Führungskräfte müssen eine entscheidende Rolle in der digitalen Transformation spielen - zumindest darin waren sich die 400 Personalverantwortlichen auf der Konferenz "Digital Mind Change" in der Münchner BMW-Welt einig. Doch schon bei der Frage nach der Definition und den wichtigsten Kompetenzen eines Digital Leaders gingen die Ansichten auseinander.
Ausprobieren mit Design Thinking
Laut Stephan Grabmeier, bis vor kurzem digitaler Vordenker bei Haufe, sollte sich ein digitaler Leader nur mit Innovationen beschäftigen und experimentieren: "Design Thinking ist eben nicht, eine weitere Powerpoint-Folie für das Entscheidungsgremium zu produzieren, sondern Prototypen zu bauen, an denen man das neue Produkt oder den Service ausprobieren und richtig testen kann." Bei Haufe agieren die Digital Leaders immer im Führungstandem mit einem Manager, der die innovativen Themen "auf den Boden bringt" und die Steuerung übernimmt. Weniger gute Erfahrungen habe man dagegen mit einem ausgegliederten Digitallabor gemacht, da so die Innovationen nicht in die Organisation getragen wurden.
Für den Digitalexperten Ibrahim Evsan beginnt Digital Leadership mit einer Disruption des Denkens. So müssten Führungskräfte begreifen, dass "das Smartphone zur Fernbedienung des Lebens" werde, jeden Geschäftsbereich verändere und sich hinter jedem Problem ein Softwareproblem verstecke. Darum müssten Topmanager entweder selbst Ahnung von Software haben oder sich die "Softwareentwickler zu ihren engsten Vertrauten" machen.
"Eine der wichtigsten Führungsaufgaben wird es sein, die APIs zu sichern und anderen die Möglichkeiten zu geben, online auf Daten und Systeme zugreifen zu können", prophezeite Evsan. Den Kunden müsse ein Digital Leader möglichst einfache Apps anbieten können, wie er sie aus seinem privaten Umfeld gewohnt sei.
Die hohe Schule eines Digital Leaders sieht Evsan aber in der Kommunikation. Es komme darauf an, sich in den sozialen Netzen nicht nur selbstverständlich zu bewegen, sondern zur Marke aufzusteigen: Wie schaffe ich es, so zu kommunizieren, dass mir Hunderttausende zuhören und folgen? Doch der Weg von der Führungskraft zum Influencer ist lang. Die wenigsten seien bereit, die verschiedenen Kanäle nachhaltig und vor allem regelmäßig zu bestücken, zumal die Inhalte "lebendige, wertige und glaubhafte Geschichten" sein sollten, in die auch persönliche Erfahrung einfließen müsse.
Von der Tribüne wieder aufs Spielfeld
Ralf Lanwehr, Management-Professor an der Fachhochschule Südwestfalen, definierte die Rolle einer digitalen Führungskraft vor allem in der Beziehung zu den Mitarbeitern: Manager könnten Zufriedenheit, Engagement und Ideenreichtum der Mitarbeiter aktiv steuern, wenn sie diese einbinden, ihnen spannende Aufgaben geben, ihnen Aufmerksamkeit, explizites Lob und Anerkennung schenken sowie ihnen die Kontrolle über die Situation lassen.
"Sitzt ein Fußballspieler dagegen auf der Tribüne und weiß nicht, was er tun kann, um wieder auf das Spielfeld zu kommen, entsteht Stress", so Lanwehr. Viele Mitarbeiter ziehen sich dann in eine resignative Zufriedenheit zurück, senken ihr Anspruchsniveau und lügen sich die eigene Lage schön. In einer solchen "kognitiven Dissonanz" und ohne Kontrolle über die Situation können keine Innovationen entstehen.