Wollen IT-Töchter überleben, müssen sie sich so wandeln, wie es externe IT-Dienstleister auch tun. Dafür sollte die interne IT ihr Portfolio deutlich erweitern und neue Schwerpunkte legen: internes Consulting und BPO-Services (Business Process Outsourcing).
Und Konzern-CIO Daniel Hartert von der Bayer AG hatte auch gleich die gute Nachricht auf die Hamburger IT-Strategietage mitgebracht: Interne IT-Dienstleister können den Wandel genauso gut hinbekommen wie ihre Konkurrenz auf dem freien Markt. Jedenfalls genieße die Bayer-Tochtergesellschaft Bayer Business Services (BBS) hohe Akzeptanz im Konzern, sagte Hartert in seinem Vortrag "IT Extended – Von der IT Organisation zum internen Full-Service-Provider".
Dafür schlug die BBS den Weg vom reinen IT-Dienstleister zum integrierten BPO-Dienstleister ein. Denn integrierte Services verbinden IT- mit Geschäftsprozess-Knowhow. Dabei durchdringt die IT diese Services immer stärker, was man bei der IT-basierten Automatisierung von Personalprozessen besichtigen kann.
Das Portfolio von Bayer Business Services gliedert sich in IT-Services (Infrastruktur und Applikationen, Umsatz unkonsolidiert: 738 Millionen Euro), Integrierte Services (Procurement & Transport, Finance & Accounting, Human Resources, Umsatz unkonsolidiert: 395 Millionen Euro) und Consulting Services (Inhouse Consulting, Werbeagentur, Juristische Services, Umsatz unkonsolidiert: 50 Millionen Euro). Insgesamt arbeiteten für Bayer Business Services im Jahre 2009 rund 5600 interne und 1700 externe Mitarbeiter, die für einen konsolidierten Umsatz von 995,5 Millionen Euro sorgten.
Inhouse Consulting mit zentraler Bedeutung
Den Beginn des BBS-Wandels datierte Hartert auf das Jahr 2000. Bestand bis dahin die wesentliche Aufgabe der IT darin, bestehende Geschäftsmodelle zu automatisieren, so hat sie seit 2000 ihr Portfolio erweitert: Sie definiert neue Geschäftsmodelle.
Eine besondere Bedeutung kommt der Einheit Bayer Inhouse Consulting zu. Sie ist der primäre Ansprechpartner für Management-Beratung, wobei das besondere Augenmerk auf Strategie, Organisation und Performance liegt. Die Berater sollen alle Teile der Wertschöpfungskette unterstützen. Dazu zählen bei der Bayer AG die Bereiche Forschung & Entwicklung, Technische Abläufe, Supply Chain Management sowie Marketing & Sales und Shared Services.
Das Inhouse Consulting deckt zwischen zwölf bis 15 Prozent der Beratungsbudgets im Konzern ab. Es will aber nicht mit den großen Beratungshäusern konkurrieren, stellte Hartert fest.
Die Vorteile seiner Einheit liegen für Hartert auf der Hand: Sie wäre global im Konzern vernetzt, die Qualität ist durch das Wissen vom Konzern größer und außerdem arbeitet sie günstiger. "So sparen wir 25 Millionen Euro im Jahr an externen Beratern", sagte Hartert.
Und es kommt noch etwas Interessantes hinzu: 80 Prozent dieser Mitarbeiter wechseln spätestens nach vier Jahren ins Business. Damit dient die Consultant-Einheit zugleich als Weiterbildungsplattform für High Potentials.
Wie die Bayer-IT konkurrenzfähig bleibt
Wie es die Bayer-IT nun geschafft hat, gegen externe Dienstleister konkurrenzfähig zu sein, erläuterte er am Beispiel des globalen Human Capital Managements. Für das Re-Design der HR-Welt im Bayer-Konzern implementierte BBS einen globalen HR-Ansatz. Am Ende standen eine einzige globale HR-Richtlinie und nur eine globale IT-Plattform dafür.
Außerdem führte die BBS globale Prozesse ein: darunter ein einheitliches Organisations-Management (100.000 Mitarbeiter), ein individuelles Performance-Management (40.000 Teilnehmer) und jährliche Entgelt- und Gehaltsrunden (30.000 Teilnehmer). Die Systemlösung für 170 Gesellschaften in 73 Ländern ersetzte rund 75 lokale HR-Systeme durch nur eine weltweite Portalanwendung. Dabei erhöhten IT-basierte Self-Services in Kombination mit dem HR-Call-Center die Akzeptanz bei Kunden.
Um solche Projekt an Land zu ziehen, arbeitet die BBS nicht nur ständig an ihrem Portfolio. Sie schöpft außerdem die Make-Optionen innerhalb des Konzernverbunds aus und greift auf externes Outsourcing zurück, wenn die eigenen Ressourcen das nicht hergeben.
Rund 60 Hauptprodukte über alle Geschäftsbereiche hinweg bietet die BBS über einen standardisierten und globalen Produkt- und Preiskatalog an. Und bei allen Leistungen will die BBS bei den regelmäßigen Benchmarks immer sehr weit vorne liegen. Außerdem hat die BBS ein KPI-basiertes Preismodell eingeführt.
Das ständige Überprüfen des Portfolios auf Wirtschaftlichkeit und strategische Bedeutung ist unabdingbar verknüpft mit einem effizienten Portfolio-Management, wie Hartert betonte.
Lessons Learned bei Bayer
Zu diesem Management gehört für Hartert auch das Standort-Portfolio. So sieht er einen großen Nutzen in global verteilten Standorten, denn günstige Lokationen für globale Operations senken die Kosten. Interessant auch: Nach Harterts Erfahrung ist die Größe der Delivery Center weniger wichtig als die Implementierung robuster End-To-End Prozesse. So müssen Offshore-Standorte wie in Indien nicht immer zwingend groß aufgestellt sein. Eine Einheit mit 50 Leuten mit einer dezidierten Aufgabe funktioniert sehr gut im globalen Orchester.
Seine Erfahrungen auf dem Weg vom IT-Dienstleister zum BPO-Dienstleister fasste Hartert schließlich in fünf Punkte zusammen:
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Im IT-Markt gibt es eine signifikante Portfolio-Erweiterung hin zu Consulting und BPO Services.
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Eine identische Entwicklung für interne Service-Provider ist sehr gut möglich. Der Beleg: Das Geschäftsmodell von Bayer Business Services genießt im Konzern hohe Akzeptanz.
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Sowohl Portfolio der Services als auch Portfolio der Standorte sind Basis für Wettbewerbsfähigkeit und Agilität.
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Die regelmäßige Überprüfung und eventuell Anpassung des Portfolios ist unabdingbar.
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Das hier beschriebene „IT Extended Modell“ bei Bayer könnte auch in anderen Unternehmen einen zusätzlichen Wertbeitrag leisten.