Mobile Kommunikation, Cloud Computing, Video und Social Media sickern nicht einfach in Unternehmen, sie infizieren sie in rasantem Tempo. Welche Folgen aber hat die gefühlte Technologie-Revolution für die Firmen auf einer tiefer liegenden Ebene? Die Analysten von Forrester Research beschreiben die Entwicklung als „Empowerment“, wofür es im Deutschen nur die unschöne Entsprechung „Ermächtigung“ gibt. Konkret geht es darum, dass die neuen Technologien eine Vielzahl von Business-Mitarbeitern in die Lage versetzen, einflussreicher und gestaltender als bisher tätig zu sein und mit Kunden direkt zu interagieren.
Voraussetzung dafür ist aber, dass Automatisierung die Belegschaft von immergleichen Arbeiten entlastet. Die IT ermöglicht also durch Automatisierung erst Empowerment. Dass das notwendig, zugleich aber mit Auswirkungen wie einem Robin-Hood-Effekt verbunden ist und zum Schlag ins Kontor werden kann, zeigt Forrester-Analyst Glenn O’Donnell in einer aktuellen Studie.
Man sollte wissen, dass die Möglichkeiten der vollen Mitarbeiterentfaltung bereits von zwei anderen Forrester-Analysten - Josh Bernoff und Ted Schadler - in ihrem Buch „Empowered“ beschrieben worden ist. Sie zeigen die Verwandlung zumindest eines Teiles der Belegschaft in „highly empowered and resourceful operatives“, was sich trefflich mit HERO abkürzen lässt. O’Donnell erläutert nun die doppelte Eingebundenheit der IT in diesen Vorgang. Zum einen dient die Einführung von Automatisierungs-Tools als wichtigster Beschleuniger des Empowerments. Zum anderen sind namentlich die Mitarbeiter der Abteilung für Infrastruktur & Operations (I&O) selbst prädestiniert dazu, zu Helden zu werden.
CIOs kommt somit die Aufgabe zu, das Business mit der technologischen Basis für einen dringend nötigen Schub in Sachen Wettbewerbsfähigkeit auszustatten. Zugleich müssen sie sich die Risiken der Automatisierung und die Folgen für die eigene Abteilung vergegenwärtigen.
Forrester hat technologisch drei Arten von Automatisierung im Sinn:
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Erstens Tools zur Durchführung von Tasks
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Zweitens solche zur Beschleunigung des Prozess-Flows
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Drittens sogenannte „decision triggers“. Damit sind Analyse-Instrumente etwa aus dem Bereich Business Intelligence (BI) und Performance Management gemeint, die automatisiert Informationen als Entscheidungsgrundlage bereitstellen.
System-Administratoren und Netzwerk-Ingenieure als Verlierer
Mit Hilfe derartiger Lösungen können wiederholbare Aufgaben und Vorgänge automatisiert ablaufen – auch solche, die wie die Administrierung von Netzwerken oder die Live-Migration virtueller Server zwar Know-how von gut ausgebildeten Mitarbeitern erforderten, aber von diesen wegen ihrer Monotonie nie geschätzt wurden.
Die Automatisierung in der und durch die IT wirkt sich laut O’Donnell in dreierlei Hinsicht aus:
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Erstens können weniger qualifizierte und schlechter bezahlte Mitarbeiter komplexere Arbeiten als bisher übernehmen.
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Zweitens können Tasks in zuverlässige Prozesse integriert werden, was Empowerment und Geschwindigkeit befördert.
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Drittens können Dienste zum Teil in die Hand von Usern gelegt werden, die dadurch bessere Kontrolle über ihre eigene Arbeit haben.
Genau darin aber liegt die Gefahr eines Robin-Hood-Effekts. Macht wird innerhalb der Belegschaft umverteilt. „Man nimmt den Reichen und gibt den Armen“, so O’Donnell. Die bisher Reichen seien Subject Matter Experts (SMEs), also Experten für relevante Spezialthemen: „SMEs sind gut bezahlte, hochqualifizierte Technologen wie etwa System-Administratoren und Netzwerk-Ingenieure.“ Und genau diese bisher so unverzichtbaren Mitarbeiter werden sich nach Ansicht Forresters als Opfer der Entwicklung fühlen.
O’Donnell hat für CIOs einige Tipps in dieser brisanten Angelegenheit. Recht zynisch klingt der Ratschlag, die Automatisierung von denjenigen durchführen zu lassen, deren Job just dadurch wegrationalisiert wird: „Obwohl ihre früheren Fähigkeiten vielleicht nicht mehr gebraucht werden, ist ihr Können ein perfektes Fundament der Automatisierung.“ Outsourcing sollte aber möglichst vermieden werden – schließlich liegt der Pfiff an der Automatisierung gerade darin, durch mehr Freiräume die Produktivität der Mitarbeiter zu erhöhen. Gut umgesetzt führt sie in eine Situation, in der sich durch Auslagern überhaupt keine Kosten mehr reduzieren lassen.
Um durch die Verschiebung der Machtverhältnisse keine wichtigen Mitarbeiter oder Talente zu vergrätzen, rät Forrester, wirklich jeden in die Veränderung einzubinden. Dadurch könnten die Verantwortlichen Kooperation und Vertrauen statt Widerstand ernten. Die frei gewordenen Personalressourcen schließlich sollten gezielt in Richtung Innovation gelenkt werden. Da gut ausgebildete Fachkräfte am Ende nicht mehr zu monotonen Tätigkeiten verdammt sind, können sie ihre kreative Potenzial ausschöpfen – und tun das in der Regel sogar gern.
Klein anfangen und Kontrollen einbauen
Feuer frei also für die Automatisierung? Ja, aber nur wenn das Zielrohr justiert ist – denn der Schuss kann in die völlig falsche Richtung losgehen. Wer beispielsweise schlechte Prozesse automatisiert, beschleunigt und verstärkt diese. „Die Ergebnisse können verheerend sein“, warnt O’Donnell. Darum sollten die fraglichen Prozesse vorab gründlich gecheckt werden. Forrester rät zur Anwendung von ITIL und gegebenenfalls zur Nutzung der Expertise von Anbietern und Beratern.
Ferner empfiehlt Forrester, klein anzufangen und die Automatisierung Stück für Stück aufzubauen. Zum Schluss gilt es zu bedenken, dass das gewünschte Empowerment auch Gefahren in sich birgt, geht es doch mit jeder Menge an neuen Freiheiten für die Mitarbeiter einher. „Gute Automatisierung baut Kontrollen ein, um nicht-authorisierte Aktionen und Unfälle zu vermeiden“, so O’Donnell.
Die Studie "Empower I&O Staff With Automation" ist bei Forrester Research erhältlich.