Coop mit iPhone-App

Einkaufzettel mit dem iPhone verschicken

03.03.2010 von Hartmut  Wiehr
Bei der Schweizer Lebensmittelkette können Kunden mit iPhone bestellen. Noch am gleichen Tag liefert Coop die Waren nach Hause. Der Handelsriese hat seinen Online-Shop um diese Funktion erweitert und viel Zuspruch gewonnen.
Per iPhone bestellen und die Lebensmittel direkt an die Haustür geliefert bekommen: Die Schweizer Handelskette Coop macht es möglich.

Die kleine Schweiz besitzt in etwa die gleiche Anzahl von iPhone-Benutzern wie die siebzehn mal so große Bevölkerung der Bundesrepublik. Das hat die Geschäftsführung der Coop, die Supermärkte, Warenhäuser und weitere Läden unterhält und hinter der Migros die Nummer zwei in der Schweiz ist, nicht ruhen lassen.

Wie CIO August Harder im Gespräch mit CIO.de berichtet, sei sein Unternehmen immer offen für neueste Technologien, wenn sich damit Umsatz oder Bekanntheit erhöhen ließen und wenn damit gleichzeitig dringende Kundenbedürfnisse erfüllt werden könnten. Dann sei auch seine ansonsten eher konservativ ausgerichtete IT-Abteilung, die in der Regel nicht zu den Early Adopters gehöre, bereit für Investitionen und die Entwicklung neuer Applikationen.

So hat die Coop schon seit längerem in ihren Supermärkten ein Verfahren namens „Passa bene" („komm gut durch") eingeführt, um den Kunden die langen Wartezeiten an den Kassen zu ersparen: Sie können sich beim Betreten des Ladens einen kleinen Hand-Scanner schnappen und damit die Barcodes aller Waren, die sie in ihren Einkaufswagen legen, direkt einscannen. An den extra dafür eingerichteten Kassen geben sie nur noch den Scanner ab und können sofort zahlen. Schlangestehen entfällt.

Bereits 2001 hat man den Online-Shop coop@home.ch eingerichtet, der einen Großteil des Sortiments der Coop anbietet, mit genauen Produktbeschreibungen, Bildern oder Preisen. Die notwendige Infrastruktur wurde auf der Basis von Standard-Software von SAP eingerichtet: Auftragsannahme, Customer Relation Management (CRM), Callcenter, Finanzbuchhaltung, Warenwirtschaft und Logistik für die Auslieferung. Laut Harder laufen alle wesentlichen Prozesse bei Coop über SAP-Produkte. In den letzten zehn Jahren habe es nur zwei Ausnahmen gegeben: Vamos für das Warenbewirtschaftungssystem und GK für die Kassen-Software.

iPhone-Einkauf dient auch dem Coop-Marketing

Coop-CIO August Harder ist für eine konservative IT - die Ausnahmen wie den iPhone-Einsatz aber nicht ausschliesst.

Mit der iPhone-App iCoop, deren Entwicklungskosten unter 100.000 Schweizer Franken lagen, konnte die IT der Coop fast nahtlos an die bestehende Infrastruktur und Software-Ausrüstung von coop@home anknüpfen. Die Software ist kostenlos bei Apples iTunes herunterzuladen und ermöglicht den Zugriff auf etwa 12.000 Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarfs der Coop-Supermärkte.

Für die bestehende IT-Infrastruktur werden iCoop und coop@home wie ein weiterer Laden wahrgenommen – der allerdings nur zum Internet hin offen ist. Für ihn werden wie bei den anderen Läden auch bestimmte Waren vorrätig gehalten, die dann den Bestellungen entsprechend aus den Regalen genommen werden. Die Applikation wurde inzwischen etwa 70.000 Mal heruntergeladen.

