Ist das Glas nun halb voll oder halb leer? Wie gewöhnlich kommt es ganz auf den Blickwinkel an: Man kann der Ansicht sein, dass man schon viel erreicht hat bei Cloud und Big Data, man könnte aber auch meinen, dass sich beide Technologien noch nicht so richtig am Markt durchgesetzt haben. Die jetzt angekündigte Ausgründung, die die Cloud-Initiativen von VMware rund um Platform-as-a-Service (PaaS) und EMCs Division Greenplum zusammenfasst, steht vielleicht mehr für die letztere Interpretation.
Der Grund liegt auf der Hand. Zwar wird auf Marketing-Ebene viel von "Big Data" und "Cloud" gesprochen, doch die Unternehmen halten sich insgesamt doch sehr zurück. Dazu trägt sicher die noch immer anhaltende krisenhafte Situation in den USA und in Europa bei, die kaum Spielraum für steigende IT-Budgets oder groß angelegte Prestige-Projekte übrig lässt. Fakt ist, wie jüngst die Analystengruppe Wikibon auf der Sapphire-Konferenz von SAP in Madrid darlegte, dass die IT-Budgets in den letzten Jahren von sechs auf etwa zwei Prozent Anteil am Umsatz der Unternehmen gesunken sind.
Überraschend als VMware-Chef abberufen
Paul Maritz war Anfang September überraschend von seinem Chefposten bei VMware abberufen und durch den EMC-Mann Pat Gelsinger ersetzt worden. Zunächst hieß es reichlich nebulös, Maritz solle sich um "strategische Fragen" kümmern. Die Konkretion sieht jetzt so aus, dass er die "Pivotal Initiative" am Markt durchsetzen soll – so wie es unter seiner Führung schon bei VMwares Virtualisierungsprodukten gelang.
Der offizielle Launch soll im zweiten Vierteljahr 2013 über die Bühne gehen. Die neue Tochter verfügt dann über 1400 Angestellte, etwa 600 kommen von VMware und 800 von EMC. Die EMC-Division Greenplum, die sich mit der Technologie und Vermarktung von Analytics-Projekten (Big Data) befasst, ist schon bisher von EMC mit viel Geld für Marketing ausgestattet worden.
Hauptaufgabe sei es, berichtete vor kurzem ein Greenplum-Manager, den "Markt zu erziehen" – sprich Aufmerksamkeit für den eigenen Ansatz zu erzielen. Dazu wurden auch spektakuläre Veranstaltungen rund um die neue Rolle von "Data Scientists" organisiert, die in den Unternehmen auf die Echtzeit-Auswertung der permanent wachsenden Datenmengen dringen sollen. Daten seien, so heißt es bei Greenplum und EMC, "das neue Öl" – eine noch unerschlossene Reichtumsquelle, so wie in der Vergangenheit die in der Erde oder unter dem Meeresboden verborgenen Ölschätze.
Schwerpunkt bei VMware auf RZ-Strategie
Die neue Pivotal-Division soll Technologien, Mitarbeiter und Organisation unter einem gemeinsamen Schirm bündeln. Neben Greenplum von EMC bringt VMware folgende Produktelemente ein: "Cloud Foundry PaaS", eine Open-Source- und Cloud-basierte Entwicklungsplattform für Applikationen sowie "vFabric", eine Middleware, die die beiden Produktlinien "Spring" und "GemFire" umfasst. Spring ist eine opensource- und java-basierte Entwicklungsumgebung, während es sich bei GemFire um ein Tool für In-Memory-Datenmanagement handelt.
Produkte und Services, die bei Pivotal entwickelt werden, sollen später auf VMwares "vCloud Suite" laufen. Indem die Cloud-Foundry- und vFabric-Produktlinien an die Pivotal Initiative ausgelagert werden, könne man sich bei VMware ganz auf die Strategie des "Software-definierten" Rechenzentrums konzentrieren, heißt es bei EMC.
Der Analyst Stuart Miniman von Wikibon steht der Ausgründung positiv gegenüber. Er sieht darin den Willen von EMC und VMware verkörpert, massiv in Big-Data- und Cloud-Technologien zu investieren. "Die Vereinigung beider Bereiche ist in der Lage, eine neue Dynamik zu entfalten", sagt Miniman. Bei EMC kämen der Speicher-Background und bei VMware die Virtualisierungs-Tools hinzu, um aus der strategischen Neuausrichtung Kapital zu schlagen. IBM, HP und Amazon Web Services sind weitere starke Player in dem neuen Markt, gegen die man sich behaupten muss.
Für Maritz kommt es jetzt darauf an, aus den vielen Einzelstücken und ihrem Potential eine umfassende Strategie zu formen und ihr zum Erfolg zu verhelfen.