Process Optimization zur Königsdisziplin erhoben. Sie zeichnen sich dabei weniger durch Produktinnovation als durch Prozessinnovation aus. Sie verändern nicht die Geschäftsmodelle (wie Startups), sondern lediglich die Mechanismen darin.

Doch Startups zeigen uns, dass Innovationen nicht mehr primär über Prozessinnovationen herbeigeführt werden. Innovative Unternehmen agieren mehr und mehr datengetrieben - sie stützen ihre Geschäftsmodelle nicht mehr auf starre Prozesse, sondern reagieren agil auf Informationen, die aus Daten generiert werden. Eine Organisation, die sich diesem neuen Paradigma nicht öffnet, sondern im Modell der starren Prozesse verharrt, wird sich in einem immer volatiler werdenden Markt kaum behaupten können.

Kundendaten sind der Schlüssel

Das bewährte Prozessdenken wird einer Gesellschaft, die auf Individualität, auf Sharing-Konzepte und Ökosysteme setzt, nicht mehr gerecht. Diesem gesellschaftlichen Bewusstseinswandel kann man nur folgen, indem man die Daten­spuren analysiert, die Kunden versteht und das eigene Vorgehen konsequent anhand dieser Erkenntnisse agil ausrichtet.

Wenn jeder "Prosument" also sowohl Verbraucher als auch Produzent sein kann, wenn das Verbraucherverhalten unmittelbaren Einfluss auf das Produkt nimmt, reicht es nicht mehr, Prozesse zu optimieren, ohne die Daten aus der realen Welt in Echtzeit zu berücksichtigen. Der Prosument von heute ist - ganz anders als Alvin Toffler es 1980 in seinem Buch "The Third Wave" vorausahnen konnte - vor allem ein Produzent von Daten! Er wird erst durch ihre Analyse verstanden.

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Foto: CIO.de

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Dabei gibt es für datengetriebene Organisationen ethische Prinzipien, die die Privatsphäre des Einzelnen würdigen. Und selbstverständlich gilt auch, dass personenbezogene Daten unveräußerlich sind. Aber die Datenspuren, die durch das Verbraucherverhalten anfallen, helfen Anbietern, ihre Angebote weiter zu optimieren und zu individualisieren.

Data-driven Marketing

Dazu muss eine Organisation aber nicht nur ihre Außenwirkung revolutionieren, indem sie ihre Kundenkommunikation auf "Data-driven Marketing" trimmt. Der fundamentale Umbau von einer prozessgesteuerten zu einer datengetriebenen Organisation beginnt im Innern. Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Um Unternehmen fit für die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der EU zu machen, haben viele Berater vor allem Guidelines auf rechtlicher Ebene und ein Step-by-Step-Modell auf Prozessebene geliefert: Finde einen datenbezogenen Prozess, dokumentiere den Prozess und sichere die darunter liegenden Applikationen und Daten.

Data Crawling statt BPM

Allerdings sollte, wer rein mit prozessorientierten Vorgehensmodellen arbeitet, keineswegs ­sicher sein, alle relevanten Datenfelder und ­Datenquellen identifiziert zu haben, wenn Pro­zesse, Applikationen und Datenbanken zukünftig dynamisch bei jedem "Sprint" verändert werden können. Die Prozessbeschreibungen dabei in der zur Verfügung stehenden Zeit mit einem wirtschaftlich vertretbaren Aufwand und einer 100-prozentigen Trefferquote auf dem Laufenden zu halten, ist kaum realistisch.

Zusätzlich zu dem Prozessvorgehen sollten deshalb zukünftig mit Hilfe von Data-Crawling-Methoden alle Daten identifiziert werden können, die personenbezogene Inhalte bergen. Auf dieser Basis kann man dann verifizieren, welche Prozesse und welche Anwendungen auf diese Informationen zugreifen, und auf diese Weise eine höhere DSGVO-Konformität herbeiführen.

Vom Prozess- zum Datenmodell

Dieser Shift von Prozessen zu Daten beeinflusst alle internen Bereiche des Unternehmens: Anstatt die Prozesse zu analysieren und zu optimieren, heißt es künftig, mehr und mehr datenorientiert vorzugehen. Dies gilt auch für die ­Anwendungsentwicklung selbst. Traditionell wur­den neue Anwendungen nach dem bewährten Wasserfallmodell evaluiert, in dem Prozess für Prozess die bestehenden oder neu entwickelten Funktionen oder Geschäftsvorfälle getestet und live gestellt (oder an die Entwicklung zurückgegeben) werden.

