CIO ist nicht mehr gleich CIO. Das Beratungshaus Harvey Nash jedenfalls beobachtet seit 13 Jahren, wie sich die Rolle des IT-Chefs in den Unternehmen weltweit wandelt. Im Wesentlichen lässt sich diese Entwicklung durchaus als Erfolgsgeschichte schreiben, denn über die Jahre gelang weithin die Verankerung des CIOs als zentrale Management-Funktion. In der aktuellen Ausgabe der jährlichen Studie unterscheidet Harvey Nash jedoch fundamental zwischen zwei Typen: dem „Innovation CIO“ als Erneuerer, der nicht vorgetrampelte Wege zu größerer Wettbewerbsfähigkeit finden soll, und dem „Utility CIO“, der von Business-Seite lediglich als nützlicher Dienstleister wahrgenommen wird.
Schiebt man diese Unterscheidung noch einen Moment beiseite, lässt sich global betrachtet auf ein ziemlich erfreuliches Jahr für die Gruppe der IT-Chefs zurückblicken. 83 Prozent der CIOs fühlen sich vollauf zufrieden und ausgefüllt durch ihre Tätigkeit, im vergangenen Jahr waren das lediglich 72 Prozent. Eine schöne Ausgangslage, um die zahlreicher gewordenen Perspektiven anderswo im Blick zu behalten. Etwa ein Viertel plant, sich im kommenden Jahr zu verändern, ein weiteres Viertel hat die Neuorientierung für die kommenden 24 Monate im Blick.
Gehälter steigen weiter
Einkommenstechnisch kommen die Dinge nach der Wirtschaftskrise ohnehin wieder ins Lot. Schon im vorvergangenen Jahr stiegen die Jahresgehälter der CIOs laut Harvey Nash um 27 Prozent. Diese Marke wurde mit einem Plus von 39 Prozent nun noch einmal deutlich übertrumpft. Im weltweiten Durchschnitt verdient ein CIO jährlich 198.031 US-Dollar, umgerechnet etwa 140.000 Euro. „Es ist klar, dass die CIOs auch 2011 einen Aufwärtstrend erwarten“, so die Berater.
Langfristig betrachtet ist auch der Verantwortungszuwachs für den IT-Chef unverkennbar. Die Hälfte der von Harvey Nash befragten CIOs hat einen festen Platz in der Vorstandsetage gefunden. Und erstmals überhaupt gaben mehr als zwei Drittel an, im vergangenen Jahr zusätzliche strategische Verantwortlichkeit übertragen bekommen zu haben. An dieser Stelle kommt auch die wachsende Bedeutung von Innovation ins Spiel. „CEOs erwarten von ihrem CIO und dem IT-Team das Liefern von sowohl intern als auch extern ausgerichteter technologischer Innovation, damit die Organisation Konkurrenten leichter ausmanövrieren und die Zukunft gewinnen kann.“
Dieser Anspruch und die Wirklichkeit klaffen jedoch in vielen Firmen auseinander. Die CIOs selbst sind dabei in hohem Maße an Innovation orientiert. Drei Viertel gehen davon aus, dass ihre Firma ohne Neuerungen Marktanteile einbüßen wird. Allerdings meint nur ein Drittel der befragten IT-Chefs, das Innovationspotenzial in ihrem Haus annähernd ausgereizt zu haben. Faktisch hält die IT also oft mitnichten, was sie verspricht, konstatiert Harvey Nash.
Bessere Posten für innovative CIOs
Das wiederum ist meistens nicht die Schuld der jeweiligen CIOs, die offenbar auf branchenspezifische Hindernisse in ihren Firmen treffen. Die Berater unterscheiden hier wie erwähnt zwischen „Innovation CIOs“, die sich tatsächlich als technologische Erneuerer verwirklichen dürfen, und „Utility CIOs“, die in dieser Hinsicht an der kurzen Leine gehalten werden. CIOs mit innovativen Spielräumen sind klar vorherrschend unter anderem im Handel, bei Finanzdienstleistern, in der IT-Branche sowie in Transport- und Logistikfirmen. Der konservative Ansatz hingegen überwiegt eindeutig im Maschinenbau, in der Baubranche, in Regierungsinstitutionen, in der Fertigungsindustrie, in Werbe- und PR-Agenturen sowie bei Pharmaherstellern.
Welche Konsequenzen hat es nun für den CIO selbst, welche der beiden Rollen er ausfüllt – beziehungsweise ausfüllen muss? Nun, beim Einkommen gibt es laut Harvey Nash keine Unterschiede, sehr wohl aber bei den anderen Karriereperspektiven. „Innovation CIOs“ genießen eine jeweils um ein Viertel höhere Wahrscheinlichkeit, ihren Job „sehr ausfüllend“ zu empfinden, direkt an den CEO zu berichten und selbst eine realistische Aussicht auf den CEO-Posten zu besitzen. Jeweils um ein Fünftel höher liegt die Chance auf Budgetzuwächse und einen Sitz im Vorstand. Deutlich größer sind zudem die Möglichkeiten, das eigenen Team weiter- und fortzubilden.
Die wichtigsten Themen für CIOs
Indes scheint der innovative CIO eine vermehrt anzutreffende Spezies zu sein. Darauf deuten auch die von den Beratern ermittelten Verschiebungen in den Prioritäten hin. 67 Prozent nennen Einsparungen als vordringliche Aufgabe, im Vorjahr waren es aber noch 74 Prozent. Demgegenüber stieg der Anteil der CEOs auf jeweils etwa zwei Fünftel, die die Steigerung des Firmenumsatzes und das Ermöglichen von veränderten Geschäftsprozessen als Priorität nennen. Zusammengenommen deutet das laut Harvey Nash darauf hin, dass CIOs eine „komplexere duale Rolle“ auszufüllen hätten.
„Cyber-Sicherheit ist eine wachsende Sorge von CIOs“, stellen die Berater weiter fest. Auffällig dabei: Doppelt so sehr treibt IT-Chefs die Angst vor internem Datenmissbrauch um als die vor externen Attacken.
Größer denn je ist laut Harvey Nash der Budgetanteil, den CIOs für Outsourcing ausgeben. 28 Prozent der Befragten geben bis zu ein Viertel ihrer Gelder für ausgelagerte Services aus. Mehr als jeder Zehnte wendet mehr als die Hälfte des Budgets für Outsourcing auf. 45 Prozent planen, ihre Investitionen in diesem Bereich in den kommenden zwölf Monaten auszubauen.
Multisourcing wird zunehmen
„Immer mehr CIOs arbeiten mit einer Fülle von Zulieferern zusammen“, berichtet Harvey Nash. 39 Prozent gehen davon, dass in diesem Jahr die Multisourcing-Komponente weiter zunimmt. „Viele CIOs profitieren von der Expertise kleinerer Partner, die ihren Beitrag zu innovativen Projekten durch private Cloud-Services, Mobiltechnologie und Social Networking-Plattformen leisten.“
Entsprechend finden mittlerweile 36 Prozent der CIOs, die Steuerung strategischer Beziehungen mit Dritten sei eine Schlüsselaufgabe. Zwei Fünftel der IT-Chefs legen in der Zusammenarbeit mit Outsourcing-Partnern großen Wert auf Kundenfreundlichkeit.
Die Studie „CIO Survey 2011“ ist bei Harvey Nash erhältlich.