Industrie 4.0 ist ein Thema, dass inzwischen spürbar in Unternehmen aller Branchen und Größen angekommen ist. Die bestehenden Geschäftsprozesse werden weiter automatisiert und zusätzlich steigt der Druck, in einer Welt der fortschreitenden Digitalisierung neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, um auch zukünftig im Wettbewerb bestehen zu können.
Radikal neue Anforderungen
Diese Herausforderungen stellen nicht nur neue Anforderungen bezüglich Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit an die Unternehmens-IT, sie verändern die Rolle der IT in den Unternehmen und die Bedeutung für den Unternehmenserfolg radikal. Bisher war gefragt, die bestehenden Geschäftsprozesse durch Automatisierung zu unterstützen und die Anforderungen der Anwender bestmöglich zu erfüllen. Viele Unternehmen haben hier inzwischen auch mit Hilfe der klassischen ITSM Methoden wie zum Beispiel ITIL große Fortschritte gemacht.
Den Fokus auf den Service zu legen, also auf den Nutzeffekt für die Anwender statt auf technische Komponenten, ist inzwischen in vielen Unternehmen zum Alltag geworden. Die Richtung stimmt, auch wenn die meisten Unternehmen hier noch deutliches Entwicklungspotenzial haben. Allein die Themen Cloud-Computing und die resultierenden Multisourcing-Umgebungen eröffnen viele neue Perspektiven und Handlungsfelder.
Neue Dimension für die Unternehmens-IT
In Zukunft eröffnet sich eine weitere Dimension für die Unternehmens-IT: Sie wird weit über die Erfüllung definierter Anforderungen hinaus als Innovationstreiber im gesamten Unternehmen gefragt sein. Sie wird ein zentraler Bestandteil der Wertschöpfung werden und sich von ihrer unterstützenden Funktion immer weiter in Richtung Kernprozesse des Unternehmens entwickeln. Statt bestehende Geschäftsmodelle zu unterstützen, wird sie ein wesentlicher Ideengeber für völlig neue Geschäftsmodelle sein.
Autonomes Fahren und Plattformökonomie
Autonom fahrende Autos, die das bisherige Geschäftsmodell - Autos verkaufen - infrage stellen und Geschäftsmodelle wie "Transport von A nach B verkaufen" ermöglichen, sind nur ein plakatives Beispiel für grundlegende Veränderungen in etablierten Geschäftsmodellen.
Ein weiteres Beispiel ist das durch Digitalisierung entstandene oder zumindest radikal erneuerte Prinzip der Plattformökonomie. Sie hat die Art wie Musik verkauft wird (iTunes), wie Hotels ihre Betten auslasten (HRS) oder wie Warenhäuser funktionieren (Amazon) völlig auf den Kopf gestellt.
IT braucht intensive Sicht aufs Business
Wenn Unternehmen in diesem Umfeld der digitalen Transformation der Märkte erfolgreich sein wollen, werden sie gefragt sein, die IT stärker in die Entwicklung des Unternehmens und des Portfolios einzubeziehen. Für die IT-Organisationen bedeutet das ebenfalls eine grundlegende Veränderung der Sicht auf das Business.
Die seit vielen Jahren andauernde Entwicklung der IT zum Anbieter bedarfsgerechter Services statt reiner Technologie muss den nächsten Evolutionsschritt gehen. Die Service-Level-konforme Erbringung der vereinbarten Services wird nur noch ein Teil der Aufgaben darstellen. Zusätzlich wird die IT gefragt sein, der Rolle als Ideenlieferant im eigentlichen Geschäft gerecht zu werden.
Wenn die IT sich zukünftig tatsächlich kreativ mit neuen Ideen für das Geschäft, also Service Innovation befassen will, dann verlangt das zunächst, Grundlagen wie die zuverlässige und wirtschaftliche Bereitstellung der vereinbarten Services und die Umsetzung neuer und geänderter Anforderungen sicher zu beherrschen. Um das zu leisten, muss die IT einerseits die aktuellen Prozesse und Aktivitäten des Business detailliert kennen und wissen, welche Services für welchen dieser Prozesse benötigt werden. Andererseits muss sie das Geschäft des Unternehmens und die Märkte in denen es sich bewegt besser kennen als heute.
Bimodal IT und Two-Two-Speed-IT reichen nicht aus
Mehr oder weniger aktuell diskutierte Ideen wie die bimodale IT (Gartner) oder Two-Speed-IT (McKinsey) adressieren diese Problematik nur teilweise, denn sie befassen sich lediglich mit den Betriebsmodi, um Kundenanforderungen sowohl schnell als auch zuverlässig erfüllen zu können. Für die IT der Zukunft ist das nicht ausreichend, denn sie wird eben nicht nur Anforderungen erfüllen sondern aktiv die Geschäftsmodelle mitgestalten und als Innovationstreiber im gesamten Unternehmen agieren. Gleichzeitig wird die Bedeutung der IT für die Produktion weiter steigen und damit neue Herausforderungen für die Entwicklung maschinennaher IT-Systeme und deren sicheren Betrieb erzeugen.
Innovationen für Business und Services statt zwei Geschwindigkeiten
Egal ob die IT sich zukünftig darauf einstellt, alle diese Herausforderungen aus eigener Kraft erfüllen zu können, ob sie sich auf ihre Rolle als Innovationstreiber spezialisiert und den sicheren Betrieb ganz oder Teilweise an Sourcing-Partner vergibt oder einen anderen Weg findet: Es sind keine zwei Geschwindigkeiten auf die sich der CIO vorbereiten muss sondern zwei komplett unterschiedliche Perspektiven von denen eine - die Geschäftsmodell-Innovation - bisher keine oder maximal eine sehr untergeordnete Rolle gespielt hat. Service-Innovation über die Erfassung und schnelle Umsetzung bestehender und neuer Anforderungen hinaus, wird für den CIO in den nächsten Jahren erheblich an Bedeutung gewinnen.
Die IT rückt damit weit in des Zentrum der unternehmenskritischen Prozesse und die alte Diskussion, ob der CIO Teil der Unternehmensführung sein soll, wird vor diesem Hintergrund eine neue Perspektive erhalten.