Es sei etwas faul im Staate Dänemark, ließ Shakespeare seinen Hamlet feststellen. Ein paar Jahrhunderte später gilt das für die Software- und IT-Dienstleistungsindustrie im nördlichen Nachbarland keineswegs. Mit gehörigem Abstand landete Dänemark europaweit auf Platz Eins im Wettbewerbsindex, den das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (Fraunhofer ISI) im Auftrag der Software AG ermittelte. Dänemark liegt klar vor dem zweitplatzierten Irland. Und auch weit vor den USA und Japan, die die Forscher zu Vergleichszwecken, aber außer Konkurrenz in ihr Ranking integrierten.
Fünf Kategorien berücksichtigten die Autoren Timo Leimbach und Sven Wydra vom Fraunhofer ISI für ihre Wertung: wirtschaftliche Effekte, Höhe und Qualität der Nachfrage, allgemeine Rahmenbedingungen, Innovations- und FuE-Aktivitäten sowie Rahmenbedingungen in der Softwarebranche.
Deutschland rangiert auf einem mittelprächtigen neunten von 25 Plätzen – erscheint dabei aber weder blind noch einäugig. Die hiesige IT-Industrie liegt hinter skandinavischen Ländern (neben Dänemark auch Schweden und Finnland), den britischen Inseln (neben Irland auch Großbritannien), Benelux-Staaten (Niederlande und Belgien) sowie Österreich.
Die Branche an sich ist aber deutlich besser aufgestellt, als es das Gesamtranking aussagt. Jeweils ein sechster Platz ist bei Innovation, Forschung und Entwicklung (deutlich etwa vor den Niederlanden und Großbritannien) sowie Höhe und Qualität der Nachfrage zu verbuchen. Für Rang Sieben langte es bei den wirtschaftlichen Effekten und den Rahmenbedingungen in der Softwarebranche. Getrübt und in der Rangliste deutlich nach unten gezogen wurde das alles durch die Schwäche bei den allgemeinen Rahmenbedingungen. Hier reichte es nur für Platz 14.
Im Einzelnen wurden hier die Verfügbarkeit von Privatkrediten, der Bereich E-Government sowie Zeitspanne und Prozedurschritte gewertet, die zum Aufbau eines Unternehmens nötig sind. In diesen Punkten sei Deutschland überall nur Durchschnitt, hinke etwa bei E-Government deutlich hinterher, konstatieren die Wissenschaftler. Ähnliches gilt für die Breitband-Ausstattung: „Sowohl in Bezug auf Adaption von Technologien als auch in Bezug auf staatliche Nachfrage liegt Deutschland zurück“, heißt es in der Studie.
Esten und Tschechen innovativ
Gleichwohl kann die Branche hierzulande mit einigen Pfunden wuchern. Hinter Großbritannien ist Deutschland der zweitgrößte Markt in Europa, in Sachen Beschäftigung und Wertschöpfung liegt die Bundesrepublik nur knapp ebenfalls hinter Großbritannien auf Rang Zwei. Dass SAP im globalen Software-Konzert eine der ersten Geigen spielt, wertet das Fraunhofer ISI als weiteren Pluspunkt: „Gleichzeitig stellt Deutschland den einzigen wirklichen nicht-amerikanischen Global Player im Softwaregeschäft und verfügt über eine Vielzahl hochspezialisierter und erfolgreicher Unternehmen.“
Die Bedeutung von Software und IT-Dienstleistungen für die gesamte Volkswirtschaft sei hingegen nur mittelmäßig. Die Herausforderung besteht nach Einschätzung von Leimbach und Wydra darin, die Rahmenbedingungen entscheidend zu verbessern und gleichzeitig Bereiche wie Unternehmens-Software und Embedded Systems sinnvoll zu verknüpfen und zu koordinieren.
Insgesamt reicht es derzeit für Deutschland, um attraktivere Rahmenbedingung als das zehntplatzierte Frankreich und das virtuell zwischen beiden liegende Japan zu bieten. Dahinter folgen ausnahmslos süd- und osteuropäische Länder, auf den letzten fünf Plätzen Griechenland, Ungarn, Lettland, Bulgarien und Schlusslicht Polen.
Allerdings sollte man durchaus erfolgreiche Anstrengungen in einigen dieser Länder nicht außer Acht lassen. Bei Innovation, Forschung und Entwicklung etwa liegen Estland und Tschechien auf den hervorragenden Plätzen Vier und Fünf, womit sie Konkurrenten wie Spanien und Italien auch insgesamt ausstechen. Selbst Griechenland kommt in dieser Kategorie auf einen sehr guten siebten Platz zwischen Deutschland und Belgien.
Die USA würden sich in der Rangliste insgesamt zwischen Irland und das drittplatzierte Schweden schieben. Dahinter folgen Finnland, Großbritannien mit eklatanter Innovationsschwäche, die Niederlande, Österreich und Belgien.
Zum totalen Glück fehlt ein dänischer Software-Riese
Das Vorbild schlechthin geben aber derzeit die Dänen ab, die auch in den drei Kategorien Innovation plus F&E, Höhe und Qualität der Nachfrage und allgemeine Rahmenbedingungen ganz vorne liegen. "Besonders die Marktnachfrage und der Breitbandversorgungsgrad sind im internationalen Vergleich (mit) führend", heißt es in der Studie.
Die Breitbandversorgung entfalte ihre positiven Effekte dadurch, dass Dänemark auch bei Online-Dienstleistungen, E-Government und E-Commerce weit vorne rangiere, so die Forscher. Zudem hätten große Konzerne wie Nokia, IBM, Microsoft und Oracle erfolgreich Vertriebs- und Forschungseinrichtungen angesiedelt. Was noch fehle, seien eigenständige und international operierende dänische Unternehmen. Dennoch sei die Perspektive für Dänemark gut, auch in den kommenden Jahren eine führende Rolle zu behalten.
Der "Wettbewerbsindex der europäischen Software- und IT-Dienstleistungsbranche" kann auf der Homepage des Fraunhofer ISI kostenfrei heruntergeladen werden.