Die Themen demografischer Wandel und Fachkräftemangel sind heute in aller Munde, gleichzeitig aber auch der schlechte Stil vieler Unternehmen, wenn es um den Umgang mit Angestellten beziehungsweise potenziellen Angestellten geht. Viele gute Bewerber erhalten eine Absage oder - noch schlimmer - gar keine Antwort auf ihre Bewerbung.
Was könnte man daraus schließen? Zum Beispiel, dass die Unternehmen auch so mit ihren Mitarbeitern umgehen. Die Folge: Der Betrieb wird uninteressant, vor allem für die Generation Y, die ein anderes Wertesystem als die bisherigen Leistungsträger hat. Die nach 1980 Geborenen stellen besondere Wünsche und haben enorme Möglichkeiten. Sie haben schon im Studium gelernt, dass häufige Jobwechsel der Karriere nicht schaden, hinterfragen ihr Arbeitsleben und ihre Vorgesetzten, wollen Mitsprache- und Gestaltungsmöglichkeiten und legen sehr viel Wert auf Weiterbildungsmöglichkeiten.
Im Klartext heißt das: Die Machtbalance verschiebt sich zugunsten der Arbeitnehmer. Die Führungskräfte und HR-Manager vieler Unternehmen müssen schnell umdenken und zu neuen Mitteln greifen. Wollen Unternehmen attraktiv bleiben, müssen sie sich mehr als bisher um die Individuen und deren spezielle Bedürfnisse kümmern.
Das Unternehmen als Marke
Stellenbesetzungen sind schon lange keine Selbstläufer mehr. Unternehmen müssen viel mehr dafür tun, um wahrgenommen zu werden. Employer Branding heißt diese strategische Ausrichtung heutzutage neudeutsch. Sie hat zurzeit Konjunktur, da es in bestimmten Branchen oder auf dem Arbeitsmarkt generell eng wird. Employer Branding nennt man den Versuch von Unternehmen, selbst zu einer Marke zu werden: einer innovativen Marke, die im Trend liegt.
Nur 0,4 Prozent aller Betriebe sind bekannte Konzerne und Großunternehmen. Employer Branding hilft, Unternehmen bekannt beziehungsweise bekannter zu machen. Die Arbeitgebermarke umfasst das Wertesystem einer Firma und ihre Art zu agieren. Ziel ist es, Bekanntheit für das Unternehmen zu schaffen und dessen attraktive Betriebskultur transparent zu machen, um derzeitige und potenzielle Mitarbeiter anzuziehen, zu motivieren und zu halten.
Talente finden heißt Kompetenz ausstrahlen
Obwohl Employer Branding auf den Bewerbermarkt ausgerichtet ist, erhoffen sich Firmen auch Ausstrahlungseffekte auf andere Märkte. Wer die größten Talenterekrutiert, signalisiert Kompetenz, Vitalität und Stärke. Das sind Eigenschaften, die das Image einer Marke auch auf dem Konsumgütermarkt positiv beeinflussen - die Marke wird für den Konsumenten begehrenswert. Auf ähnliche Ausstrahlungseffekte setzt man bei der Leadership Brand: Obwohl sie auf den Markt der High Potentials ausgerichtet ist, wirkt sie sich erfahrungsgemäß auch auf den Unternehmenswert an den Finanzmärkten aus.
Leitlinien müssen vorgelebt werden
Eine Arbeitgebermarke existiert, ob Unternehmen es wollen oder nicht. Employer Branding ist deshalb ein klassisches Vermarktungs- und Kommunikationsthema und erfordert die enge Zusammenarbeit von Personalabteilung, Marketing und Kommunikation. Wenn die Gestaltung einer Arbeitgebermarke konsequent umgesetzt werden soll, geht sie an die Wurzeln von Unternehmenskultur und -strategie. Die zentralen Leitlinien müssen von oben vorgegeben, von oben gelebt und in ihrer Umsetzung politisch unterstützt werden. Der Aufbau einer Arbeitgebermarke ist.
Wenn Employer Branding greifbar für Angestellte und Bewerber umgesetzt werden soll, muss ganzheitlich gedacht und vorgegangen werden: eine eindeutige Positionierung und Differenzierung im Wettbewerb, klare Leitlinien, die vom Chef, den Führungskräften und den Mitarbeitern getragen und gelebt werden. Die emotionale Attraktivität einer authentischen Marke bietet entscheidende Vorteile, Talente zu finden und sie an das Unternehmen zu binden. Damit werden auch die Grundlagen geschaffen, dass Angestellte aus intrinsischer Motivation heraus Spitzenleistung abrufen, um den Unternehmenserfolg nachhaltig zu steigern. Und so löst sich dann auch die Legende vom Fachkräftemangel in Luft auf. (pg)