Zum 20-jährigen Jubiläum der CeBIT hagelt es harsche Kritik. Insbesondere die großen IT-Konzerne aus Halle 1 wie IBM und NCR kritisieren, dass die Messe durch Unterhaltungselektronik ihren Charakter als Business-to-Business-Veranstaltung verliert. Die Messegesellschaft reagierte auf die Vorwürfe und verbannte den Bereich „Digital Living“ aus der Nähe des Haupteingangs (Halle 1 und 2) an das entgegengesetzte Ende in Halle 27.
Das ändert aber wenig daran, dass eingesessene Halle-1- Aussteller wie Fujitsu-Siemens (Halle 1, G51) unter dem Motto „Drive your Business – Turn on your Life“ demonstrieren wollen, dass sie alle Disziplinen von Vier- Wege-Blade-Servern für das Dynamic Data Center bis zum Media Center beherrschen.
Zu den Innovationen der CeBIT gehört, dass mit dem Metro Future Store erstmals ein Anwenderunternehmen vertreten ist (Halle 6, E50). IT-Spezialisten treten hier nur als Lösungspartner zum Thema RFID (Radio Frequency Identification) auf. Obwohl einige der Funkchip-Techniken vor allem für firmeninterne Logistik bereits realisiert wurden, ertönt hier noch viel Zukunftsmusik. Nur die allerwenigsten Unternehmen können es sich wie Metro leisten, ihre Logistikkette nach eigenen Vorstellungen zu standardisieren. Außerdem gelten Funketiketten immer noch als zu teuer und die Technik als zu anfällig.
Um das passende RFID-Asset-Management im Rechenzentrum kümmert sich HP. Software, Lesegeräte und Karten gibt es von der Identec-Solutions AG (Halle 6, E52) und von Psion Teklogix (Halle 6, C42). RFID ist aber auch in anderen Hallen präsent. So zeigt IBM auf dem Hauptstand Lösungen für die Luftfahrt und Reisepässe; Datenbankspezialist Sybase (Halle 3, C45) hat sich mit seiner Mobil-Middleware „RFID Anywhere“ für SAPs Auto-ID-Infrastuktur zertifziert. Middleware- Spezialist Seeburger (Halle 4, E48) bietet einen Rundum- Service zum Thema an.
Kein Weg führt an SOA vorbei
In der Reife wie RFID befinden sich auch noch Serviceorientierte Architekturen (SOA). Dabei handelt es sich um ein standardbasiertes Middleware-Konzept, mit dessen Hilfe sich Anwendungen und vor allem Prozesse miteinander verbinden lassen. Zwar stößt SOA in vielen Firmen noch auf großes Unverständnis, dennoch lässt es sich kein IT-Softwarehaus von Rang und Namen nehmen, einschlägige Produkte auf den Markt zu bringen.
Teradata (Halle 1, K41) bietet es für seine Business- Intelligence-Prozesse an. IBM zählt sich stolz zu den ersten Konzernen, die SOA bereits im Rahmen ihrer Websphere-Produktpalette realisiert haben. Selbst SAP (Halle 4, D12) räumt inzwischen ein, dass sein Netweaver eine SOA-Variante darstellt.
Open-Source-Software schreitet auf seinem Siegeszug weiter voran (Linux-Forum, Halle 5, E58). Anbieter tun sich allerdings schwer, bei Geschäftsanwendungen zu punkten. Solche Lösungen sehen Anwender als Wettbewerbsvorteil, den sie nicht über die Community verraten möchten. Deshalb ist auf der Messe fast ausschließlich Infrastruktur-Software zu sehen.
Linux-Distributor Redhat zeigt die neuen Eigenschaften des Community-Projekts „Fedora“ (Halle 5, F58). Zu den besonders interessanten Features zählen die Integration des Global File System und ein 64-Bit- Dateisystem für Cluster mit bis zu 256 Knoten. Konkurrent Novell/Suse wiederholt mit „Linux Desktop 10“ (Halle 1, G41) den schon mehrfach gescheiterten Versuch, Linux mit einer ansprechenden Benutzeroberfläche auf dem Desktop zu etablieren.
Ebenfalls in Halle 1 (A90) gibt sich Sun unter dem Motto „Share“ als die wahre Open-Source-Company. Obwohl viele Open-Source-Techniken von dort stammen, gilt Sun in der Community aufgrund seiner von der General Public License (GPL) abweichenden Offenlegungspraxis als suspekt.
Auf Unternehmenskunden konzentriert sich auch der Open-Source-Datenbank-Marktführer MySQL (Halle 3, B46). Das Unternehmen hat seine gleichnamige Datenbank gerade erst mit Stored Procedures, Trigger und Views in die Liga für geschäftskritische Anwendungen gehievt. Nun steht der Ausbau in Richtung Business Intelligence sowie um zusätzliche Cluster-Funktionen an.
Das Thema Sicherheit ist so sehr Mainstream geworden, dass Halle 7 nicht mehr alle Aussteller fasst. Viele Blicke richten sich auf Microsoft (Halle 6, E50), dessen Produkte extrem häufig als Einfallstore für Malware missbraucht werden. Schon aus diesem Grund ist der Softwarekonzern ins Security-Geschäft eingestiegen.
