Dass es bei einer Webseite auf viel mehr ankommt als auf gelungenes Design, davon kann der HSV ein Lied singen. Die Seite des Bundesliga-Dinos bekam zwar mehrere Design-Preise, aber ihre Besucher nutzen bis heute fünf verschiedene Login-Verfahren.
Dabei wird es nicht bleiben. Und auch sonst ist alles neu, wenn die renovierte Seite im Sommer dieses Jahres online geht: Aus dem Online-Fanshop wird eine digitale Unterhaltungsmaschine. Das jedenfalls hoffen Oliver Poppelbaum, Bereichsleiter CRM und Carlo Dannies, Head vor ICT, die die Digitalisierungsstrategie des HSV auf den Hamburger IT-Strategietagen vorstellten.
Ausgangspunkt der Veränderungen war die Frage des Vorstands, ob das Unternehmen gut für die digitale Zukunft aufgestellt ist? Die Antwort lautete: nein. Was dem Verein fehlte, war eine digitale Vision. Die Frage war nur, wie diese Vision aussehen konnte.
Ohne Durchgängigkeit geht es nicht
Nach Ansicht der Macher Oliver Poppelbaum und Carlo Dannies konnten das Ziel nur extrem einheitliche, stringent aufeinander abgestimmte Strukturen sein. Leider brauchten die beiden zweieinhalb Jahre, bis sie den HSV-Vorstand vom Sinn solcher Durchgängigkeit überzeugt hatten.
Das war 2013 geschafft, und seitdem entwickelten Poppelbaum und Dannies eine umfassende Digitalstrategie für den Verein. Im Mittelpunkt stand die Aufgabe, die Beziehung zum Fan zu digitalisieren, sein Fantum auch in der Onlinewelt zu seinem integrierten Erlebnis zu machen.
Und genau das wäre mit den Strukturen, wie sie vorher beim HSV zu finden waren, nicht machbar gewesen. Oliver Poppelbaum: "Es gab einen EDV-Beauftragten, der dafür sorgte, dass alles lief, aber was er managte war Stückwerk. Alle Bereiche wuchsen heterogen und nur für sich, eine Vernetzung der Systeme war fast nicht vorhanden."
Was stattdessen ermöglicht werden sollte, sind "Digital Relationsships", also die Möglichkeit, jedem Stakeholder unabhängig vom Kanal das optimale Angebot zu machen und anschließend alle Produkte in einem einzigen Warenkorb zusammenzufassen, beispielsweise das Trikot des Lieblingsspielers und die Eintrittskarte zu einem bestimmten Match.
Aus 35 Partnern wurden weniger als zehn
Funktionieren kann so etwas nur, wenn alle für ein durchgängiges digitales Erlebnis notwendigen Anwendungen perfekt zusammenarbeiten. Um diese Konzertierung hinzubekommen, wurde die Vision in Teilprojekte untergliedert und die vorhandene Infrastruktur hinterfragt. Was will man in die Cloud geben? Und was führt zu einer konsequenten, individualisierten Ausrichtung auf den einzelnen Fan?
Erste Antwort: schlankere Strukturen. Aus 35 Dienstleistern wurden weniger als zehn. Außerdem fasste man Ticketing und Merchandising auf einer einzigen CRM-Plattform zusammen statt - wie es bis dato der Fall war - auf fünf verschiedenen. "Es ging uns darum", so HSV-Mann Carlo Dannies, "alle denkbaren Interaktionspunkte mit dem Fan abzugreifen und auf einer einzigen Oberfläche zu verknüpfen."
Übergeordnetes Ziel: das Marketing verbessern und kampagnenfähig werden, individuelle Angebote machen können. Hilfreich dabei sind natürlich Schnittstellen zu Social-Media-Anwendungen wie Facebook, weil dadurch nicht nur der Fan sehen kann, welche Kumpels noch im Stadion sind, sondern die HSV-Macher erfahren dadurch auch spannendes über die Lebensverhältnisse ihrer Fans, können ihnen so individuelle Angebote machen.
Je nach User ein anderes Erscheinungsbild
CRM-Bereichsleiter Poppelbaum: "Wer transaktionale Daten und verhaltensbezogene Daten zusammenführt, bekommt vermarktungsfähige Daten." Und kann gruppenspezifische Angebote machen, Erlebnisse extra für Familien zum Beispiel oder für Business-Kunden.
Fan ist nicht gleich Fan
Je nach User ändert sich dabei das Erscheinungsbild der Webseite, was zu maximaler Relevanz für jede einzelne User-Gruppe führt. Gerade für einen Fußballclub sei es enorm wichtig, individualisiert mit seinen Fans sprechen können.
Poppelbaum nennt das eine "Content getriebene Informations- und Erlebniskette." Damit diese Kette geschlossen ist, braucht es eine integrierte Plattform, mit der sich jedes beliebige Backend bespielen und befüllen lässt, um unabhängig vom Kanal immer die richtigen Inhalte zur Verfügung zu haben.
Online gehen wird das neue digitale HSV-Erlebnis in diesem Sommer, dann werden die vielen unterschiedlichen IDs für unterschiedliche Anwendungen gekillt und durch eine einzige HSV-ID ersetzt, die auch eine Zahlungsfunktion enthält, damit ein Vater beispielsweise direkt nach dem Spiel das Trikot eines bestimmten Spielers als Geburtstagsgeschenk für den Sohn kaufen kann.
Fehlt nur die Performance auf dem Platz
Was dem HSV dann noch fehlt? Eine bruchfreie Performance der Akteure auf dem Platz, damit die Freude an der neuen Webseite nicht durch die dritte sportliche Zitterpartie am Saisonende hintereinander getrübt wird …