Innovation nicht definiert

Falsche Erwartungen an IT-Outsourcing

30.11.2011 von Holger Eriksdotter
Nur die wenigsten Unternehmen prüfen, wie der Outsourcing-Dienstleister zur Innovation ihrer IT beiträgt, wie eine Studie der Warwick Business School zeigt.

Outsourcing ist nach wie vor ein wachsender Markt. Kaum ein größeres Unternehmen, das nicht mehr oder minder große Teile der IT an Dienstleister ausgelagert hat. In aller Regel, nach den Erfahrungen einiger Jahrzehnte, laufen die Outsourcing-Partnerschaften weitgehend reibungsfrei. Allerdings nehmen die Erwartungen auf Seiten der Kunden zu: Es geht nicht mehr nur darum, dass die Outsourcing-Provider die IT oder einzelne Systeme betreiben, sondern zunehmend erwarten die Auftraggeber auch, dass der Dienstleister neue technologische Entwicklungen aufnimmt und in die laufenden IT-Systeme integriert.

"Die Outsourcing-Industrie stellt das vor neue Herausforderungen", schreiben die Studienautoren Ilan Oshri, Associate Fellow, und Julia Kotlarsky, Associate Professor an der Warwick Business School . Im Auftrag des Outsourcing-Dienstleisters Cognizant haben sie in der Studie "Innovation in Outsourcing: A Study on Client Expectations and Commitment" die Beziehung zwischen Outsourcing-Providern und -Kunden untersucht.

Gute Partnerschaft reicht nicht

"Während der Wert von Innovation innerhalb von Unternehmen seit Jahrzehnten bekannt und Gegenstand der Forschung ist, ist es im Kontext Outsourcing-Beziehungen ein relativ neues Thema." Die Frage, was Innovation beim Outsourcing eigentlich bedeutet, was eine innovative Outsourcing-Vereinbarungen ausmacht oder voraussetzt und was der Auftragnehmer zu unternehmen bereit ist, um den Erfolg von Innovation sicherzustellen, sei noch weitgehend ungeklärt. "Die Definition einer innovativen Outsourcing-Beziehung steht noch aus", schreiben die Hochschullehrer.

Die meisten Kunden wünschen sich, dass durch Outsourcing interne Ressourcen für höherwertige Tätigkeiten freigesetzt werden.
Foto: Warwick Business School/Cognizant

Sicher ist, so die Studienautoren, dass der simple und oft beschworene Ansatz, dass allein eine enge und vertrauensvolle Beziehung zwischen Auftraggeber und -nehmer schon Garant für eine erfolgreiche Innovationspartnerschaft sei, wichtige Aspekte außer Acht lasse. Unbedingt müsse die Art der Innovation – inkrementell oder radikal – ins Kalkül gezogen werden, ebenso wie das eingesetzte Sourcing-Modell. Beides habe entscheidenden Einfluss auf die Innovationsfähigkeit und werde in aktuellen Studien kaum berücksichtigt.

Ebenso sicher ist nach Einschätzung der Studienautoren aber auch, dass die Unternehmen nicht genug unternähmen, um überhaupt den Erfolg einer auf Innovation ausgelegten Outsourcing-Partnerschaft zu überprüfen. Eine ebenfalls von der Warwick Business School durchgeführte Untersuchung aus diesem Jahr habe gezeigt, dass mehr als zwei Drittel der Befragten nicht in der Lage waren, den in Kooperationen mit Partnern erreichten ROI zu messen. Dieses Ergebnis erstaunt besonders vor dem Hintergrund, dass für Unternehmen die Innovationsfähigkeit des Outsourcers zu den wichtigsten Kriterien bei der Auswahl des Anbieters gehört – und dass Innovationen sich nach Ansicht der Befragten direkt auf den finanziellen Erfolg ihres Unternehmens auswirken.

Innovation mit Joint Ventures

Die Kunden erwarten, dass ihr Outsoucing-Engangement zu verbesserten Prozessen führt.
Foto: Warwick Business School/Cognizant

Die Mehrzahl der Studienteilnehmer erwartet vom Outsourcing-Provider, dass dieser Ideen entwickelt und diese in verbesserte Prozesse umsetzt (56 Prozent), die eingesetzten IT-Produkte anpasst oder optimiert oder dabei Hilfestellung leistet. "Offenbar erwarten die Kunden von ihrem Anbieter, dass er sie in innovativer Weise beim Erreichen ihrer operationalen und strategischen Ziele unterstützt", schreiben die Hochschullehrer.

Dabei herrscht auch auf Seiten der Auftraggeber eine gewisse Unklarheit darüber, in welcher Weise sich Innovation in einer Outsourcing-Partnerschaft realisieren sollte. So waren beispielsweise zwei Drittel der Befragten der Ansicht, dass der Outsourcing-Dienstleister vor allem dazu dienen sollte, die eigene IT-Abteilung zu entlasten um so Kapazitäten für höherwertige Aufgaben – wie etwa IT-Innovationen - freizumachen. Darin schwingt die Einschätzung mit, dass Innovation als Kernkompetenz gesehen wird und deshalb im eigenen Hause verbleiben sollte.

Von Innovationen steht in Verträgen wenig

Vom Standpunkt der Vertragsgestaltung hatten nur etwa die Hälfte der Unternehmen Vertragsklauseln festgelegt, die bei gelungenen Innovationen eine Kompensation für den Outsourcing-Anbieter vorsah. 78 Prozent der Kunden hatten Festpreise vereinbart, nur 42 Prozent hatten Verträge nach Aufwand ("time and material") abgeschlossen und 21 Prozent waren Joint-Ventures mit einer Klausel für die Aufteilung des Innovationsertrages ("profit sharing clause").

Folgende Kernthesen haben die Autoren aus der Studie abgeleitet:

Die Mehrheit der Unternehmen prüft nicht, ob und in welchem Maße das Outsourcing zu Innovationen beiträgt.
Foto: Warwick Business School/Cognizant

Basierend auf den Ergebnissen der Studie hat die Warwick Business Scholl ein sechsstufiges Modell ("Innovation Ladder Framework") entwickelt, dass IT-Entscheidern einen stufenweisen Einstieg in ein Innovations-Outsourcing ermöglichen soll. Nach den Worten der Studienautoren ist das Modell insofern einzigartig, als es mit den üblicherweise verwendeten Outsourcing-Lifecycle-Modellen übereinstimmt.

6-Stufenmodell zur Erfolgskontrolle

Wichtigste Aspekte des Stufenmodells sind die Definition von geeigneten Kriterien, mit denen sich der Erfolg von Innovationen beurteilen sowie die Installation von geeigneten Messverfahren, die Überprüfung des Dienstleisters auf seine Innovationskraft sowie Vertragsklauseln, die für den Provider Anreize enthalten, Innovationen zu realisieren. Die gesamte Studie mit dem 6-Stufenmodell steht (in englischer Sprache) gegen Registrierung unter diesem Link http://valueofinnovation.com zum Download zur Verfügung.

Für die Studie wurden 250 CIOs und CFOs europäischer Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 500 Millionen Euro befragt. Dabei lag bei der Hälfte der Umfrageteilnehmer der Umsatz über einer Milliarde Euro. Dabei waren alle Branchen vertreten, 50 Prozent der Befragten hatten ihren Hauptsitz in England, die andere Hälfte aus Belgien, Deutschland, Dänemark, Frankreich, Holland, Luxemburg, Schweden und der Schweiz.