Sicherheit für mobile Geräte boomt
Ein großer Teil des kaum zu überblickenden Angebots in den Hallen 6 und 7 orientiert sich an den Bedürfnissen mittelständischer Unternehmen. Dort sind vor allem einfach zu bedienende Appliances für möglichst viele Gefahrenfälle beliebt. Angebote gib es beispielsweise von Utimaco (Halle 7, A28),Checkpoint und Radware (beide auf dem Stand von Computerlinks Halle 7, A30). Symantec (Halle 1, F69 und Halle 7, A06) widmet sich seit der Übernahme des Speicher-Management-Spezialisten Veritas der „Informationsintegrität“.
Auch müssen Unternehmen mobile Geräte sicher integrieren. Einerseits sollen Mitarbeiter keine Gefahren über Handys und Laptops einschleppen. Andererseits dürfen mobile Mitarbeiter keine vertraulichen Firmeninformationen verlieren. Festplattenverschlüsselung ist inzwischen Standard; als eleganter gelten jedoch gesicherte Fernzugriffe, sodass wichtige Informationen gar nicht erst auf dem Endgerät gespeichert werden müssen. Eine einschlägige Lösung bietet Newcomer Open Hand (Halle 4, A12). CeBIT-Neuling Ipass (Halle 7, A28) sichert mit dem „Endpoint Policy Management“ ebenfalls den mobilen Zugriff auf Unternehmensnetze ab.
Den Kern des Messebereichs Business Processes bilden die vielen Anbieter von betriebswirtschaftlicher Software, die von Branchenprimus SAP angeführt werden. SAP schart Partner um sich, die in immer wieder neuen Anläufen versuchen, den Mittelstand zu erobern. Dort hat der Konzentrationsprozess der vergangenen Jahre im oberen Segment unter anderem SSA Global (mit Baan) und Infor (Halle 5, C24) hervorgebracht. Auch Microsoft (Halle 4, C38) möchte hier Fuß fassen, verunsichert aber die Anwender durch neue oder umdefinierte Projekte wie „Green“. Microsoft schiebt vor allem die Version 4.0 der Unternehmenssoftware „Dynamics AX“ (ehemals Axapta) sowie die deutsche Version der Kunden-Management-Software „Dynamics CRM 3.0“ in den Vordergrund.
Daneben gibt es weiterhin eine Vielzahl von Anbietern, die sich meist über Branchenwissen profilieren und sich entweder technisch zum SAP- (Netweaver), Microsoft- (Dotnet) oder zum unabhängigen Java-Lager zählen. Java-basierte Produkte gibt es etwa von der Infor-Tochter Varial (Halle 5, D26) für Personalwirtschaft und Finanzwesen, dem Lebensmittel- und Lifescience-Spezialisten GUS (Halle 4, A12) oder den Mittelstands-Generalisten CIS (Halle 3, C26) mit Semiramis und SoftM (Halle 5, C04).
Den meisten Platz nehmen auf der CeBIT die Kommunikationsaussteller ein. Absoluter Megatrend bleibt die Sprachdatenkonvergenz mit einer Ausprägung zur IP-Telefonie. Neu ist in diesem Jahr, dass immer mehr Anbieter dafür das Handy nutzen wollen. Hinzu kommt der Ausbau der Mobilfunk-Angebote für UMTS.
Nach wie vor dominiert das luxemburgische Unternehmen Skype das Geschäft, doch der VoIP-Pionier bekommt Konkurrenz. Immer öfter steigen klassische DSL-, Internet- und Telefonnetzbetreiber in das Geschäft ein, wenn auch oft mit Skype als Partner. Dabei löst sich das VoIP mit speziellen Telefonen zunehmend vom Computer. So folgen dem WLAN-Telefon von Netgear (Halle 13, C58) jetzt Geräte der taiwanesischen Accton Technology (Halle 15, D46). In die gleiche Richtung zielen die Dual-Mode-Handys von Arcor (Pavillon P33), die sich außerhalb des Hotspots auch als normale Mobilfunktelefone nutzen lassen. Einen Schritt weiter geht Fujitsu- Siemens (Halle 1, G51) mit seinem neuen Pocket- Loox-Modellen der T-Serie. Das Unternehmen beschreibt sie als eine neue Generation von All-in-One- Handhelds mit integriertem UMTS und GPS, Wi-Fi und Bluetooth – inklusive Push-E-Mail.
Probleme bei der IP-Telefonie
Die Methode, über WLANs IP-Telefonie und Datenverkehr zu vereinheitlichen, ist in Unternehmen nicht unumstritten. Die Administration ist nicht trivial, zumal man sich damit alle aus dem Internet bekannten Probleme einfängt. Auch lassen schnellere und flexiblere Standards wie Wimax auf sich warten. Derweilen feiert in Hannover die kommende UMTS-Generation mit dem Kürzel HSDPA (High Speed Downlink Packet Acces) ihren Auftritt. Downloads bis 1,8 Mbit pro Sekunde erfordern aber in der Regel neue Geräte. Auch T-Mobile (Halle 26, A01) will in Hannover mit einer HSDPA-Ankündigung ein Highlight setzen, sieht aber ansonsten eher mobile E-Mails als Schwerpunkt des eigenen Auftritts. Gerüchten zufolge arbeitet man aber auch dort an IP-Telefonie über das Handy.