IT-Manager wetten

Digitalisierung: Das Daten-Management macht den Unterschied

08.05.2018 von Peter Jürging
Peter Jürging, Head of Corporate IT, Hoyer Group Internationale Fachspedition, wettet, dass in fünf Jahren eine signifikante Effizienzsteigerung in der Logistik eine weitreichende Offenlegung von Daten notwendig macht.
Peter Jürging, Head of Corporate IT, Hoyer Group Internationale Fachspedition
Foto: Hoyer

Die Digitalisierung ist als Thema und Technologie in der Logistik von herausragender Bedeutung. Die Transport- und Logistikunternehmen arbeiten heute intensiv an der Ausstattung ihrer Flotten und Hubs mit aktiven IoT-Komponenten. Gleichzeitig entstehen Internet-Plattformen aus der Start-up-Szene heraus, die versuchen, ein disruptives Element in den Markt zu bringen oder zumindest ergänzende Services zu platzieren, die wesentlich vom Daten-Management leben und weniger von der physischen Ausführung von Mengensteuerung, Transport und Lagerung.

Der zukünftige Erfolg eines Logistikunternehmens wird stark von diesem Daten-Management bestimmt sein und in der Verknüpfung von Unternehmensdaten zu relevanten Daten außerhalb des eigenen Kontrollbereichs liegen.

Ein Blick auf Transport- und Logistikplattformen macht schnell klar, dass dort auf eine hohe Datenqualität bei den Teilnehmern gesetzt wird, parallel aber eine multiple Duplizierung von Daten entsteht, die letztlich widerspruchsfrei zum Ursprung stehen müssen und gleichzeitig eine Verbindlichkeit gegenüber dem Leistungsempfänger darstellen.

Eine wesentliche Herausforderung, die sich allen Beteiligten stellt, besteht in einer dauerhaft verlässlichen Datenqualität, die durch standardisierte Prozesse und fehlerfreie Technologie bestimmt wird. Darüber hinaus fordert eine effiziente nationale und globale Logistik eine weitreichende Datentransparenz, die heute nur in seltenen Ausnahmen und dann meist nur bilateral zwischen den Geschäftspartnern vereinbart wird.

Wem gehören die Daten?

In einer vielfach vernetzten Logistikwelt und in Anlehnung an die im Consumer-Bereich omnipräsente Thematik des Datenschutzes stellt sich zunächst die Frage, welcher Partei zu welchem Zeitpunkt eigentlich die Daten gehören. Im Zuge der Transportauftragsausführung vom Auftragseingang bis zur Rechnungsstellung ist noch nachvollziehbar, dass jede beteiligte Partei während des Ablaufs ihren eigenen Nutzen aus allen Daten ziehen sollte.

Zusätzlich stehen die Daten aber in Herstellerdatenbanken, Plattformen, EDI-, ERP- und Transport-Management-Systemen vielfach dupliziert zur Verfügung, geliefert von den Systemen und Internet-of-Things-Komponenten, die am Transport oder an dem Logistikprozess insgesamt beteiligt waren.

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Die Unternehmen werden nicht die Wahl haben, der eher akademischen Frage nach dem Eigentum an diesen Daten eine eindeutige Antwort entgegenzustellen. Viel wichtiger wird in diesem Zusammenhang der Zugriff auf Daten, die sich außerhalb der eigenen Unternehmensgrenzen befinden, und die Qualität der eigenen Daten, die verfügbar gemacht werden. Um eine weitere Effizienzsteigerung in den Supply Chains erreichen zu können, wird die Logistikwelt sich in den nächsten Jahren diesem offenen Datenaustausch zuwenden müssen.

Die vielfältigen Initiativen des Gesetzgebers bezüglich einer klaren Regelung für die Verwendung von Daten ohne Personenbezug weisen ebenfalls bereits in diese Richtung. Verbände fordern sogar von Systemherstellern, datenproduzierende Schnittstellen zu dokumentieren und zu veröffentlichen.

Die Auswahl der richtigen IoT-Komponenten stellt eine wesentliche Entscheidung in der Digitalisierung dar. Gemeint sind Sensoren, Aktoren, Embedded Systems, Datenformate und Edge-Computing. IT-Security in Form von bekannten technologischen Verteidigungsstrategien wie Firewalls oder Virenscannern findet auf IoT-Komponenten bisher keine Anwendung. Damit sind die Komponenten und ihre erzeugten Daten grundsätzlich der Störung und Manipulation durch Cyber-Angriffe ausgesetzt.

Das erscheint zunächst unbedeutend für Logistikkomponenten wie Container oder Gabelstapler, die einzeln betrachtet wenig interessante Ziele darstellen. Wesentlich substanzieller sind aber die Gefahren eines Cyber-Angriffs auf autonome Fahrzeuge, Transporte wertvoller Waren oder Gefahrgüter. In diesen Fällen stellen Hacker-Angriffe und manipulierte Daten ein hohes Risiko dar.

Blockchain vielversprechend

Auch die Verfügbarkeit von Technologie ist wichtig. Damit ist nicht nur die überall vorausgesetzte unbeschränkte Skalierung der beteiligten Netzwerke gemeint, sondern auch die Technologiewechsel und Release-Zyklen der eingesetzten Komponenten über die Nutzungsdauer sowie regionale Besonderheiten.

