Ulrich Kampffmeyer, Project Consult

Erst Abläufe analysieren

02.06.2004
Sparzwang, neue Gesetze und durchgängige IT-Infrastrukturen verlangen nach Dokumenten-Management-Systemen. Die schwierige Anbieterauswahl und ein Verständnis der Unternehmensabläufe entscheiden über den Projekterfolg.

Interview: Holger Eriksdotter [redaktion@cio.de]

CIO: Was genau versteht man unter Content Management?

Kampffmeyer: Es gibt keine einheitlich Definition für Content Management. Als Content-Management-Systeme (CMS) bezeichnet man häufig Produkte, die dem Web-Publishing oder der medialen Aufbereitung von Informationen dienen. Aber das ist nur ein kleiner Ausschnitt des übergeordneten Enterprise Content Management (ECM) oder dem noch weiteren Begriff der Document Related Technologies (DRT).

Was zählt denn noch zum ECM?

Auf der einen Seite stehen die klassischen Archiv- und Dokumenten-Management-Systeme und auf der anderen Seite die auf WebPublishing ausgerichteten Web-Content-Management-Systeme (WCMS). Aber auch der Output von Warenwirtschaftssystemen, Data-Warehouses, Knowledge-Bases oder CRM-Systemen muss berücksichtigt werden. Darüber hinaus spielen die ehemals ausschließlich Hardware-basierten, inzwischen als Information Lifecycle Management (ILM) bezeichneten Archiv- und Storage-Systeme eine wichtige Rolle. Ebenso wie die ursprünglich nur auf Druck-Output spezialisierten Output-Management-Systeme und Collaboration-Produkte.

Wie kann man da einen Überblick über den Markt bekommen?

Es gibt eine deutliche Tendenz zur Konsolidierung: Die Anbieter versuchen, durch Zukäufe ihr Angebot zu komplettieren. Dabei kommen die Produktanbieter von insgesamt vier Seiten: aus dem klassischen Dokumenten-Management wie etwa Opentext, Hummingbird oder Filenet; aus dem Web Content Management wie beispielweise Interwoven, Stellent oder Vignette; aus dem Hardware-Storage-Bereich wie EMC, Hitachi oder Storagetek; aus dem Datenbankbereich wie Oracle oder Verity, aber auch die großen Anbieter von Standardsoftware wie IBM, Microsoft und SAP. Dabei fehlt vor allem den großen Anbietern noch ein einheitliches Produkt-Management zur Schaffung übergreifender Lösungen.

Das macht die Entscheidung nicht einfacher - wie geht man ein ECM-Projekt an?

Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass ein Vorstand oder ein Geschäftsführer sich auf einer Messe spontan für ein Produkt entscheidet. Dann muss die Organisation nämlich an das entsprechende Produkt angepasst werden. Richtig ist es aber gerade umgekehrt: Zuerst müssen die Abläufe analysiert werden, und danach kann man sich für ein geeignetes Produkt entscheiden. Auch kleinere Projekte müssen gut geplant werden - und genau das wird vom Management häufig unterschätzt.

Scheitern ECM-Projekte deshalb so häufig?

Wenn Projekte scheitern, liegt das meist daran, dass die notwendigen organisatorischen Vorgaben nicht durchgehalten werden. Nichts verändert Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen so sehr wie der Einsatz von Dokumenten-Technologien; wenn man sich nicht vorher grundlegende Gedanke zu den veränderten Abläufen macht und die Organisation nicht daran anpasst, elektrifiziert das Dokumenten-Management-System lediglich vorhandene Ineffizienz.

Haben Sie schon einmal die Effizienz eines DMS errechnet?

Präzise lässt sich nur der Gewinn aus Personal- und Raumeinsparungen ermitteln. Aber durch die Vermeidung von Medienbrüchen ergeben sich auch schnellere Reaktionszeiten. Ein System, das auf einer einheitlichen Datenbasis ohne Redundanzen aufsetzt, ermöglicht auch einen besseren Zugriff auf Informationen, die unter verschiedensten Gesichtspunkten genutzt werden können.

Ist Knowledge Management der Hauptgrund, um DMS einzuführen?

Der wichtigste Punkt ist meist die Kosteneinsparung. Darüber hinaus zwingen gesetzliche Regelungen wie etwa die GDPdU (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen) die Unternehmen, ihr Dokumenten-Management zu verbessern. Und nicht zuletzt verlangt auch eine durchgängige IT-Infrastruktur nach einem konsistenten Dokumenten-Management.

Welche Projekte werden zurzeit besonders häufig angegangen?

In Unternehmen werden derzeit häufig Systeme zur Automatisierung des Bestell- und Rechnungseingangs in Angriff genommen. Außerdem ist die öffentliche Hand sehr aktiv. Im Zusammenhang mit der Initiative "Bund Online" wird an vielen Stellen in der öffentlichen Verwaltung an ECM-Projekten gearbeitet.