Im Pervasive Computing werden Mikrocomputer in Alltagsgegenstände integriert. Dadurch verwandeln sie sich zu intelligenten Gegenständen. Dem Ansatz zufolge werden alle Gegenstände der realen Welt Teile eines Informations- und Kommunikationssystems. Auf diese Weise überlagern sich reale und virtuelle Welt und verschmelzen miteinander.
Der Untersuchung zufolge wird Pervasive Computing zu einem durchgreifenden Wandel im Umgang mit Computern führen. Der Grund: Aufgrund ihrer Integration in Alltagsgegenstände werden Computer häufig als solche nicht mehr wahrgenommen. Dadurch entzieht sich auch ihre Nutzung der bewussten Wahrnehmung.
Der Wandel wird sozio-ökonomische Auswirkungen haben und eventuell auch die Informationssicherheit, den Datenschutz und die Funktionssicherheit gefährden. Die Analyse zeigt, dass die Vorstellungen über das Pervasive Computing noch stark von zeitnahen Visionen geprägt werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass es in mindestens zwei Stufen verlaufen wird.
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1. Stufe (PvC-1): Innerhalb der nächsten fünf Jahre etablieren sich zahlreiche Produkte und Anwendungen, die noch stark von den Entwicklungszielen Mobilität und Ad-hoc-Vernetzung gekennzeichnet sein werden. Im wesentlichen handelt es sich dabei um die Fortschreibung heutiger Trends, wie etwa die Miniaturisierung und die Integration verschiedener Funktionen in ein elektronisches Gerät.
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2. Stufe (PvC-2): Die Experten vermuten, dass PvC-2 innerhalb von etwa zehn Jahren verfügbar sein wird. Im Vergleich zur ersten Stufe wird es dabei zu qualitativen Sprüngen kommen. Das PvC-2 verfügt unter anderem über die Fähigkeit, intelligent und fallweise auf die situativen Benutzerbedürfnisse und die Umwelt zu reagieren. Außerdem wird sich eine wirklich offene Vernetzungsstruktur ohne Medienbrüche etablieren.
Technologische Grundlagen
Kommunikationstechnologien und Mikroelektronik sind eine wichtige Voraussetzung für fast alle Pervasive-Computing-Anwendungen. Dabei hat die Energieversorgung eine zentrale technische Aufgabe. So sind Batterien und Akkumulatoren relevante Voraussetzungen für die Realisierung des Pervasive Computing. Die Gewinnung von Energie aus der Umgebung, Energy-Harvesting, wird als Alternativtechnologie für die Zukunft gesehen.
Laut der Studie ist zu erwarten, dass das Pervasive Computing wegen seiner Durchdringung des alltäglichen Privat- und Berufslebens weit reichende Konsequenzen nach sich ziehen wird. Sie werden sich in unterschiedlichen sozio-ökonomischen Kontexten niederschlagen. Betroffen sind besonders die folgenden drei Bereiche.
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Datenschutz
Eine Verbesserung der heutigen Situation beim Datenschutz, insbesondere für die Durchsetzung der informationellen Selbstbestimmung, sehen die Experten nur in den Anwendungsfeldern Sicherheit, Medizin und Produktion. Für den Autoverkehr, Kommunikation, Logistik, intelligentes Haus und Handel erwarten sie allerdings negative Auswirkungen. Um den Datenschutz sicherzustellen sollte auf jeden Fall ein datenschutzkonformer Systementwurf verfasst werden.
Nur eine System-Architektur, die die Wahrung der informationellen Selbstbestimmung von Beginn an einbezieht, kann verhindern, dass ernsthafte Datenschutzkonflikte entstehen. Die Studie warnt davor, dass die frühzeitige Verfügbarkeit einer bahnbrechenden Anwendung dazu führen kann, dass der Datenschutz in der wichtigen Implementierungsphase nur geringe öffentliche Aufmerksamkeit erfährt.
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Wirtschaft
Der Untersuchung zufolge könnte das Pervasive Computing besonders für die Arbeitseffizienz positive Effekte haben. Dabei fällt aus, dass dem Pervasive Computing aufgrund der Fähigkeit zur Selbstorganisation und -steuerung industrieller Prozesse ein hohes wirtschaftliches Potenzial in Hinblick auf Handel und Produktion zukommt.
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Gesamtgesellschaft
Positive Auswirkungen erwarten die Experten bei der Unterstützung persönlicher Aktivitäten in den privaten Bereichen Medizin, Haus, Kommunikation und Automobil. Außerdem rechnen sie mit einer Verbesserung der Sicherheit für militärische und sicherheitsrelevante, insbesondere aber für medizinische Themen.
Zu den Verlierern des Pervasive Computing zählen Kleinbetriebe, Einzelhandel, politische Minderheiten und Randgruppen, so die Analyse. Grundsätzlich sind die Menschen bereit, sich auf allgegenwärtige Computer einzulassen. Sie müssten jedoch davon überzeugt sein, dass der Datenschutz gewährleistet, die Technik sicher und anwenderfreundlich sowie deren Nutzung nicht verpflichtend ist.
Die Studie "Pervasive Computing: Entwicklung und Auswirkungen" führte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zusammen mit dem Fraunhofer Institut für Sichere Informationstechnolgie, Sun Microsystems und dem Berliner Unternehmen VDI/VDE Innovation + Technik durch. Einen zentralen Pfeiler bilden die Telefoninterviews mit fünf ausgewählten Experten sowie eine Online-Befragung von 83 nationalen und internationalen Fachkräften.