Viele Unternehmen verschätzen sich, wenn es um den Aufwand für die Neuinstallation einer ERP-Software geht. Das betrifft sowohl den veranschlagten Zeitrahmen als auch das Budget. So gaben 57 Prozent der befragten Firmen an, dass die Implementation länger als erwartet gedauert hätte, bei 54 Prozent sind die Kosten aus dem Ruder gelaufen. Für die Studie "ERP-Report 2010" haben die Marktforscher der Panorama Consulting Group aus Denver, Colorado, über 1600 Unternehmen befragt, die in den vergangenen vier Jahren eine neue ERP-Software installiert haben.
Als Dauer der Implementation haben die Analysten den kompletten Zyklus zugrunde gelegt: inklusive Prozess-Design, Anforderungsanalyse, Konfiguration, Testphase und Schulung der Nutzer. Im Schnitt gingen gute 18 Monate von der Planung bis zum tatsächlichen operativen Einsatz ins Land. „Die Unternehmen hatten entweder unrealistische Erwartungen oder haben bei der Planung schlicht entscheidende Projektanforderungen übersehen“, schreiben die Studienautoren.
Ähnliche Fehleinschätzungen sind vielen der Befragten um Hinblick auf die Kosten unterlaufen. Oft wurden in der Budgetplanung jene Kostenfaktoren nicht angemessen berücksichtigt, die über die Software-Lizenzen hinausgehen. Vor allem waren es die Kosten für Hardware-Upgrades sowie für Projekt- und Change-Management, die nicht richtig eingeschätzt wurden. Etwa 6,2 Millionen Dollar (6,9 Prozent vom Umsatz) haben die Befragten durchschnittlich für das neue ERP-System aufgewendet.
Die Teilnehmer der Studie wiesen die gesamte Bandbreite an Unternehmensgrößen auf: vom Start-up bis zu multinationalen Konzernen mit Milliardenumsätzen. Geografische Schwerpunkte der weltweiten Erhebung waren die USA (31 Prozent), Asia/Pazifik (31 Prozent) und Europa (14 Prozent).
Trotz der weitverbreiteten Fehleinschätzung des nötigen finanziellen und zeitlichen Aufwands für eine ERP-Implementation sehen die Marktforscher gegenüber der Erhebung von 2008 zumindest kleine Fortschritte. So lag vor zwei Jahren die durchschnittliche Implementationsdauer noch bei 19,8 Monaten, 59 Prozent der Befragten hatten ihr Budget überschritten; die Kosten hatten seinerzeit im Schnitt 8,5 Millionen Dollar betragen.
ERP als SaaS selten im Bugdet
Deutlich besser lagen in der aktuellen Studie die Unternehmen, die sich für eine SaaS-Lösung entschieden haben – allerdings nur im Hinblick auf den Zeitrahmen. Die Dauer für die Implementation einer Mietlösung lag bei 11,6 Monaten (im Vergleich zu 18,4 bei On-premise-Systemen). Allerdings überstiegen die Kosten hier erheblich häufiger das geplante Budget: Mehr als 70 Prozent hatten bei Ende des Projekts mehr Geld ausgegeben als ursprünglich veranschlagt.
„Obwohl SaaS-Lösungen weniger Flexibilität aufweisen als On-premise-Systeme, sollten die Unternehmen sich vom gegenwärtigen Hype um SaaS nicht verleiten lassen, den Aufwand zu unterschätzen, der für die erfolgreiche Implementation einer Mietsoftware nötig ist", so die Studienautoren.
Größeren Unternehmen raten sie ausdrücklich von einer SaaS-Lösung ab: „Der Trend für SaaS weist eindeutig nach oben – aber unser Studie zeigt, dass zwischen den hohen Erwartungen und den tatsächlichen Ergebnissen eine gewaltige Lücke klafft. SaaS mag für begrenzte Aufgabenfelder wie CRM oder HR sowie für kleine und mittlere Unternehmen eine Option sein. Für große Unternehmen mit komplexen Anforderungen ist SaaS keine ernst zu nehmende Alternative.“
Dabei spielt der unterschätzte Inplementations- und Integrationsaufwand nur eine Nebenrolle. Denn der von einer Neu-Installation des ERP-Systems erwartete Nutzen für das Unternehmen stellte sich bei SaaS-Anwendern in noch geringerem Maße als bei Inhouse-Systemen ein. Insgesamt zog die Mehrheit aller Anwender eine negative Bilanz. Während bei On-Premise-Systemen runde 42 Prozent der Unternehmen angaben, zumindest die Hälfte der angestrebten Geschäftsziele erreicht zu haben, lag der Prozentsatz bei SaaS-Nutzern nur bei mageren 23,5 Prozent.
Keine Erfolgsgarantie für ERP-Projekte
„Trotz der großen Investitionen in ERP-Software gibt es offenbar keinerlei Erfolgsgarantie. Verglichen mit den Resultaten von vor zwei Jahren lässt sich eine klare Korrelation zwischen den gesunkenen Ausgaben und der abnehmenden Zufriedenheit feststellen“, kommentieren die Autoren die Ergebnisse ihrer Studie. Zwar sei es den Unternehmen gelungen, in wirtschaftlich schlechten Zeiten ihre Budgets deutlich einzuschränken, allerdings nicht immer zu ihrem Vorteil: „Es hat den Anschein, dass die Unternehmen am falschen Ende sparen“, resümieren die Analysten von Panorama.