PAC Desktop Management Radar

Dienstleister reif, aber wenig innovativ

07.06.2010 von Thomas Pelkmann
15 bis 50 Prozent der deutschen IT-Budgets gehen für Desktop-Services drauf. Outsourcing ist trotzdem wenig verbreitet. Schade, finden Robert Gögele von SIS und Olaf Heyden von T-Systems.

Das Outsourcing von Dienstleistungen rund um das Management von Desktop-Umgebungen gilt den Marktforschern von PAC zufolge als "reifer Markt", die Dienstleistung als "Commodity". Dennoch, stellt PAC im Radar "Desktop Management" fest, wird gerade einmal jeder fünfte Euro aus dem Topf für die Desktop-Architektur für Outsourcing oder Managed Services ausgegeben.

Auf diesen Budgetposten entfallen immerhin - abhängig von Branche und Unternehmensgröße - zwischen 15 und 50 Prozent der deutschen IT-Budgets. "Das Potenzial", folgert PAC, "ist also nach wie vor enorm".

Dennoch ist der Wettbewerbsdruck auf die Anbieter von IT-Dienstleistungen groß: "Der Outsourcing-Markt ist sehr umkämpft", stöhnt zum Beispiel Robert Gögele, seit April Deutschland-Chef von Siemens SIS, über den Kostendruck. "Die meisten Anbieter gehen mit 0 Ebits in den Basisvertrag rein und versuchen dann, über das bessere Management eines Vertrages in die Profitzone zu kommen", so der SIS-Chef zum CIO.

Die "Kommoditisierung" des Marktes, von PAC für "die Entwicklung von wirklich innovativen und für den Kunden attraktiven Konzepten" durchaus freudig begrüßt, trägt ebenfalls zum Kostendruck bei. "Die Kunden versuchen, die Service-Level und -kategorien in eine Matrix zu bringen, wo man die Preise der Anbieter Eins zu Eins vergleichen kann. Das setzt die Preise zusätzlich unter Druck", meint SIS-Chef Gögele. "Was ein bisschen dabei verloren geht, ist der Gedanke des produktiven Gainsharings nach dem Motto: ‚Wenn wir gemeinsam die Kosten senken, haben wir beide was davon’." Im Sinne einer guten Service-Partnerschaft ist dieser Preisdruck für Gögele nicht.

Allein in Deutschland macht PAC im Wettbewerb "eine Vielzahl unterschiedlichster Anbieter" aus, die das Marktforschungsunternehmen erstmals in seinem Radar untersucht hat. Der Radar, so PAC, "dient der ganzheitlichen Evaluierung und visuellen Positionierung der führenden Anbieter." Neben vordefinierten Kriterien wie Umsatzgröße und -entwicklung sowie Marktanteil der Provider bewerteten die Marktforscher insbesondere auch die Leistungsfähigkeit und spezifische Kompetenz im betrachteten Marktsegment.

Siemens SIS und T-Systems unter den Klassenbesten

Auf den Plätzen der Klassenbesten landeten bei der unter den Kunden von Outsourcing-Dienstleistern durchgeführten Befragung Siemens IT Solutions and Services (SIS) und T-Systems. Bei beiden Unternehmen stellt PAC eine direkt auf die Anforderungen zugeschnittene Angebotspalette, eine starke internationale Ausrichtung sowie eine überdurchschnittlich gute Marktposition fest.

Allerdings, so PAC-Consultant Karsten Leclerque, sind die Abstände zur Konkurrenz klein: "Im Radar liegen alle Unternehmen in der Qualität nahe beieinander." Für die Kunden ist das eine gute Nachricht, weil der deutsche Anbieter-Markt trotz bescheidener Outsourcing-Quoten insgesamt gut aufgestellt ist.

Der einzige Kritikpunkt aus der Sicht des Analysten ist die mangelnde proaktive Delivery. "Gerade im Commodity-Markt ist der Preisdruck sehr groß", meint Leclerque. Wer aber als Kunde nur darauf aus sei, den Preis zu drücken, nehme dem Dienstleister ein Stück weit die Möglichkeit, sich im Sinne des Kunden für strategische Fragen zu engagieren. "Für Innovation braucht man auch ein bisschen Luft".

SIS-Chef Robert Gögele nimmt die Kritik an: "Ja das stimmt", meint er und führt dieses Dilemma ebenfalls auf den Kostendruck zurück. "Je stärker der Service kommoditisiert ist, desto mehr müssen die Dienstleister auf ihre Kosten achten. Darunter leidet das Innovationsthema."

Sein Unternehmen veranstaltet daher mit seinen Kunden ein- bis zweimal jährlich so genannte Customer Innovation Workshops, bei der neue Technologien, die SIS im Fokus hat, mit den Kunden besprochen werden. "Außerdem haben wir Customer Advisory Boards zu bestimmten Themen gegründet, wo wir mit den Kunden über unsere Offerings diskutieren."

Innovationen als langfristiger Ansatz

Auch Olaf Heyden, Geschäftsführer bei T-Systems, kennt die Beschwerden. Aber er teilt sie nicht ganz: "Es gibt den Wunsch der Kunden, ein optimales Preisgefüge zu finden. Das schaffen wir aber nur über die Standardisierung der eigenen Plattformen". Innovationen seien dann ein "eher langfristiger Ansatz", so Heyden. "Diese müssen erst einmal in die Plattform implementiert und mehreren Kunden zur Verfügung gestellt werden". Im Desktop-Geschäft, so der T-Systems-Vorstand, sei die Anzahl der echten Innovationen zudem eng begrenzt.

