Der Blick in den Spiegel und das Reflektieren über das eigene Tun - das sind Dinge, die auch für den CIO dazugehören. Der regelmäßig gegen Jahresende erscheinende "Global CIO Survey" von Deloitte regt genau dazu an - und dieses Mal in besonderem Maße.
Erstens nämlich steht dieses Mal gewissermaßen am Anfang der Studie die Frage nach der Persönlichkeit von CIOs und ihren Auswirkungen auf deren Erfolg.
Zweitens setzt diese Frage auf das Studiendesign des Vorjahres auf, das einerseits das von CIO hinterlassene Erbe thematisierte und andererseits drei Idealtypen von CIOs unterschied.
Drittens zeigt die Untersuchung, für die weltweit mehr als 1200 IT-Chefs befragt wurden, Unterschiede zwischen deutschen Entscheidern und dem globalen Durchschnitt auf. Hierzu muss allerdings erwähnt werden, dass von den Befragten lediglich 30 aus der Bundesrepublik kommen - es besteht also eine unübersehbare Differenz hinsichtlich der Repräsentativität der Ergebnisse.
3 Typen von CIOs
Zu erinnern ist vorneweg kurz an die drei CIO-Typen, die Deloitte bereits im Vorjahr unterschied und dieses Mal wieder. Der IT-Chef kann demnach ein Trusted Operator sein, der die Kosten im Griff hat und effizient arbeitet. Es ist die klassische, vor allem auf den IT-Betrieb fokussierte Rolle. Manchmal ist der CIO auch Change Instigator - also derjenige, der beim Wandel vorneweg geht. Der dritte Typus ist der Business Co-Creator, dessen Stärke in der Verzahnung mit dem Business liegt und der seinen aktiven Beitrag zum Geschäftserfolg beiträgt.
Auf dem Weg vom Trusted Operator zum Business Co-Creator
Deloitte betont erneut, dass nicht der eine Typ besser ist als der andere. Welche CIO-Arbeit in einem Unternehmen gefragt ist, hängt von der Situation des jeweiligen Unternehmens und seiner IT ab. Gleichwohl muss man hierzu ergänzen, dass es selbstverständlich einen Trend gibt, der sich von der traditionellen Rolle als Trusted Operator eher wegbewegt. Ein Thema auch dieser Studie sind die Digitalisierung und durch sie veränderte Anforderungen an die CIOs. In diesem Zusammenhang liegt einer Aufwertung der Rolle des IT-Chefs etwa als Business Co-Creator auf der Hand.
Daraus ergeben sich zentrale Fragen, die sicherlich viele CIOs umtreiben: Inwiefern bin ich eigentlich festgelegt, auf eine bestimmte Weise zu arbeiten? Habe ich beispielsweise als Trusted Operator überhaupt die Chance, irgendwann als Change Instigator zu arbeiten? Oder bin ich am Ende gar qua meiner Persönlichkeit darauf festgelegt, immer und ewig im gewohnt alltäglichen Trott zu verbleiben?
CIOs können sich selbst erfolgreich positionieren
Hierzu gibt die Deloitte-Studie eine erfreuliche Antwort. "Die schöne Schlussfolgerung lautet: Die Fähigkeit von CIOs, Werte zu schaffen, wird nicht durch inhärente, persönlichkeitsbasierte Attribute begrenzt", schreiben die Autoren. "Stattdessen können sich CIO selbst erfolgreich positionieren, indem sie die IT-Ressourcen und Skills aufbauen, die zur Übernahme und Beantwortung der geschäftlichen Anforderungen innerhalb ihrer Organisation nötig sind."
Persönlichkeit behindert nicht die Karriere
Vereinfacht gesagt müssen CIOs also nicht grübeln, ob ihre Persönlichkeitsstruktur sie auf ihrem Karriereweg behindert. Das wird in aller Regel nicht der Fall sein. Um Missverständnissen in dieser sehr grundsätzlichen Frage vorzubeugen, ist indes ein genauerer Blick auf die Fragestellung von Deloitte nötig.
Die Analysten hatten vorab eine Fülle von abzufragenden Kriterien definiert, die nach dem Muster Anlage und Umwelt differenziert wurden. In die Kategorie "Nature" fielen 20 Attribute der Persönlichkeit und des Arbeitsstils, in die Kategorie "Nurture" 10 IT-Qualitäten und 12 Führungskompetenzen. Die befragten CIOs bewerteten sich sodann selbst innerhalb dieses Schemas.
Worin genau besteht nun der Mut machende Kern des Deloitte-Befunds? Nun, offenbar ist die Frage, ob ein CIO als Trusted Operator, Change Instigator oder Business Co-Creator fungiert, in hohem Maße unabhängig von seiner "Nature" und korreliert umso stärker mit den "Nurture"-Faktoren.
An IT-Qualitäten und Führungskompetenzen lässt sich arbeiten
Das ist deshalb eine gute Nachricht, weil die Attribute der Persönlichkeit und des Arbeitsstil stark festgelegt sind, an IT-Qualitäten und Führungskompetenzen lässt sich demgegenüber arbeiten. Die Botschaft lautet also: Für CIOs lohnen sich Anstrengungen zur eigenen Weiterentwicklung, denn prinzipiell können sie in jede der drei genannten idealtypischen Rollen schlüpfen.