Inzwischen kommen vermehrt agile Methoden zum Einsatz, in denen die Entwicklung von einem Sprint zum nächsten verfolgt wird. Ein "Product Owner" priorisiert dabei, welche "User Stories" im nächsten Sprint bearbeitet werden (die Terminologie hängt vom verwendeten agilen Framework ab). "Co-Creation" beschreibt dabei die Integration beziehungsweise enge Zusammenarbeit von Fachbereich und IT, um sich Sprint für Sprint den Bedarfen anzunähern.

User Stories priorisieren

Das ist ein großer Fortschritt gegenüber der "Wasserfall"-orientierten Anwendungsentwicklung. Das fehlende Bindeglied - das evolutionäre "Missing Link" - zu einem wahrhaft kundenorientierten Vorgehen ist aber die Priorisierung der User Stories auf Basis von datengestützten Erkenntnissen über das konkrete Benutzerverhalten von internen und externen Kunden. Product Owner der Zukunft müssen unbedingt mit dem Wissen über das Kundenverhalten ausgestattet sein, um ein Backlog richtig priorisieren zu können. Diese "Data-driven Agility" ist die datengetriebene Fortführung der agilen Anwendungsentwicklung.

Mit dem Shift von Prozessen zu Daten verändert sich aber nicht nur die Vorgehensweise der internen IT. Auch das Verständnis von Informationstechnik und Business Intelligence im gesamten Unternehmen erfährt eine neue Sichtweise. Wo bislang Prozesse dominieren, werden evidenzbasierte Informationen auf Basis der verfügbaren Daten über Marktentwicklung, Kundendaten und soziodemografischer Informationen zusammengefasst.

In einem datengetriebenen Unternehmen geht die Geschäftsmodellierung nicht mehr von der Prozessmodellierung aus, sondern von der Datenmodellierung und den sich daraus ergebenden Erkenntnissen. Dabei können auch Methoden der künstlichen Intelligenz zur Analyse großer Datenmengen und zur Entscheidungsunterstützung angewandt werden.

Ein datengetriebenes Unternehmen reagiert zeitnah auf veränderte Marktinformationen, soziodemografische Daten, historische Daten, Veränderungen in der Gesetzgebung oder veränderte Risikoabschätzungen. "Datengetrieben" bedeutet aber auch, dass sich Produkte und Services von einer statischen (prozessorientierten) auf eine agile (datengetriebene) Ausrichtung verändern - wie zum Beispiel beim Angebot "Zurich Smart Home".

Dabei handelt es sich um eine Erweiterung der Hausratversicherung, die vor Ort installierte intelligente Haustechnik mit smarten, datengetriebenen Services kombiniert. Denn Lautsprecher, Kaffeemaschine oder Kühlschrank liefern ebenso Daten über Status und Umgebung wie die Heizung oder Gas- und Wasser-Ableser. Die ausgefeilte Sensorik in jedem neuen Hausgerät liefert einen zusätzlichen Datenstrom und macht es möglich, ein Objekt besser zu schützen.

Datengetriebene Versicherung

So können Versicherte im Schadensfall nicht nur Push-Meldungen aus unterschiedlichsten Komponenten - also etwa Schalt- und Messsteckdose, Tür- und Fensterkontakte, Wassermelder oder Alarmsirenen - auf ihrem Smartphone erhalten. Sie erhalten auch Soforthilfe, über die ein Wach- und Sicherheitsdienst oder ein 24-Stunden-Handwerkerservice beauftragt werden kann. Eine datengetriebene Versicherung reguliert also nicht nur den Schaden, sondern hilft, ihn zu vermeiden.

Ein zweites Beispiel: Die Zurich Versicherung arbeitet mit Meteorologen zusammen, um frühzeitig vor Schäden aus klimabedingten Ereignissen warnen zu können. Denn Starkregen, Eisregen, Glatteis oder Stürme bis zu bislang eher seltenen Tornados können erhebliche Schäden verursachen. Datenbasierte Frühwarnsysteme sollen helfen, Schäden zu vermeiden.

Daten kommen aus allen möglichen Anwendungsfällen auf die IT-Organisationen zu. Es muss gelingen, sie zu bündeln, auszuwerten und in Entscheidungen umzumünzen. Dabei helfen klassische prozessorientierte Methoden nur begrenzt weiter, weil sie von einem konstanten Unternehmenskontext ausgehen. Nur eine datengetriebene Organisation kann hingegen den Herausforderungen der heutigen dynamischen digitalen Welt genügen. Es gilt dabei, die lieb gewonnene Königsdisziplin der Prozessoptimierung in Frage zu stellen, um prozessoptimierte starre Systeme zu datengetriebenen agilen Organisationen zu mutieren.

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