Thomas Rössler, IT-Chef des Medienhaus Südhessen, sieht den Wertbeitrag der IT darin, die Fachabteilungen bestmöglich zu unterstützen und ihnen die geeigneten Werkzeuge für ein hochdynamisches Medienumfeld in die Hand zu geben. Vor rund zehn Jahren war die damalige "Darmstädter Echo Druckerei und Verlag GmbH" eine klassische Tageszeitung in dem das Printmedium das klare Hauptprodukt war, man hätte sogar noch Anzeigen für den Belegversand ausgeschnitten, fügt Rössler als Beispiel hinzu. Mit der Umfirmierung zur "Medienhaus Südhessen GmbH" vor knapp sechs Jahren wurde ein klares Zeichen gesetzt - weg vom klassischen Druck als alleinigem Standbein, hin zum modernen (Multi-)Medienhaus.
Scheren und Klebstoff gibt es schon lange nicht mehr und seit Anfang November ist nun sogar die Druckerei am Standort Darmstadt verschwunden. Das Medienhaus Südhessen produziert heute vor Ort heute ein "quasi rein digitales Produkt", mit dem es die verschiedensten Media-Kanäle bedient: Von Print und Online über Plakatwechsler und Multimedia-Displays, bis hin zu den verschiedensten neuen Multimedia-Kanälen.
In diesem dynamischen Multimedia-Umfeld hatte die klassische starre Büro-Arbeitsumgebung keinen Platz. Moderne Endgeräte in unterschiedlichster Ausprägung wie iPhones, iPads, Tablet-PCs oder Netbooks sind unaufhaltsam auf dem Vormarsch.
Folglich musste es im Rahmen des Projekts "Echo-Arbeitsplatz 2010" nun der klassischen Büro-Arbeitsumgebung an den Kragen gehen. Ziel des Projekts, mit dem sich Rössler als "CIO des Jahres" beworben hat, war es, über einen virtuellen Standard-Desktop und eine Unified-Communications-Umgebung die Möglichkeit für flexibles, orts- und endgerätunabhängiges Arbeiten zu schaffen. "Zukünftig können all unsere Mitarbeiter - speziell in der Redaktion - flexibel an jedem Ort der Welt mit allen benötigten Anwendungen arbeiten und alle Kommunikationskanäle wie Telefonie, Fax oder E-Mail nutzen", erklärt der gelernte Industriekaufmann und Nachrichtentechniker. Das Einzige, was als Basis benötigt werde, sei ein "geeignetes Gerät mit Internet-Zugang". Das "Look and Feel" sei dabei stets ein identischer Desktop, auf dem alle Anwendungen - selbst Telefonie über die bekannte Darmstädter Durchwahl (One-Number-Konzept) - verfügbar sind.
Als Pilot wurde der Echo-Arbeitsplatz 2010 zunächst im März 2010 in der IT für den Bereitschaftsdienst eingeführt. Aber auch in den Fachabteilungen kommt die Lösung bereits zum Einsatz. Prominentester Anwendungsfall war die Fußball-WM 2010, wo ein mit einem Standard-Notebook mit UMTS-Karte, Xen- und VoIP-Client ausgerüsteter Korrespondent vor Ort in Südafrika Bericht erstattete. Inzwischen arbeiten laut Rössler bereits rund 220 Nutzer mit XenApp - komplett ausgedient soll der klassische PC den Plänen zufolge aber erst Ende 2011 haben.
Noch vor dem Desktop muss die veraltete analoge Tenovis-Telefonanlage Abschied nehmen - hier wechselte das Medienhaus Südhessen auf eine IP-Nebenstellenanlage des Tenovis-Nachfolgeunternehmens Avaya, die verschiedene Unified-Communications-Funktionen wie One-Numbering unterstützt und dank Soft-Clients die Anbindung verschiedenster Endgeräte (Windows-Mobile-Smartphones, iPhones, Blackberries, Notebooks) erlaubt.
Die interne IT müsse "einfach beherrschbar" werden
Wie Rössler erklärt, ist das Projekt Teil eines großen Plans, organisatorisch sehr viel schlanker, noch agiler und vor allem noch kosteneffizienter zu sein. So lasse sich etwa ein neuer Standard-Arbeitsplatz innerhalb von Minuten einrichten. "Der klassische 'Hey Joe' mit Schraubenzieher und Installations-CDs ist heute schon tot", folgert der CIO. In drei Jahren wisse aber keiner mehr, dass es ihn jemals gegeben habe. Zu diesem Zeitpunkt seien dann systemnahe Standardaufgaben, die nicht zu den Kernkompetenzen zählen, komplett ausgelagert. Die interne IT müsse standardisiert und "einfach beherrschbar" werden, damit sich die IT auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren könne, so Rössler. Intern bleibe dann eine kleine, aber feine und hochmotivierte Truppe aus Projekt-Managern und Inhouse-Consultants, die das Business bestens kennt und es mit den aktuellsten Techniken unterstützt, die am Markt und in der Cloud verfügbar sind.
"IT und Business müssen noch stärker verschmelzen", fordert der 43-Jährige: "Die IT braucht das Know-how, wie das Business funktioniert und was es benötigt. Die Fachabteilung wiederum braucht das Know-how, welche Vorteile und Möglichkeiten die IT ihr bieten kann."
Um dieses Workflow-Know-how in der IT aufzubauen, durchlaufen neue IT-Mitarbeiter gezielt die Fachabteilungen, um Arbeitsweisen und Anforderungen kennenzulernen. Umgekehrt werden IT-affine Mitarbeiter aus Fachabteilungen gezielt in IT-Projekte eingesetzt oder sogar in die IT versetzt, um sie dort als IT-Mitarbeiter weiterzubilden. Als ideal sieht der CIO bei Projekten entsprechend ein Team aus zwei Leuten, von denen einer aus der IT, einer aus dem Business stammt. Die Mitarbeiter aus den Fachabteilungen selbst kennen die Anforderungen ihrer Fachgebiete am besten, hätten jedoch klare Defizite, was die technische Umsetzung und die technischen Möglichkeiten angeht, erklärt Rössler. Klassische Systemadministratoren wiederum würden über ihre Sache hinausschießen, die Prioritäten vergessen und die IT in den Vordergrund stellen.
Rössler weist mit Stolz darauf hin, dass mit den zahlreichen erfolgreichen innovativen Projekten das Image der IT-Abteilung als kompetenter Partner gestiegen ist. Dies ermögliche auch die längst überfällige und seit Oktober umgesetzte Integration der Online-IT in die zentrale Unternehmens-IT, die bislang - historisch bedingt - direkt in der Online GmbH angesiedelt war.
Insgesamt sieht der CIO sein Unternehmen gut auf die Wünsche der Generation Y eingestellt. Als Mitarbeiter würden die jungen Leute flexible Arbeitszeiten und mobiles Arbeiten mit modernsten Techniken als Grundvoraussetzung sehen. Als Leser wiederum legten sie nicht alleine auf die Qualität der Nachrichten sondern auch auf die Aktualität wert - weshalb das Medienhaus künftig Twitter, Facebook und andere moderne Online-Medien als neue Informationskanäle ausbauen will. Gab es früher den Spruch: "Nichts ist älter als die Zeitung von gestern", so ist die "Zeitung von heute" für diese Zielgruppe schon veraltet, so Rössler.