Der in der Studie eher unausgesprochene Quell von Missverständnissen liegt nun in der naheliegenden Geringschätzung der persönlichen Faktoren. Denn es lässt sich nicht sagen, dass die Frage nach ihnen unsinnig ist, nur weil sie sich im genannten Kontext als vernachlässigbare Größe entpuppten. Das taten sie offenkundig deshalb, weil sich CIO aus aller Welt hinsichtlich Persönlichkeit und Arbeitsstil frappierend ähnlich sein.
Demnach sind diese Attribute wichtig, um überhaupt CIO zu werden und sich als solcher zu halten; erweist man sich dann als geeignet für die Tätigkeit als IT-Chef, kann man diese in jeder der drei idealtypischen Weisen erfüllen.
7 Eigenschaften von CIOs
Deloitte destilliert insbesondere sieben Eigenschaften heraus, die typisch CIO sind:
90 Prozent der Befragten können sich leicht auf neue Umwelten einstellen.
81 Prozent haben in der Zusammenarbeit mit anderen eher Ziele als Emotionen im Blick.
81 Prozent sind frühe Nutzer neuer Technologien.
78 Prozent neigen eher dazu, die erste Geige zu übernehmen anstatt als Teamplayer aufzutreten.
76 Prozent haben das große Ganze im Visier und nicht unbedingt die Details.
75 Prozent nehmen die Konfrontation an und suchen sie nicht zu vermeiden.
75 Prozent tolerieren Risiken.
Soweit die Einblicke der Studie in das Wesen des CIOs. Daneben liefert Deloitte weitere handfeste Anhaltspunkte dafür, wie die IT und ihre Chefs aktuell aufgestellt sind. Einige Befunde und Auffälligkeiten seien hier durch die deutsche Brille aufgegriffen.
Mehrheit der CIOs hält sich noch für Trusted Operator
63 Prozent der Befragten aus der Bundesrepublik ordnen sich als Trusted Operator ein, 7 Prozent als Change Instigator und 30 Prozent als Business Co-Creator. Im internationalen Vergleich deutet das auf stärkere Beharrungskräfte hin als anderswo, denn im globalen Durchschnitt definieren sich nur 55 Prozent als Trusted Operator, dafür entfallen auf die beiden anderen Rollen jeweils 4 Prozentpunkte mehr.
Das Ranking der vom Business an die IT formulierten Ansprüche sieht in Deutschland so aus:
In 80 Prozent der Firmen wird eine Verbesserung der Geschäftsprozesse erwartet,
in 73 Prozent die Wartung der IT-Systeme,
in 63 Prozent das Management der Cyber Security,
in 60 Prozent die Reduzierung von Kosten bei gleichzeitiger Erhöhung der Effizienz,
53 Prozent der Unternehmen fordern von ihrer IT digitale Ressourcen und geschäftliche Innovation ein.
Im globalen Durchschnitt liegt die Kostenreduzierung mit 67 Prozent auf dem zweiten Platz im Ranking. Hier liegt die stärkste Abweichung der deutschen Ergebnisse - und sie deutet wohl darauf hin, dass hierzulande dieses Problem in der Vergangenheit in höherem Maße abgearbeitet werden konnte als anderswo.
Die wichtigsten IT-Felder
Von den technologischen Feldern wird nach Ansicht von 57 der deutschen CIOs in den kommenden zwei Jahren die Digitalisierung die größte Rolle spielen. 47 Prozent nennen die Modernisierung von Alt- und Kernsystemen, 43 Prozent Analytics, jeweils 37 Prozent Cyber Security und Cloud Computing. International ist mit 67 Prozent beziehungsweise 59 Prozent der Anteil der Unternehmen deutlich größer, die Digitalisierung und Analytics für auf absehbare Zeit wichtig halten.
Insbesondere die hiesige Skepsis gegenüber der Datenanalyse zeigt sich auch bei der Frage nach den Prioritäten bei den an die Endverbraucher gerichteten Aktivitäten. 17 Prozent der deutschen Befragten nennen hier die Analyse von Kundendaten, 38 Prozent sind es global. Ins Auge sticht am deutschen Ergebnis ferner die Produktfokussierung. 57 Prozent führen das Design von Produkten an, 50 Prozent den Aufbau technologischer Plattformen - weltweit ist es umgekehrt.
Die Stärken der CIOs
Bei der Frage schließlich nach den aktuellen Stärken der CIOs offenbart sich wiederum eine deutsche Besonderheit. 57 Prozent nennen hierzulande den Einfluss auf die internen Akteure. Damit erscheinen deutsche CIO intern erkennbar besser vernetzt als ihre Kollegen im Ausland. Global sehen nämlich nur 47 Prozent den internen Einfluss als große Stärke. In Deutschland führen ebenfalls 57 Prozent die Kommunikation, 53 Prozent die technologische Vision und 50 Prozent die Kommunikation der finanziellen Auswirkungen der IT an.