In der Frage der Standardisierung sind sich beide Anbieter mit PAC einig: Sie ist der Schlüssel, um unter großem Preisdruck einen guten Service bieten zu können. "Wir haben gerade ein Desktop-Paket für 9,95 Euro aufgesetzt", bericht Gögele. Das sei zwar der absolute Minimalpreis mit Virenschutz und Basis-Service. Aber: "Wenn der Kunde nur das Minimum will, kriegt er es auch". Es sei jedoch jederzeit möglich, den Service nach oben modular zu erweitern.

Olaf Heyden zufolge führt die Standardisierung zu viel höherer Prozessreife in den Dienstleistungs-Organisationen, weil man nicht mit unterschiedlichen Prozesstypen oder kundenindividuellen Prozessen arbeiten müsse. Letztlich gehe es bei der Diskussion um Standards nicht um 08/15-Lösungen von der Stange, sondern um eine höhere Verlässlichkeit der Delivery.

"Wenn Sie sich anschauen, wie viel Geld ein Service-Provider für die Optimierung der Prozesswelt ausgibt, damit er seine Leistungen für den Kunden bringen kann, sehen Sie, wie wichtig dieses Thema ist." Über Standards könne man die eigene Kostenbasis optimieren und beim Kunden die Verbindlichkeit der Prozesse erhöhen. "Da haben Sie den Punkt, an dem Kosten- und Qualitätsoptimierung konvergent laufen".

Es geht nie um die Kosten allein

Tatsächlich gehören die Kosten laut PAC-Analyst Leclerque nur zu den Top 3 der Auswahlkriterien für Dienstleister, seien aber niemals der ausschlaggebende Faktor. Und die Prioritäten hätten sich in den vergangenen Jahren trotz Krise kaum geändert. "Das wichtigste Kriterium ist die Branchen- und Prozesskompetenz", so Leclerque. "Der Dienstleister muss verstehen, wie das Geschäft beim Kunden läuft und was der Kunde dafür benötigt". Mit der zunehmenden Standardisierung nehme die Bedeutung dieser Kompetenz aber ab.

Dafür werden künftig neue Anforderungen an die Dienstleister auf dem Desktop kommen, weil der klassische Arbeitsplatz mit Computer auf dem Schreibtisch irgendwann der Vergangenheit angehören wird. "Den gibt es dann nur noch im traditionell stationären Business, etwa bei Finance und Controlling", bestätigt Gögele den Trend zu mobilen Endgeräten.

Arbeiten jenseits des Büro-Schreibtisches werde sich vor allem bei Knowledge Workern und mobilen Kräften durchsetzen, die immer stärker darauf drängten, ihre eigenen Geräte ins Firmennetz einbinden zu können. "Da laufen dann die Firmenanwendungen über einen virtuellen Desktop und daneben die privaten Programme. Innerhalb der virtuellen Maschine entspricht die Umgebung exakt den Unternehmensstandards für Performance und Datensicherheit. Außerhalb kann der Mitarbeiter machen, was er will", beschreibt der SIS-Chef das Szenario.

Für Olaf Heyden von T-Systems gehören auch die Server-Landschaften in dieses Desktop-Thema: "Es gibt den Mega-Trend Cloud Computing", bei dem es weg von dezidierter Hardware hin zu Shared Platforms gehe. "Dabei helfen wir den Kunden, eine Standardisierung im eigenen Hause durchzuführen", so der T-Systems-Manager.

Sein Unternehmen habe vor kurzem den "weltweit ersten" Vertrag über so genannte Hybrid-Systeme abgeschlossen. Dabei gehe es um die Verbindung von Public und Private Clouds. Die "öffentliche Wolke" garantiere die niedrigsten Kosten, die private die größte Individualität. "Der Kunde möchte die Vorteile beider Wolken mit Blick auf hohe Sicherheitsanforderungen nutzen. Er gibt uns dabei freie Hand, um den bestmöglichen Service sicherzustellen", beschreibt Heyden den Mega-Deal.

Virtualisierung wird Desktop Management nachhaltig verändern

Auch PAC-Analyst Karsten Leclerque sieht in Mobile Computing und zunehmender Virtualisierung einen großen Trend, der das Desktop Management nachhaltig verändern wird. "Der Managed Virtual Desktop wird sich rasant entwickeln. Die Applikationen wandern ins Rechenzentrum, und auf dem Schreibtisch steht der Thin Client oder ein beliebiges anderes Endgerät. Das kann auch der private Computer des Mitarbeiters sein." Allerdings, bemängelt der Experte, gebe es auch hier noch Luft nach oben: "Im Oursourcing gibt es noch nicht sehr viele solcher Projekte, eher im internen Bereich. Dass die virtuellen Rechner beim Dienstleister stehen, ist eher noch die Ausnahme". Reichlich Potenzial für Verbesserungen also. PAC, das mit dem Thema "Desktop Management" das erste Radar dieser Art veröffentlicht hat, wird den Markt weiter beobachten - auch zu anderen Themen des IT Service Managements.