In Bezug auf die generierten Daten heißt das, dass die eingesetzten Technologien die Integrität sicherstellen müssen, und gleichzeitig, dass die Datenhaltung manipulationssicher erfolgen muss. Hierfür liefert die Blockchain-Technologie einen vielversprechenden Ansatz mit dem Potenzial einer nachhaltigen Lösung für branchen- oder Cluster-bezogene, frei verfügbare Datenpools.

Qualität von Daten und Prozessen

IoT-Komponenten sammeln Daten, die zwar gebunden sind an das jeweilige Gerät oder die technische Komponente, ihren Wert aber erst in dem Kontext der aktuellen Verwendung des Geräts erzielen. Eine Geo-Position, eine Temperatur oder eine Information über ein Gewicht oder eine Menge erhalten erst im Verhältnis zu ihrem beabsichtigten Einsatzzweck eine entscheidungsrelevante Bedeutung.

Die Digitalisierung von Geschäftsprozessen verfolgt die Zielsetzung eines möglichst hohen Automatisierungsgrades der betrieblichen Planung und Steuerung. Motivation ist dabei nicht primär ein effizienter Planungsprozess, sondern ein optimaler Plan verbunden mit einer möglichst automatisierten Steuerung von Abweichungen auf der Basis von Daten.

In der Logistik wird das zu einem Paradigmenwechsel führen: Daten steuern Prozesse, Prozesse orientieren sich am Datenfluss, Material- und Datenfluss erhalten eine gleichwertige Bedeutung und müssen optimal aufeinander eingestellt werden. Die Datenqualität ist dabei fundamental. Manuelle Prozessunterbrechungen als letztes Korrektiv fehlertoleranter Prozesse werden verschwinden und zum Störfaktor in hochvernetzten, digitalen Abläufen und Geschäftsbeziehungen werden.

Unzählige Sensoren, Fahrzeugcomputer, Apps und Steuerungen produzieren im Internet der Dinge eine Datenmenge, für deren Beschreibung "Terabyte" als kleinste Recheneinheit schon längst nicht mehr ausreicht. Führt man sich dazu die unüberschaubare Menge von Herstellern dieser Komponenten vor Augen, wird schnell klar, dass diese Datenmengen aus unzähligen Quellen in unzähligen Formaten keinen Mehrwert bringen werden. Das können vielmehr nur die selektiv richtigen Daten in konvertierbaren und damit verwendbaren Formaten.

Die Logistikbranche wird sich um Standards und eine logische digitale Infrastruktur kümmern müssen, damit die erforderlichen Effizienzsteigerungen erreicht werden können. Die einzelnen Logistikunternehmen werden sich auf diese Standards einlassen müssen, um im Wettbewerb bestehen zu können.

Big Data und Smart Data

Die Kunden richten sich bereits auf eine multilaterale Collaboration aus, um Effekte der Digitalisierung in ihrer bestehenden Supply Chain heben zu können. Sie werden eigene Standards oder Branchenstandards entwickeln, um mit der Herausforderung der vielen inhomogenen Datenquellen umgehen zu können. Die Logistikparteien müssen sich daher proaktiv mit dem Thema Big Data auseinandersetzen und diese als Smart Data nutzbar machen.

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Tankcontainer dienen als Datenquelle im Internet of Things.
Foto: Hoyer Group

Im Wettbewerb um die Kunden wird unter den beschriebenen Voraussetzungen die bessere Datenanalyse den Unterschied machen. Wenn ich meine Wette gewinne und in fünf Jahren offengelegte Daten von Wettbewerbern in geeigneten Formaten genauso zur Verfügung stehen wie die eigenen Daten, werden die Datenanalysten im Logistikunternehmen zu einem kritischen Erfolgsfaktor. Der Ausbau eigener Stärken in Logistiknetzwerken wird unter Zuhilfenahme geeigneter, aus dem Operational Research bekannter Algorithmen und Verfahren erfolgen. Aber erst die Datenanalysten werden die richtige Interpretation der Ergebnisse liefern.

Chief Data Officer nötig?

Unternehmen brauchen in diesem Szenario zunächst einmal ein striktes Prozess-Management, das ein stringentes Daten-Management zum Ziel hat. Den Daten kommt eine fundamentale Bedeu­tung für den Geschäftserfolg zu, da ihre Qualität unter Berücksichtigung aller Stör­ein­flüsse neben der eigentlichen Leistungserbringung zum differenzierenden Faktor wird.

Brauchen Unternehmen deswegen gleich einen Chief Data Officer? Daten- und Prozess-Management sind sicher so individuell zu organisieren, wie die Unternehmen vielfältig sind. Die zunehmende Vernetzung treibt dieses Thema ohnehin voran.

Eine Bewertung von Datenkategorien muss dagegen frühzeitig erfolgen. Es gilt die Datenklassen zu identifizieren, in denen man einen lockeren Umgang mit dem Thema zulassen kann und in denen sich im Sinne von Geben und Nehmen ein Vorteil aus offengelegten Daten anderer Parteien generieren lässt.

Ist das ein Plädoyer gegen den Datenschutz? Im Gegenteil. Personenbezogene Daten und sensible Informationen dürfen die Unternehmensgrenzen nicht verlassen. Aber der offene Austausch standardisierter Logistikdaten wird die Infrastrukturen und Kapazitäten besser nutzbar machen und zu effizienteren Warenströmen führen.

Ich freue mich auf Ihr Feedback!