"Veränderungen gehören heute zum Tagesgeschäft von Unternehmen", sagt Robert Winter, Ordinarius für Wirtschaftsinformatik an der Universität St. Gallen (HSG). Das Zauberwort der Stunde lautet daher Business Engineering (BE). Winters Definition: "Business Engineering versteht sich als betriebswirtschaftliche Konstruktionslehre für Veränderungsvorhaben. Modell- und Methodenkomponenten aus Betriebswirtschaftslehre, Change Management, Systems Engineering und Technologiebeobachtung werden dazu integriert."
Ziel ist, Veränderungen wie etwa Out- und Insourcing, Umgestaltung von Kernprozessen oder Vernetzung ganzheitlich anzugehen. Nach dem St. Galler Management-Modell unterscheidet Winter vier Ebenen:
1. Strategie-Ebene oder die "Was?"-Frage: Hier werden die Positionierung des Unternehmens im Wettbewerb sowie seine Produkte oder Leistungen und seine Ziele betrachtet.
2. Organisations-Ebene oder die "Wie?"-Frage: Hier geht es beispielsweise um Aktivitäten und Prozesse, Verantwortlichkeiten und Berichtswege, operative Führung und Informationsflüsse.
3. Systeme oder die "Womit?"-Frage: Auf dieser Ebene stehen Applikationen, Hard- und Software, Datenstrukturen und Vernetzungskomponenten im Fokus.
4. Politisch-kulturelle Ebene oder die "Warum?"-Frage: Diese Ebene umfasst Organisationskultur, Führung, Macht, Motivation und Verhalten.
"Die Vision von Business Engineering ist nun, die verschiedenen Aspekte und Anforderungen als offene, lose gekoppelte, aus wieder verwendbaren Komponenten bestehende Strukturen und Prozesse zu definieren und zu realisieren", so der Wirtschaftsinformatik-Professor. Hier kommt das Thema Service-orientierte Architekturen (SOA) ins Spiel.
CIOs ist SOA zu komplex
Die Erwartungen an eine SOA sind hoch: Wiederverwendung, Unterstützung von Geschäftsprozessen durch standardisierte Komponenten, einfache Re-Orchestrierung der IT nach einer Prozessänderung und systematisches Wiederfinden von Services.
Robert Winter räumt denn auch ein, in Sachen SOA bei sieben von zehn CIOs auf Skepsis zu stoßen. Den Grund dafür sieht er in der unüberschaubaren Komplexität, die die Verbindung von technischen und fachlichen Komponenten aufweist.
Er rät IT-Entscheidern daher, die Analyse und Gestaltung von Serviceorientierung in drei Unterebenen zu teilen:
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Unten liegt die Infrastruktur-Ebene, die IT-Plattformen und Netzwerke abbildet.
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Darüber liegt die Software-Ebene, die Anwendungen und deren Datenstrukturen darstellt.
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Die übergeordnete Integrations-Ebene bildet fachliche Services, Anwendungslandschaften und andere Modelle ab, die die Beziehungen zwischen fachlichen Strukturen und IT-Strukturen verdeutlichen.
Für Robert Winter ist SOA "quasi die praktische Umsetzung von Business Engineering". Service-orientierte Architekturen führen zu mehr Flexibilität und damit zu mehr Agilität beim Gestalten von Geschäftsprozessen.
Fit machen für Veränderungen
Der Wirtschaftsinformatiker Robert Winter führt seine Thesen in dem Beitrag "Fit machen für Veränderungen" im IT-Report 2009 von der Zukunftswerkstatt IT aus. Herausgeber des Reports ist die Alternus Gesellschaft, Hamburg.