Zielgruppe von iCoop für das iPhone sind berufstätige Frauen von 30 bis 50 Jahren mit Familie, denen auf Grund ihrer Doppelbelastung die Zeit für stundenlanges Einkaufen vor Ort fehlt. Denen könne man, so CIO Harder, bei der Bewältigung dieses Problems helfen, zumal viele dieser Frauen auch ein iPhone hätten, den eindeutigen Schweizer Marktführer bei Smartphones. Die von Coop entwickelte Applikation erlaubt es, einmal erstellte Einkaufslisten erneut oder verändert abzuschicken – eine weitere Erleichterung des Einkaufsprozesses.

Coop übernimmt die Auslieferung in 90 Prozent der Schweiz und nach Lichtenstein, teils mit eigenen LKWs, teils wird über die Post versendet. Wurde am Vormittag bestellt, wird noch am gleichen Abend ausgeliefert – bis 22 Uhr, auch samstags. Die anfallenden Liefergebühren bewegen sich zwischen 7 und 20 Schweizer Franken, für Einkäufe über 200 Franken und bei Anschlusseinkäufen werden Rabatte gewährt.

Harder stört es nicht, dass bisher nur etwa 100 Bestellungen pro Woche (im durchschnittlichen Wert von etwa 240 Franken) für iCoop eingehen, während es im Online-Shop schon täglich 12.000 bis 13.000 Einkäufe seien. Allein der Marketingeffekt, der mit der iPhone-App erzeugt wurde, habe sich schon gelohnt. In dieser Frage ist die Coop eben doch nicht konservativ, sondern schweizerisch-weltoffen.

Prozesse laufen auf SAP

IT ist für Harder und Coop ein notwendiges Mittel zum Zweck. Auf eine Einzelabrechnung und Umlegung der IT-Kosten auf die Geschäftsabteilungen wird bewusst verzichtet. Man überlegt sich in Absprache mit dem CEO des Konzerns sehr genau, was in der IT gebraucht wird und kauft es dann eben. Auf den Schein einer internen Abrechnung wird auch deshalb verzichtet, weil man die Mitarbeiter, so Harder, dazu bringen will, die bestehenden IT-Möglichkeiten aktiv zu nutzen und nicht bloß passiv zu verwalten oder ihren Einsatz wegen der Verrechnungszwänge zu scheuen.

Als Kernkompetenz der etwa 420 Mitarbeiter in der IT-Abteilung sieht man das Verständnis der Geschäftsprozesse und ihre Umsetzung in die Standard-Software von SAP. Dafür sind allein 120 interne Business Consultants tätig, die neben einem betriebswirtschaftlichen Hintergrund über tiefgehende SAP-Kenntnisse verfügen. Sie sind die Ansprechpartner für die Geschäftsabteilungen, wenn es um neue Projekte und die Optimierung der Prozesse des Handelskonzerns geht. Für diese Planungs- und Steuerungsaufgaben werden vor Beginn des Projekts KPIs (Key Performance Indicators) definiert und nach Einführung des Projekts einem Monitoring unterzogen.

Geht es um konkrete Entwicklungsaufgaben bei den SAP-Modulen, werden diese an die Software-Entwickler delegiert. Ziel soll laut Harder aber immer bleiben, die bestehenden Möglichkeiten der Standard-Software auszuschöpfen. Die Sourcing-Strategie von Coop sei es, die Dinge selbst zu tun und nicht ständig neue Produkte oder externe Berater einzukaufen. Wie bei einem chemischen Prozess mittels bestimmter Fermente soll die IT für eine hohe Auslastung der Mitarbeiter in den einzelnen Geschäftsabteilungen sorgen.

Über mögliche Folgeprojekte hält sich Harder bedeckt. Nur soviel lässt er durchblicken: Man denke intensiv über eine iPhone-Applikation nach, mit der man zu Hause durch die Wohnung geht und Barcodes von Lebensmitteln und anderen Produkten einscannt und die fertige Einkaufsliste dann per iPhone zu Coop schickt – womit man tatsächlich dem elektronischen Kühlschrank, der selbst Nachbestellungen absendet, ein Stückchen näher gekommen wäre. Aber wer will schon alles der Elektronik überlassen. Nicht einmal die stressgeplagte berufstätige Schweizer Hausfrau.