In diesem und im kommenden Jahr werden viele IT-Anwender in Deutschland in überfällige Upgrades ihrer ECM-Systeme und Portale investieren und beginnen bzw. fortfahren, eine ECM-Architektur aufzubauen. Die Notwendigkeit der Einhaltung rechtlicher und regulativer Vorgaben (Compliance) ist dabei neben der Informationsflut der treibende Faktor für die Umsetzung von ECM und Optimierung der Infrastrukturen. Unternehmen müssen ihre Risiken im Zusammenhang mit der Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen mindern. In Deutschland erfordern gesetzliche Regelungen, wie beispielsweise GDPdU (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen), GoBS (Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme), Basel II etc., einen strategischen Umgang mit Informationen und Dokumenten über den gesamten Lebenszyklus hinweg.
Organisatorisch zielt ECM auf die Verknüpfung von strukturiertem und unstrukturiertem Content zu für das Unternehmen nützlichem Wissen und relevanten Informationen ab. „Diese Sicht auf Infrastruktur und Prozesse wird die Unternehmen gerade in diesem Jahr besonders beschäftigen“, so Anke Hoffmann, Senior Advisor bei der Experton Group. Es wird eine einheitliche Plattform für alle Informationen angestrebt, bei der Dokumente schneller gefunden, Redundanzen verringert und Prozesse optimiert werden. Die Analystin geht weiter davon aus, dass dem ECM-System inzwischen ein ähnlich hoher Stellenwert im Unternehmen zukommt wie der eines funktionierenden ERP-Systems. Der Aufbau einer ECM-Architekur ist ähnlich komplex und aufwendig wie der eines ERP-Systems.
Ergebnisse einer Trend-Kurzbefragung
Diese Meinung wird auch durch die Ergebnisse einer Trend-Kurzbefragung der Experton Group vom März 2006 flankiert. Sie förderte das große Interesse an ECM zu Tage, in dem 48 Prozent der Befragten angeben, bereits eine ECM-Strategie umgesetzt zu haben. Weitere 12 Prozent planen noch in diesem Jahr eine ECM-Strategie aufzusetzen und nur drei Prozent der Befragten zeigen derzeit überhaupt kein Interesse an diesem Thema. Insgesamt geben 81% der befragten deutschen Unternehmen an, eine Optimierung ihres Systems geplant zu haben.
Die Experton Group geht davon aus, dass die ECM-Etats in diesem Jahr aufgestockt werden. „Viele Unternehmen, mit denen wir sprechen, zeigen ein deutliches Engagement für ECM-Lösungen“, so Hoffmann weiter, „deshalb rechnen wir mit einem Marktwachstum zwischen acht und zehn Prozent für dieses Jahr.“
Dem Einsatz von Open-Source-Produkten wird bisher nur eine mittlere bis hohe Bedeutung beigemessen (z.B. Typo 3). Gleiches gilt für die Migration auf Komplettlösungen. Dennoch ist die Konkurrenz aus dem Open Source Umfeld nicht zu unterschätzen. Sie stellt sich zunehmend als attraktive und ernsthafte Alternative gegenüber den proprietären Lösungen der kommerziellen Anbieter heraus und wird von vielen Unternehmen bei der Auswahl einer Lösung mit berücksichtigt.
Stark fragmentierter Anbietermarkt
Der Anbietermarkt für ECM-Lösungen ist stark fragmentiert. Er wird zum einen von Produktanbietern besetzt, deren Landschaft noch immer von Fusionen und Akquisitionen geprägt ist. Zum anderen aber ist er mittlerweile ein lukratives Betätigungsfeld für IT-Dienstleister und Systemintegratoren geworden. Manche ECM-Projekte haben mittlerweile sehr große Dimensionen angenommen, indem sie prozessübergreifend in die bestehende IT-Landschaft und Applikationen eingebunden werden. Für die Realisierung und Umsetzung dieser Aufgabenstellungen sind viele Unternehmen aufgrund mangelnder interner Ressourcen und Skills auf externe Hilfestellung angewiesen.
Neben den international gesetzten Anbietern wie EMC Documentum, Hummingbird, Opentext, Filenet etc. positioniert sich eine Vielzahl kleinerer und mittelständischer lokaler Anbieter, die sich nach Meinung der Experton Group mittelfristig neben den großen Suite-Anbietern behaupten werden können. Zudem haben sich die Branchengrößen Microsoft, SAP und Oracle ebenfalls des Themas ECM angenommen und fokussieren gemeinsam mit ihren Partnern den Markt der Suite-Anbieter.
Andreas Voss, MBmedien GmbH
Quelle: Unterlagen der Experton Group